Intrigen im Abwehramt: Der Spion, der keiner war

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Wie ein Geheimdienstmann Vorwürfe, für die DDR gearbeitet zu haben, entkräften konnte. Informationen eines Geheimdienstspitzels aus dem Jahr 2000, hatten sich längst als falsch herausgestellt.

Wien. Verteidigungsminister Norbert Darabos lehnte sich vor einem Jahr in einem Interview mit der „Presse“ weit aus dem Fenster: „Den Verdacht, dass jemand (gemeint: ein Mitarbeiter des Heeres-Abwehramtes) für einen ausländischen Geheimdienst gearbeitet hat, sollte man nicht als operettenhaft herunterspielen.“ Er habe im Abwehramt aufräumen lassen und alles der Staatsanwaltschaft übermittelt.

Es war die Zeit, in der im Parlament ein Spitzel-Untersuchungsausschuss eingerichtet wurde und der militärische Inlandsgeheimdienst Abwehramt fast täglich in den Schlagzeilen der Medien auftauchte. Der von Darabos zum „Aufräumen“ ins Abwehramt geschickte Generalmajor Wolfgang Schneider sprach in Interviews von Intrigen und Informationslecks in seinem Amt und griff tatsächlich hart durch: Vier Mitarbeiter wurden von ihren Posten entfernt.

Womit der inzwischen pensionierte Schneider Recht hat: Das Abwehramt entspricht tatsächlich dem Klischee, wonach militärische Geheimdienste leicht zum Intrigantenstadl werden. Nur: Die Rollenverteilung ist nicht so klar.

Was ist passiert? Im Mittelpunkt stehen zwei Personen: Auf der einen Seite Bernd Feldmann, pensionierter langjähriger Mitarbeiter des Heeresabwehramtes, der schon bei der Aufklärung der Lucona-Strafsache eine wesentliche Rolle gespielt hat und der auf beste Verbindungen in alle Richtungen bauen kann: So hatte der ehemalige SPÖ-Personalvertreter auch ausgezeichnete Kontakte zur FPÖ, da speziell zum Abgeordneten Ewald Stadler.

Auf der anderen Seite: Peter Dopler, ehemaliger Abteilungsleiter im Abwehramt, mit dem Vertrauen von Ressortchef Darabos ausgestattet. Dopler richtete im Jahr 2007 eine Warnung an den militärischen Geheimdienst der Bundeswehr, dem MAD: Es gebe Hinweise, dass Feldmann, der immer noch Kontakte mit MAD-Mitarbeitern habe, einst für die DDR spioniert habe.

Der „DDR-Spion“ war keiner

Feldmann bekam Wind von der Sache und klagte Dopler wegen übler Nachrede: Die Angelegenheit beruhe auf Informationen eines Geheimdienstspitzels aus dem Jahr 2000, die sich längst als definitiv falsch herausgestellt hätten. Und das hätte Dopler wissen müssen. Das Verfahren ist vor wenigen Wochen mit einem Vergleich zu Ende gegangen, bei dem sich Feldmann voll durchgesetzt hat: Der derzeitige Leiter des Heeres-Abwehramtes, Brigadier Edwin Potocnik, bestätigt darin, dass Feldmann niemals für die DDR oder den KGB spioniert habe. Diese Erklärung schickt das Abwehramt an eine ganze Reihe befreundeter Geheimdienste, darunter auch an den MAD.

Auch in Bezug auf die vier einstigen Mitarbeiter Feldmanns, die der Datenweitergabe beschuldigt werden, ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Zwei von ihnen haben ihre Versetzung bei der im Bundeskanzleramt angesiedelten Personalvertretungsaufsichtskommission bekämpft – und Recht bekommen: Diese sei „gesetzwidrig“ und ungerechtfertigt gewesen. Einer der Beamten hat inzwischen auch die Republik geklagt und 11.000 Euro Schadenersatz zugesprochen erhalten. Noch keine Entscheidung gibt es im Strafverfahren gegen Feldmann und seine Ex-Mitarbeiter. Was aber auch daran liegen könnte, dass der zuständige Staatsanwalt inzwischen in den Richterstand gewechselt ist.

Die beteiligten Personen gaben sich auf „Presse“-Anfrage alle zugeknöpft. Ein Sprecher des Verteidigungsministers erklärte, man könne nichts sagen, da es noch ein laufendes Verfahren gäbe. Feldmann und Dopler wollten ebenfalls nicht Stellung nehmen, weil sie in ihrem Prozess eine Erklärung unterschrieben haben, wonach keine Informationen aus dem Prozess an die Öffentlichkeit dringen dürfen. Dopler verwies lediglich darauf, dass ein gegen ihn selbst angestrengtes Strafverfahren inzwischen eingestellt wurde.

Im Abwehramt ist heute übrigens keiner der beteiligten Personen mehr: Feldmann und Schneider sind in Pension, und Dopler ist aus dem Bundesheer ausgeschieden und ins Kabinett des burgenländischen Landeshauptmannes Hans Niessl gewechselt, wo er für Sicherheitsfragen zuständig ist.

AUF EINEN BLICK

Chronologie einer Affäre.
Mai 2000: Ein Spitzel des Heeres-Abwehramtes Namens Michael M. berichtet, dass Feldmann, aber auch hochrangige Politiker von SPÖ und ÖVP für die DDR und den KGB spioniert hätten. Eine Untersuchung zeigt, dass die Informationen falsch bzw. frei erfunden waren.

2007: Abwehramtsmitarbeiter Peter Dopler greift den längst abgeschlossenen Fall auf und informiert den MAD von dem Verdacht gegen Feldmann.

2009: Die Staatsanwaltschaft beschäftigt sich nach einer anonymen Anzeige mit dem Fall, das Ministerbüro leitet die Unterlagen weiter – und informiert über den Verdacht, Feldmanns Ex-Mitarbeiter hätten Informationen gezielt aus dem Abwehramt hinausgespielt.

2010: Der Leiter des Heeres-Abwehramtes bestätigt offiziell: Feldmann hat nie für DDR oder KGB spioniert. Einer seiner Ex-Mitarbeiter erhält wegen ungerechtfertigter Versetzung Schadenersatz zugesprochen. Das Strafverfahren ist immer noch nicht abgeschlossen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.09.2010)

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