Regierungsumbildung: Schultz soll Marek nachfolgen

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Pröll braucht Marek in Wien, wenn er 2013 Kanzler werden will. Deshalb muss die ÖVP das Familienstaatssekretariat neu besetzen. Favoritin ist die Tirolerin Schultz - ein Schwergewicht im heimischen Tourismus.

Wien. Der ÖVP-Chef stapelte nach der Ministerratssitzung am Dienstag bewusst tief: Es sei Christine Mareks Entscheidung, ob sie als Familienstaatssekretärin in der Bundesregierung bleiben oder als Klubobfrau in den Wiener Landtag wechseln wolle. Vor einem allfälligen Verhandlungsabschluss zwischen SPÖ und Grünen in Wien gebe es allerdings keinen Grund, über Mareks bundespolitischen Abschied zu spekulieren, sagte Josef Pröll.

Dabei dürfte die Entscheidung längst gefallen sein. Zum einen, weil an Rot-Grün in Wien nicht einmal mehr die sonnigsten Gemüter in der Volkspartei zweifeln. Zum anderen, weil Pröll ernsthaft in Sorge zu sein scheint – und zwar um sich selbst: Das Allzeittief der ÖVP bei der Landtagswahl am 10. Oktober war ihm Warnung genug. Ein ähnlich schlechtes Wien-Ergebnis bei der Nationalratswahl 2013 – und Prölls Kanzlerambitionen würden ein frommer Wunsch bleiben.

Deshalb steht der Landespartei jetzt ein Umbruch bevor, strukturell wie inhaltlich. Und dazu braucht es eine Parteichefin, die diesen Prozess federführend begleitet, anstatt ihn aus dem Staatssekretärinnenbüro zu moderieren. Mit anderen Worten: Marek muss für Pröll als Klubchefin nach Wien.

Tirol ist am Zug

Dem Kabinett Faymann/Pröll steht damit die zweite Umbildung ins Haus: Im Jänner löste Beatrix Karl EU-Kommissar Johannes Hahn im Wissenschaftsministerium ab. Jetzt dürfte wieder eine Frau zum Zug kommen: Martha Schultz, 46, Unternehmerin aus dem Zillertal, soll Mareks Erbe antreten.

Diese Personalentscheidung wäre jedenfalls ein logischer Schluss aus dem berüchtigten, nicht unkomplexen Postenbesetzungssystem in der Volkspartei: Seit Günther Platters Wechsel aus dem Innenministerium ins Tiroler Landeshauptmannamt (im Sommer 2008) ist der Westen im schwarzen Bundesregierungsteam unterrepräsentiert. Die Rechnung geht so: Die ÖVP Vorarlberg stellt mit Karlheinz Kopf immerhin den Klubobmann im Nationalrat. Infrage käme zwar auch die Salzburger Landespartei – sie ist im Land allerdings weniger erfolgreich und im Bund deshalb weniger einflussreich als ihre Schwesternpartei in Tirol.

Das Vorschlagsrecht obliegt damit also Günther Platter. In „informellen Gesprächen“ soll er Pröll drei Frauen vorgeschlagen haben: Bildungslandesrätin Beate Palfrader, Wirtschaftslandesrätin Patrizia Zoller-Frischauf und eben Schultz. Die ersten beiden will der Landeshauptmann in Wahrheit jedoch nicht ziehen lassen, sonst müsste auch er seine Regierung umbilden. Bleibt also Schultz. „Die Personalentscheidung ist mehr oder weniger gefallen“, war am Dienstag aus der ÖVP zu hören. „Es wird nur noch der rot-grüne Pakt in Wien abgewartet.“

Christoph Leitls Stellvertreterin

Doch wer genau ist diese Martha Schultz? Bundespolitisch ist die 46-jährige Wirtschaftsbündlerin erst seit April ein Begriff, als sie zur Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Österreich und damit zu Christoph Leitls Stellvertreterin gewählt wurde. Davor übte sie die gleiche Funktion in Tirol aus.

Privat entstammt die alleinerziehende Mutter einer Unternehmerfamilie: Die Schultz-Gruppe, besser bekannt als „Skifidelity Mountains Unternehmensgruppe“, ist eine große Nummer im heimischen Tourismus. Sie besitzt Hotels im Zillertal, in Osttirol und Kärnten mit insgesamt rund 1000 Betten; Restaurants, Wandergebiete, ein Versicherungs- und ein Reisebüro. Die Gruppe ist Österreichs größter privater Seilbahnbetreiber, beschäftigt im Winter bis zu 700 Mitarbeiter und setzt jährlich rund 80 Millionen Euro um. Mehrheitseigentümer ist Martha Schultz' Bruder, Heinz; sie selbst besitzt auch Anteile und leitet die Unternehmensbereiche Marketing und Werbung, Controlling, Verkauf und Produktgestaltung.

Zum Schultz-Imperium gehört im Übrigen auch das Sporthotel im Osttiroler Sillian. Das Haus kennt Josef Pröll bereits ganz gut – und nicht nur er: Im Februar 2009 absolvierte die Bundesregierung dort ihre zweitägige Winterklausur.

Auf einen Blick

Der Bundesregierung steht demnächst ihre zweite Umbildung ins Haus (nachdem Beatrix Karl im Jänner Wissenschaftsminister Johannes Hahn ablöste): Die Tirolerin Martha Schultz, Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Österreich und Unternehmerin aus dem Zillertal, soll Familienstaatssekretärin werden, weil Christine Marek als Klubchefin in den Wiener Landtag wechseln soll/muss. Denn ÖVP-Bundesparteichef Josef Pröll will in Wien einen Umbruch einleiten – und dazu braucht er eine Vollzeit-Statthalterin.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.11.2010)

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