Experte Karner zum Heer: „Heilige Kühe schlachten“

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Desolate Kasernen, nicht einsatzfähige Panzer und Eurofighter - die Kritik an Minister Darabos reißt nicht ab. Auch der ehemalige Chefstratege des Bundesheeres Gerald Karner meldet sich nun zu Wort.

Wien. Desolate Kasernen, nicht einsatzfähige Panzer und Eurofighter: Das Bundesheer ist in den vergangenen Wochen mit heftiger Kritik konfrontiert worden. Verteidigungsminister Norbert Darabos traf am Freitagabend bei einem Festakt des Milizverbandes erstmals auf seine Kritiker. Der Minister wies dabei die Vorwürfe zurück: Die Miliz sei ebenso einsatzbereit wie die Panzer und Eurofighter. Und für den Zustand der Kasernen fühlt er sich nicht verantwortlich: Er sei schließlich erst seit drei Jahren Minister, so Darabos im Vorfeld.

Das wiederum findet Gerald Karner, ehemals Chefstratege des Bundesheers und nun Unternehmensberater, eine „schwache Ausrede“. „Wie lange soll ein Minister noch im Amt sein, bis er für etwas verantwortlich ist?“, so Karner im Gespräch mit der „Presse“.

Der Heeresexperte kritisiert den Minister vor allem in einem Punkt: Er habe nicht auf die unzureichenden Mittel im Verteidigungsbudget reagiert. Die Bundesheerreformkommission hat die Eckpunkte festgelegt, die für die Umsetzung der Heeresreform notwendig sind: ein Budget in der Höhe von einem Prozent des BIP sowie eine Anschubfinanzierung von einer Milliarde Euro. Von beidem ist das Heer heute weit entfernt: Das Budget liegt bei rund 0,7 Prozent des BIP, und die Kasernenverkäufe werden statt einer Milliarde nur rund 300 Millionen Euro in die Kassen spülen.

Höhere Mittel nicht möglich

Dass es bei der derzeitigen Budget- und Wirtschaftslage möglich sei, größere Mittel für das Heer zu bekommen, glaubt auch Karner nicht. Umso notwendiger sei es aber, die Heeresreform an die bestehende Situation anzupassen. Und genau dabei sei Darabos säumig.

Was „Anpassen“ genau bedeutet? Laut Karner geht es darum, noch radikaler in jene Richtung zu gehen, die die Reformkommission vorgegeben hat. Zentrale Aufgaben des Heeres sind demnach Einsätze im Ausland und Katastrophenhilfe im Inland. „Alles, was dem nicht dient, gehört verkleinert oder eliminiert“, fordert Karner. „Wir müssen heilige Kühe schlachten.“ Dies betreffe vor allem die territorialen Strukturen. Ein Landesmilitärkommandant als Ansprechpartner des Landeshauptmannes sei sinnvoll, nicht aber der ganze Apparat, den er zur Verfügung habe. Auch gebe es immer noch zu viel Personal in den Ämtern und im Ministerium, die Umschichtung zur Truppe habe noch nicht wirklich funktioniert.

Schuld daran sei auch, dass der Personalumbau noch nicht wirklich angegangen worden sei. Es gebe beispielsweise immer noch zu viele 55-jährige Unteroffiziere, die als Kampfsoldaten nicht mehr einsetzbar sind. Der Plan bei der Heeresreform war, dieser Personengruppe, die in der neuen Struktur keine adäquate Verwendung mehr hat, mittels „Golden Handshake“ einen Ausstieg anzubieten.

„In einem Zeitraum von sechs Jahren hätten wir die Personalstruktur verändern können“, sagt Karner, der auch selbst bei der Umsetzung der Heeresreform mitgearbeitet hat. Aber weder Darabos noch sein Vorgänger, der nunmehrige Tiroler Landeshauptmann Günther Platter, hätten etwas in diese Richtung unternommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2010)

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