Justiz: Höchstrichter gehen mit sich selbst ins Gericht

Justiz Hoechstrichter gehen sich
Justiz Hoechstrichter gehen sich(c) Www.BilderBox.com
  • Drucken

Der VwGH bemängelt, dass seine langen Verfahren gegen die Menschenrechte verstoßen könnten.

Wien.Dauert ein Gerichtsverfahren in Österreich zu lange, dann kann man sich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg beschweren. Davon würden immer mehr Österreicher Gebrauch machen, heißt es im nun veröffentlichten Tätigkeitsbericht des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) für das Jahr 2009. Dafür zeigt der VwGH auch Verständnis.

Denn die Zahl der Fälle, die wegen der langen Verfahrensdauer im Konflikt mit den Menschenrechten stehen, „konnte im Berichtsjahr nicht reduziert werden“, konstatierte der VwGH. Eher im Gegenteil: 694 Akten waren 2009 bereits drei Jahre oder länger anhängig – das sind um rund 220 Akten mehr als 2008.

Das Höchstgericht ist also weiterhin überlastet. Und das, obwohl der VwGH im Vorjahr keinen einzigen Neuantrag von Asylwerbern mehr entgegennehmen durfte. Seit Mitte 2008 gilt nämlich: Asylwerber können gegen Urteile des neuen Asylgerichts nur mehr beim Verfassungsgerichtshof berufen. Eines der wichtigsten Argumente dafür war eigentlich die Entlastung des VwGH. Trotzdem betrug die durchschnittliche Erledigungsdauer am VwGH im Vorjahr 19 Monate. Damit stagniert man in etwa auf dem Niveau von 2008 (20 Monate) und 2007 (19 Monate). Es könne „keinesfalls von einer grundlegenden Verbesserung der Situation gesprochen werden“, heißt es in dem Jahresbericht. Den Grund dafür sehen die Richter vor allem in den vielen Altfällen, die erst abgearbeitet werden müssen.

Appell an die Politik

Immerhin ist für die Zukunft Licht am Horizont sichtbar: Die Zahl der neuen Beschwerdefälle ging im Vorjahr um rund 36 Prozent zurück. Überdies macht der VwGH Druck auf die Regierung, die durch die Schaffung erstinstanzlicher Verwaltungsgerichte den VwGH weiter entlasten könnte. Man müsse „die Versäumnisse vieler Jahre sanieren“, so der Appell des VwGH an die Politik.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.06.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.