Brinek: „Zu viele Beamte langweilen sich“

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Die von der ÖVP nominierte Volksanwältin Gertrude Brinek kämpft gegen „Bore-out“ und für ein flexibles Dienstrecht. Derzeit hätten Beamte kaum Umstiegsmöglichkeiten, kritisiert Brinek.

WIEN. Volksanwälte kümmern sich gemeinhin um Bürger, die ihre Probleme mit der Verwaltung nicht ohne Hilfe in den Griff bekommen. Die Themen sind vielfältig, auch für Gertrude Brinek. Trotzdem lässt sich die von der ÖVP nominierte Volksanwältin nicht davon abhalten, die Verwaltungskontrolle weiter und über den konkreten Einzelfall hinaus zu sehen. Dabei musste sie mancher Unsinnigkeit nicht lange nachspüren. Was Brinek am meisten aufregt, ist das Grassieren des sogenannten Bore-out-Syndroms. „Es gibt tatsächlich zu viele Beamte, die sich langweilen. Das kann's doch nicht sein“, wundert sich Brinek. Bore-out ist eine Art Kontrapunkt zum Burn-out – deswegen aber nicht weniger unangenehm für die Betroffenen. Unterforderung kann nämlich ebenso zu Depressionen führen wie Überforderung.

Dennoch, fragt sich die Volksanwältin: „Was denkt sich einer, der gerade seinen Job verloren hat, wenn er liest, dass es einen Morbus Fadheit gibt? Der glaubt, er ist auf einem anderen Planeten.“ Deshalb drängt Brinek auf ein flexibleres Dienstrecht für Beamte.

Zu viele weiße Elefanten

Es müsse nicht nur Platz für Aufsteiger, sondern auch für Umsteiger geben. „Jetzt ist das System nur vertikal, nicht horizontal durchlässig“, so Brinek. Wer in einem Ministerium nicht mehr gebraucht werde, habe meistens keinerlei Chance, sich woanders nützlich zu machen. Vor allem im Verteidigungsressort gebe es Dutzende weiße Elefanten – eine Verschwendung und eine Belastung für die Betroffenen. Zählt man die Tausenden bei Post und Telekom unterbeschäftigten Mitarbeiter dazu, gäbe es noch weit mehr Bore-out-Opfer.

Noch etwas ist Brinek ein Dorn im Auge. Die Möglichkeiten, im Bundesdienst in Karenz zu gehen, seien einfach zu exzessiv. Außerdem seien die Dauer des Karenzurlaubs mit bis zu zehn Jahren viel zu lang und der Versetzungsschutz zu weitreichend. „Noch dazu, wenn man bedenkt, dass die jeweiligen Dienststellen nur für fünf Jahre eine Ersatzkraft einstellen können.“

Brinek will die Sache daher radikal angehen: „Was ein Holler im Dienstrecht ist, gehört weg.“ Das habe sie auch ihren Parteikollegen in der Beamtengewerkschaft gesagt, die dort gemeinhin das Sagen haben. Es müsse doch möglich sein, eine vernünftige, geldschonende Verwaltungsorganisation auf die Beine zu stellen. Augenfällig ist zum Beispiel auch, dass der Bund drei Putzdienste je nach Höhe der zu bewältigenden Verschmutzung – bis zum Schreibtisch, bis zum Fenster, bis zur Decke – beschäftigt. Wenn dann eine Glühbirne zu wechseln ist, dann schreitet eine Volksanwältin am besten selbst zur Tat, weil sie die Hausarbeiter nur per Weisung legal auf die Leiter bringen könne.

Teure Auslagerungen

Und noch etwas ist Brinek ein Anliegen: Die Auslagerungen sind endlich zu evaluieren. Da hat vieles die Verwaltung nicht vereinfacht, sondern vielfach nur zu Doppelgleisigkeiten geführt. Konkret wisse sie das aus dem Universitätsgesetz (UG). Sie ist sich aber sicher, dass es lohnt, auch bei den anderen, etwa 100 in den letzten Jahrzehnten ausgelagerten Verwaltungsbereichen einmal genauer nachzuschauen, was das gebracht hat. Brinek ist überzeugt, dass sich der Personalstand in der Bundesverwaltung dadurch nicht entsprechend reduziert hat.

AUF EINEN BLICK

Gertrude Brinek, seit Sommer 2008 Volksanwältin, fordert eine Totalreform des Beamtendienstrechts. Dass das Phänomen Bore-out zunehme, liege daran, dass die Mitarbeiter kaum Umstiegsmöglichkeiten haben. Man könne sich so viele weiße Elefanten aber nicht leisten. Außerdem seien die exzessiven Karenzzeiten einzudämmen und die Ausglie-derungen auf Effizienz zu prüfen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.03.2010)

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