47 Prozent halten Tezcans Kritik für zumindest teilweise berechtigt, sagt eine OGM-Umfrage. Besonders Ältere wollen Kadri Ecvet Tezcan gehen sehen. Ein Integrations-Staatssekretariat lehnen die Befragten ab.
Nach dessen scharfer Kritik an seinem Gastland wünschen sich 54 Prozent der Österreicher eine Abberufung des türkischen Botschafters Kadri Ecvet Tezcan. 32 Prozent meinen, dass Tezcan bleiben soll, ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts OGM im Auftrag der Tageszeitung "Kurier". Dabei zeigen sich aber deutliche Generationsunterschiede: Während die Unter-30-Jährigen mehrheitlich für einen Verbleib Tezcans in Österreich sind (43 zu 32 Prozent), will eine breite Mehrheit der Über-50-Jährigen eine Abberufung (61 zu 33 Prozent).
47 Prozent halten die Kritik Tezcans an der österreichischischen Integrationspolitik zumindest für teilweise berechtigt (zwölf Prozent berechtigt, 35 Prozent teilweise berechtigt), 48 Prozent weisen sie als unberechtigt zurück. Auf die Frage, wer mehr zur Integration beitragen soll, nennen 51 Prozent die Türken und lediglich sieben Prozent die Österreicher. Allerdings sehen 39 Prozent der Befragten beide Bevölkerungsgruppen in der Pflicht. "Die Bürger sind in der Türken-Debatte nicht so negativ eingestellt wie die Regierungspolitiker", kommentiert OGM-Expertin Karin Cvrtila das Umfrageergebnis.
Glaube egal, Lärm nicht
Als größte Schwierigkeiten im Umgang zwischen Türken und Österreichern werden "unterschiedliche Lebensgewohnheiten" (81 Prozent) gesehen, vor der Sprache (78 Prozent), dem Kopftuch und dem Frauenbild (65 Prozent) und der Religion (49 Prozent). Cvrtila: "Wenn der Nachbar laut ist, bekomme ich das mit. Ob er in die Moschee geht, nicht. Oder es ist mir egal." Das Kopftuch besonders kritisch sehen übrigens Jüngere (74 Prozent nennen es als größtes Problem) und Frauen (72 Prozent).
Die Einrichtung eines eigenen Integrationsstaatssekretariats wird von 58 Prozent der Österreicher abgelehnt, doch gibt es auch hier bei den Befragten unter 30 Jahre eine Mehrheit (54 zu 36 Prozent). An der Umfrage nahmen 504 repräsentativ ausgewählte Österreicher teil.
Interview sorgte für Aufsehen
Tezcan hatte in einem "Presse"-Interview Österreichs Integrationspolitik scharf kritisiert ("Wenn ihr keine Ausländer hier wollt, dann jagt sie doch fort") und ihr eine Mitschuld an der Ghettoisierung der Türken gegeben, die "nicht wie ein Virus behandelt werden" wollen. Er griff Innenministerin Maria Fekter frontal an und warf ihr vor, bei Integrationsproblemen nur auf Polizeilösungen zu setzen. Tezcan wurde wegen seiner Aussagen ins Außenministerium zitiert, der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu stellte nach dem Protest seines österreichischen Amtskollegen Michael Spindelegger klar, dass es sich lediglich um Tezcans Privatmeinung gehandelt habe.
(APA)