Unschuldig in Haft: Statt 100 gibt es nur 35 Euro pro Tag

Unschuldig in Haft: Statt 100 gibt es nur 35 Euro pro Tag
Unschuldig in Haft: Statt 100 gibt es nur 35 Euro pro Tag(c) AP (Hermann J. Knippertz)
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Wer wegen eines Gerichtsfehlers ins Gefängnis musste, erhält künftig eine geringere Entschädigung. Das sei „ein Hohn", sagt die Anwaltschaft. Die bisherige Summe sei sehr hoch gewesen, erwidert das Justizministerium.

[Wien/Linz] Wie viel ist ein Tag hinter Gittern wert? Eine Frage, die es zu klären gilt, wenn jemand unschuldig in Untersuchungshaft saß. Oder wenn jemand sogar von einem Strafrichter bereits verurteilt wurde und sich erst im Nachhinein die Unschuld herausstellt. Bisher war gesetzlich nicht bestimmt, was in solchen Fällen passiert. Doch seit vielen Jahren gilt die von der Judikatur festgelegte Regel: Pro Hafttag werden hundert Euro Entschädigung zugesprochen.

Zahlen muss die Entschädigung der Staat. Doch dieser will ab nächstem Jahr nicht so tief in die Tasche greifen: Im Budget-Begleitgesetz ist vorgesehen, dass die Entschädigung nur noch 20 bis 50 Euro pro Tag betragen darf. Faktisch werde das in den meisten Fällen auf eine Haftentschädigung von 30 bis 35 Euro pro Tag herauslaufen, glaubt der Linzer Strafverteidiger Wolfgang Moringer, der für die österreichische Anwaltschaft das Gesetz begutachtete. „Die Betroffenen können das nur als Hohn empfinden", sagt Moringer im Gespräch mit der „Presse". Im Justizministerium macht man aus der Einsparung kein Hehl: „Ja, die Haftentschädigung wird gekürzt", erklärt ein Sprecher von Ministerin Claudia Bandion-Ortner. Die bisherige Haftentschädigung sei aber sehr hoch gewesen. Nun werde man sich auf dem Niveau einpendeln, das auch in Deutschland gelte.

Neue Hürde für Verbrechensopfer

Unabhängig von der Entschädigung für Justizopfer sieht das Budgetgesetz auch für (vermeintliche) Verbrechensopfer Verschlechterungen vor. Seit 2008 können Opfer die Überprüfung durch ein Gericht verlangen, wenn die Staatsanwaltschaft das Strafverfahren gegen den mutmaßlichen Täter einstellen will. Diese Möglichkeit gibt es zwar auch weiterhin. Neu ist aber, dass man 90 Euro zahlen muss, wenn der sogenannte „Fortführungsantrag" vom Gericht abgelehnt wird. Man wolle verhindern, dass die Fortführung leichtfertig verlangt wird, heißt es aus dem Ministerium. 92 Prozent aller bisherigen Anträge seien nämlich abgelehnt worden.

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