Eberau: Volksbefragung bringt klares Nein zum Asylzentrum

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90 Prozent der Bevölkerung wollen kein Erstaufnahmezentrum für Asylwerber in ihrer Gemeinde. Innenministerin Maria Fekter akzeptiert das Ergebnis, das Projekt wird definitiv nicht realisiert.

Bürgermeister Walter Strobl machte kein Hehl daraus, dass ihm ein Stein vom Herzen gefallen war. Die Mitglieder der Bürgerinitiative kosteten den Erfolg nach Kräften aus. Denn das Ergebnis der Volksbefragung in Eberau hätte deutlicher nicht ausfallen können: 90,1 Prozent der Bevölkerung sprachen sich am Sonntag gegen eine Erstaufnahmestelle für 300 Asylwerber im Ortsteil Kulm aus.

Politisch ist der Fall damit entschieden: Österreichs dritte Asyl-Erstaufnahmestelle neben Traiskirchen und Thalham wird nicht in der südburgenländischen Gemeinde entstehen. Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) erklärte in einer ersten Reaktion, dass „niemals Bagger gegen den Willen der Bevölkerung auffahren werden. Wenn die Eberauer das Projekt ablehnen, wird es auch nicht errichtet werden."

Dem war ein Machtwort von ÖVP-Chef Josef Pröll vorausgegangen, der seinem Landesparteichef Franz Steindl im Hinblick auf die burgenländische Landtagswahl im Mai nicht noch mehr Steine in den Weg legen wollte. Denn Steindl vernahm die Botschaft der Innenministerin kurz vor Weihnachten zu seiner eigenen Brüskierung aus den Medien. Die um ihre absolute Mehrheit bangende Landes-SPÖ rieb sich klammheimlich die Hände.

Wie sehr sich das Gros der Eberauer gegen eine Erstaufnahmestelle für rund 300 Asylwerber im 180-Seelen-Ortsteil Kulm sträubt, wurde am Tag der Volksbefragung aufs Neue evident. Noch einmal kamen die Emotionen der vergangenen Wochen und Monate hoch, noch einmal richtete sich der geballte Zorn gegen den Ortschef. Denn die Menschen hier stoßen sich nicht nur an der „Unverhältnismäßigkeit" zwischen Einwohner- und Asylwerberzahl, wie sie sagen. Es geht auch um die Art und Weise, wie Strobl versucht hat, das Projekt zu verwirklichen. Im stillen Kämmerlein nämlich. Ohne Bevölkerung. Und ohne Gemeinderatsbeschluss. Bloß der Amtmann war eingeweiht. Helmut Temmel, immerhin ÖVP-Vizebürgermeister, formuliert es so: „Die Vorgangsweise war unter jeder Kritik. In einer modernen Demokratie ist so etwas eigentlich nicht vorstellbar."

Bürgermeister bedroht

Dass der Bürgermeister einen Meinungsschwenk vollzog, als die Situation zwischen Weihnachten und Neujahr zu eskalieren drohte, vermochte seine Beliebtheitswerte auch nicht mehr aus dem Bodenlosen zu holen. Wer an diesem Abstimmungssonntag mit der Bevölkerung sprach, bekam Geschichten zu hören, die erschreckend anmuten: Von Drohungen gegen Strobl, seinen Amtmann und deren Familien war da die Rede. Oder von zweifelhaften Zeichnungen, die dem Bürgermeister zugesandt wurden: Eine Zeichnung mit einem Strichmännchen an einem Galgen sollte ihn dazu ermutigen, Gleiches zu tun.

Bei solcherart Entgleisungen brauche man sich vor den Asylanten nicht mehr zu fürchten, da reichten auch schon einige hundert Einwohner aus, meinte eine Dame zur „Presse", die ihren Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will: „Ich meine, wir sind doch immer noch Menschen." Denn nicht alle Eberauer teilen die dörfliche Welt in Schwarz und Weiß. Es gibt viele Gegner und wenige Befürworter, und es gibt solche, die sich nirgendwo zuordnen lassen, weil sie eine differenzierte Sicht der Dinge haben. Vor dem Wahllokal wurden auch Stimmen laut wie: „Wenn das Projekt ordentlich präsentiert worden wäre, dann wäre vielleicht alles anders gekommen."

Ein sichtlich gezeichneter Strobl übte im Gespräch mit der „Presse" Selbstkritik: „Es war ein Fehler, die Bevölkerung nicht einzubinden. Aber im Nachhinein ist man halt immer gescheiter." Wie es mit ihm als Bürgermeister weitergehe, hätten die Gremien in den nächsten Wochen zu entscheiden: „Ich habe noch einige Dinge vor in der Gemeinde. Aber ob ich 2012 noch einmal als Bürgermeister kandidiere, kann ich heute noch nicht sagen."

Ganz ist die Sache auch noch nicht ausgestanden. In einem Monat werden die Eberauer wieder in die Wahlkabinen schreiten, und nicht nur sie. Denn am 21. März, mitten im Landtagswahlkampf, lässt Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) gleich das gesamte Südburgenland befragen, ob es ein Asylzentrum in ihrer jeweiligen Gemeinde befürwortet. Dies will er auch jetzt nicht absagen. „Wer weiß, ob die Innenministerin nicht in ein paar Monaten wieder einen Bürgermeister findet, der mit ihr so ein Asylzentrum machen will", so Niessl in der ORF-Sendung „Im Zentrum". Rund 86.000 Menschen sind stimmberechtigt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.02.2010)

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