NS-Verbotsgesetz: Akademikerbund macht reinen Tisch

Ex-Rechnungshofchef Franz Fiedler
Ex-Rechnungshofchef Franz Fiedler (c) APA (GUENTER R. ARTINGER)
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Die Bundesorganisation schließt die Chefs der Wiener Landesorganisation aus, die wollen den Beschluss aber nicht anerkennen.

Wien. Hoch her ging es am Freitag bei einer Delegiertenversammlung des Akademikerbundes, einer Vorfeldorganisation der ÖVP. Im Mittelpunkt stand die Wiener Landesgruppe, deren Positionspapier diese Woche für Aufregung gesorgt hatte. Darin wird die Aufhebung des NS-Verbotsgesetzes ebenso gefordert, wie die Abschaffung des Gleichbehandlungsgesetzes und die Beendigung der Fristenlösung. Außerdem wird ein kompletter Einwanderungsstopp gefordert und Frauen angeraten, auf Berufstätigkeit zu verzichten – ihr Platz sei „am Herd“.

Die ÖVP hatte den Obmann der Wiener Landesgruppe bereits am Mittwoch in einer Blitzaktion aus der Partei ausgeschlossen. Am Freitag wollte nun der Akademikerbund, dessen Bundesorganisation von Ex-Rechnungshofchef Franz Fiedler geführt wird, selbst Konsequenzen ziehen. Die Initiative ging dabei ebenfalls von der ÖVP aus: Bei der schon seit Längerem geplanten Delegiertenversammlung in der Politischen Akademie der ÖVP in Wien war es die steirische Landesgruppe, die am heftigsten eine Reaktion einforderte. Die dortige Obfrau ist eine prominente ÖVP-Politikerin: Wissenschaftsministerin Beatrix Karl.

Karl selbst war bei der Sitzung aus Termingründen zwar nicht anwesend, ihre steirische Landesgruppe forderte aber mehrere Maßnahmen: Neben einer klaren Distanzierung vom Positionspapier die sofortige Einberufung einer Präsidiumssitzung, bei der der Vorstand der Wiener Organisation seines Amtes enthoben wird, sowie den Ausschluss des Wiener Obmannes Josef M. Müller sowie von Vorstandsmitglied Christian Zeitz aus dem Akademikerbund. Zeitz ist ehemaliger Landesparteisekretär der Wiener ÖVP.
Die meisten Landesorganisationen gingen mit den Steirern konform. Nur fünf der rund 30 Delegierten stimmten dagegen.

Wiener Landesgruppe isoliert


Die Wiener Landesgruppe war bei der Sitzung laut Auskunft von Teilnehmern ziemlich isoliert – und auch intern gespalten. So soll es auch Wiener Delegierte gegeben haben, die für eine Distanzierung von dem Positionspapier stimmten. Noch eindeutiger war die Abstimmung im Präsidium: Lediglich Zeitz stimmte gegen seinen eigenen Ausschluss. Obmann Müller war gar nicht anwesend.

„Wir werden das nicht anerkennen“, sagte Zeitz nach der Sitzung zur „Presse“. Da die Wiener Landesgruppe als eigenständiger Verein organisiert ist, habe die Bundesorganisation gar nicht die Berechtigung, den Vorstand seines Amtes zu entheben und Mitglieder auszuschließen. „Beide Beschlüsse sind formal gar nicht möglich“, so Zeitz. Er bezeichnete den Beschluss als „Ausfluss einer irrationalen Hetze“ und „Produkt einer hysterischen Aufgeregtheit“.

Bei der Sitzung seien Personen anwesend gewesen, die sonst nie die Veranstaltung des Akademikerbundes besuchen. „Da hat die ÖVP Regie geführt“, vermutet er.

Verbotsgesetz umstritten

Inhaltlich wollte Zeitz das Positionspapier nicht infrage stellen. Die Forderung nach einer Aufhebung des Verbotsgesetzes sei auch im Verein selbst umstritten gewesen. Er selbst sei, wie einige andere auch, dagegen gewesen, weil er dem Thema nicht diese Relevanz geben wollte. Allerdings sei Obmann Müller ganz sicher nicht verdächtig, der NS-Ideologie nahe zu stehen: Müller sei selbst in der NS-Zeit verfolgt und inhaftiert worden.

("Die Presse" Printausgabe vom 27. März 2010)

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