Studie zeigt Schwächen der Mindestsicherung

Studie zeigt Schwächen der Mindestsicherung
Studie zeigt Schwächen der Mindestsicherung(c) (Clemens Fabry)
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Das ab September wirksame Modell macht die Sozialhilfe keineswegs österreichweit einheitlich, so eine Studie. Dafür gibt es stärkere Anreize, in die Arbeitswelt zurückzukehren.

WIEN. In vier Wochen tritt die Mindestsicherung in Kraft. Doch nach Jahren der Vorbereitung und des politischen Feilschens ist eine österreichweit einheitliche Sozialhilfe keineswegs in Sicht – auch wenn die Neuregelung zum Gutteil mit diesem Ziel argumentiert wurde. „Es ist viel zu viel offen, und die Länder haben noch immer genug Spielraum“, so Florian Wakolbinger zur „Presse“. Er nahm für die Gesellschaft für angewandte Wirtschaftsforschung die Mindestsicherung unter die Lupe.

Bisher fassten erst drei Bundesländer entsprechende Beschlüsse, um die Mindestsicherung ab September zu garantieren (Wien, Salzburg und Niederösterreich). Das Burgenland will im Herbst einen per September rückwirkenden Beschluss fassen. Die anderen Länder folgen vermutlich per 1. Jänner 2011. Haben einmal alle gleichgezogen, heißt das noch lange nicht, dass überall dieselbe Unterstützung gewährt wird.

Kaum ein Unterschied zu bisher

Denn die bundesweit vereinbarten Richtsätze (monatlich 744 Euro für Alleinstehende, 1116 Euro für Paare und 133,90 Euro pro Kind) sind bloß Mindeststandards, die die Länder anpassen können. So denkt Oberösterreich an 13 Auszahlungen pro Jahr. Die steirische SPÖ hätte die Mindestsicherung sogar 14-mal gewährt, wäre die ÖVP nicht dagegen gewesen. Wie im Oktober der Beschluss im Landtag ausfällt, hängt also wohl vom Ergebnis der Regionalwahl ab. Es deute jedenfalls alles darauf hin, dass sich die Zahlungen nach dem neuen Modell nicht wesentlich von den bisher bezahlten Sozialleistungen unterscheiden, so Wakolbinger. Und da sind Differenzen von bis zu 100 Euro im Monat möglich. Also viel Mühe und wenig Erfolg? „Das Ziel der Vereinheitlichung wurde jedenfalls nicht erreicht. Wobei das zum Teil mit den divergierenden Lebenshaltungskosten in den einzelnen Bundesländern zu argumentieren ist.“

Im Konzept der Mindestsicherung findet sich jedoch ein entscheidender Fortschritt: mehr Anreiz für Sozialhilfeempfänger, wieder ins Erwerbsleben einzusteigen. Das passiert einerseits durch die Verlagerung der Auszahlungsstelle zum Arbeitsmarktservice und andererseits, indem nur 85 Prozent des Arbeitseinkommens auf den Transfer angerechnet werden. Bisher wurde zum Beispiel das Einkommen bei geringfügiger Beschäftigung (366,33 Euro) zur Gänze von der Sozialhilfe abgezogen. „Damit wurde belohnt, wer gar nicht und bestraft, wer mehr arbeitete.“ Jetzt hat einer, der dasselbe verdient, monatlich um 55,5 Euro mehr. Wakolbinger drängt nun darauf, dieses Modell auch beim Arbeitslosengeld und der Notstandshilfe zu übernehmen.

AUF EINEN BLICK

Die Mindestsicherung tritt in vier Bundesländern (Wien, Niederösterreich, Salzburg, Burgenland) ab September in Kraft, die anderen wollen ab Jänner folgen. Eine Studie kritisiert nun, dass das Ziel der Vereinheitlichung der Sozialhilfe damit aber keineswegs erreicht wird. Die Spielräume der Bundesländer sind dazu nach wie vor zu groß. Positiv bewertet wird, dass es mit der Mindestsicherung wesentlich mehr Anreize gibt, deren Empfänger wieder in den Arbeitsprozess einzubeziehen, als das mit der Sozialhilfe der Fall war.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.08.2010)

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