Spitäler: Stöger will Macht der Länder begrenzen

Spitäler: Stöger will Macht der Länder begrenzen
Spitäler: Stöger will Macht der Länder begrenzen Symbolbild: (c) Bilderbox
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Minister Stöger will ein bundeseinheitliches Krankenanstaltengesetz, um die Kostenexplosion im Spitalsbereich einzudämmen. Die Ländern sollen nur noch für die Vollziehung zuständig sein.

Während es bei den Lehrern ganz in Richtung Verländerung läuft, bemüht sich SP-Gesundheitsminister Alois Stöger, wenigstens bei den Spitälern den Einfluss des Bundes zu stärken. Mittels eines bundesweit geltenden Krankenanstaltengesetzes und durch Mittelzuweisungen des Bundes nur nach Einhaltung gewisser Kriterien will der Ressortchef die Kosten des Gesundheitssystems in Balance halten und errreichen, dass Angebote an die Patienten bedarfsgerecht erbracht werden. Die Länder hätten künftig deutlich weniger mitzureden. Die Ärztekammer und Oppositionsparteien unterstützen Stögers Pläne - die VP-Länder sind strikt dagegen.

Bei einem Hintergrundgespräch Dienstagabend verwies Stöger darauf, dass die Kostensteigerungen bei den Spitälern 2008 rund 8,2 Prozent und im Vorjahr plus sechs Prozent betragen hätten und damit deutlich über dem Wirtschaftswachstum gelegen seien. Diese beiden Werte müssten künftig wieder in Balance gebracht werden, und das ohne Leistungseinschränkungen und ohne Standort-Schließungen.

Entmachtung der Länder

Erreichen will dies der Minister, ohne dies so auszusprechen, über eine Entmachtung der Länder. Die erhalten derzeit die Mittel von Bund und Sozialversicherung zugewiesen, ohne diesen entsprechende Mitsprache einräumen zu müssen. Dabei geht es um enorme Summen. Die Kosten für Spitäler inklusive Reha, Pflege und Kur lagen 2009 bei beachtlichen 15,4 Milliarden Euro.

Kostenaufteilung Spitalsfinanzierung
Kostenaufteilung Spitalsfinanzierung (c) APA (Gesundheisministerium)

Und ein großer Teil dieser Mittel kommt nicht von den Ländern. Stöger rechnete vor, dass die Sozialversicherung mit rund fünfzig Prozent und dann noch der Bund mit etwa fünfzehn Prozent die Hauptlast bei der Finanzierung der Krankenanstalten zu tragen hätten.

Stöger will Geld patientenorientiert einsetzen

Geht es nach dem Gesundheitsminister, sollen die Gelder künftig vernünftiger und patientenorientierter eingesetzt werden. Konkret sollten die Mittel des Bundes und ein guter Teil der Sozialversicherungszahlungen in einem Steuerungsfonds im Rahmen der Bundesgesundheitsagentur gebündelt werden. Die hier gelagerten Gelder würden dann nach noch festzulegenden Finanzzielen und Kennzahlen überwiesen.

Das bedeutet, es wäre wohl nicht mehr möglich, dass innerhalb von wenigen Kilometern zwei Kleinspitäler jeweils eine Geburtenstation betreiben, die nicht voll ausgelastet wird. Mittel würden nur dann fließen, wenn sich etwa das eine Krankenhaus auf die Gynäkologie spezialisiert und das zweite auf ein anderes in der Region nachgefragtes Fachgebiet.

Gesetz soll Wirrwarr beseitigen

Mit dem bundesweit geltenden Krankenanstaltengesetz wiederum will Stöger das derzeitige Gesetzeswirrwarr beseitigen. Denn aktuell gibt es nicht weniger als zehn Gesetze für die Spitäler, eines in jedem Land und dazu noch eines des Bundes. Würde nur noch ein Gesetz gelten, ergäben sich bundeseinheitliche Standards etwa bei den Kosten für Ärzte oder für stationäre Behandlungen. Derzeit gibt es hier zwischen einzelnen Ländern Unterschiede von bis zu zwanzig Prozent.

Den Ländern bliebe dann nur noch die Vollziehung. Sie könnten etwa entscheiden, an welchem Ort ein nachgefragtes Reha-Zentrum hingebaut wird, aber nicht, dass ohne entsprechenden Bedarf gleich zwei entsprechende Einrichtungen in zwanzig Kilometern Entfernung hingestellt werden - es sei denn, das Land wollte das aus seinen eigenen Beiträgen finanzieren.

Mehr Transparenz

Immer wieder tauchte in der Vergangenheit auch das Problem auf, dass Versuche der Politik, einzelne Abteilungen in Spitälern wegen fehlender Auslastung zu schließen, nach Protesten aufgegeben wurden - der prominenteste Fall in jüngster Zeit war die Chirurgie in Bad Aussee. Als Gegenmittel setzt hier Stöger auf Transparenz. So sollen die Spitäler bekanntgeben müssen, wie oft sie zum Beispiel eine bestimmte Operation durchführen. Zu erwarten ist, dass die Begeisterung eines Patienten für eine Knie-Operation in der Heimatgemeinde schnell schrumpft, wenn er sieht, dass an der entsprechenden Abteilung vielleicht nur alle zwei Monate ein solcher chirurgischer Eingriff vorgenommen wird.

Standort-Schließungen plant Stöger übrigens keine. Von Umwidmungen innerhalb der Krankenanstalten geht der Gesundheitsminister aber aus. Und bei Neubauten will er sicherstellen, dass die Einrichtungen sinnvoll auf die Bedürfnisse der Region abgestimmt sind, auch unter Einbeziehung des niedergelassenen Bereichs. Unter Qualitätsverbesserung versteht der Minister etwa, dass Pflegeheime an Spitäler angebaut werden, damit für die Bewohner eine medizinische Betreuung im Bedarfsfall rasch gewährleistet ist.

Enger Zeitrahmen für Umsetzung der Reform

Der Zeitrahmen für die Umsetzung der Reform ist eng mit dem nächsten Finanzausgleich verbunden, der ab 2014 wirksam sein soll. Zwischen Ende 2012 und Mitte 2013 erhofft sich Stöger ein Ergebnis mit den Ländern, mit denen man bisher zumindest noch nicht in detaillierte Gespräche eingetreten ist. Ein konkretes Einsparungsvolumen nannte der Minister übrigens nicht, er glaubt aber, dass durch Verwaltungsvereinfachungen doch einiges zusammenkommen würde.

VP-Länder proben den Aufstand

Aus ÖVP-geführten Ländern musste sich Stöger sogar Beschimpfungen anhören für seinen Plan, die Krankenanstaltengesetze der Länder zu vereinheitlichen und die Mittelzuteilungen an die Erfüllung bestimmter Kriterien zu binden. Gesprächsbereit zeigten sich hingegen SPÖ-geführte Länder.

"Ich bin entsetzt", sagte Niederösterreichs Stellvertretender Landeshauptmann Wolfgang Sobotka (ÖVP). Der "nicht akkordierte" Vorschlag, die Kompetenzen für die Spitäler an den Bund zu übertragen, sei eine "Frechheit", der man sicher nicht zustimmen werde und ein reines Ablenkungsmanöver von den Diskussionen um Familien, Budget und Schulen, so Sobotka. "Erschüttert" sei er auch angesichts der "Inkompetenz" des Bundes, weil dieser mit "falschen Zahlen" an die Öffentlichkeit gehe: So würden Bund und Sozialversicherung bei weitem nicht 65 Prozent der Kosten für die Spitäler erbringen, sondern in Niederösterreich gerade einmal 39 Prozent. Gegen ein einheitliches Krankenanstalten-Gesetz in ganz Österreich hätte der Landes-Vize hingegen nichts einzuwenden - solange es nur Grundsätze vorschreibe und nicht ins operative Geschäft eingreife.

Ähnlich deutlich auch der oberösterreichische VP-Landeshauptmann Josef Pühringer: "Das ist eine Provokation, die mit uns nicht besprochen wurde", sagte der auch für die Gesundheitsagenden zuständige Landeshauptmann. Das fiele schon unter "Länder ärgern" und er könne den Vorschlägen nichts Ernsthaftes abgewinnen.

Ärztekammer und Opposition unterstützen Stöger

Ärztekammer und auch die Opposition unterstützen Minister Stöger in seltener Einheit für seine Pläne. Die FPÖ sprach von einem "guten Ansatz", das BZÖ freute sich über die Absicht, die Spitäler unter Bundeshoheit zu führen und auch die Grünen begrüßten den Beitrag Stögers. Bei der Ärztekammer stößt zumindest die von Stöger beabsichtigte Vereinheitlichung der Krankenanstaltengesetze auf Zustimmung.

Eine Bindung der finanziellen Dotierungen der Krankenhäuser durch den Bund an noch nicht näher definierte Ziele sieht Ärztekammer-Vizepräsident Harald Mayer hingegen "sehr skeptisch". Der Bundesobmann der angestellten Ärzte warnte, dass dadurch "die virulente Gefahr einer versteckten Leistungskontingentierung" bestünde. Von einer Zusammenführung der zehn unterschiedlichen Krankenanstaltengesetze erhofft er sich hingegen die flächendeckende Sicherstellung der Versorgungsqualität und auch der Versorgungsdichte.

Unterstützung für Stöger signalisierte auch der Grüne Gesundheitssprecher Kurt Grünewald, für den eine mutige Spitalsinitiative dringend nötig wäre. "Die Defizite der Krankenanstalten sollten die Länder doch dazu bewegen, hier nicht gleich wieder reflexartig Nein zu sagen. Der Knackpunkt Verwaltungsreform muss endlich an konkreten Beispielen angegangen werden und gerade im Bereich Spitäler ließe sich der Mitteleinsatz im Interesse aller optimieren", meinte Grünewald. Eine zentrale Planung, Finanzierung und Kontrolle aller Spitäler stehe nicht im Widerspruch zu den notwendigen Handlungsspielräumen und dem Bedarf der Länder.

(APA)

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