FPÖ-Neujahrstreffen: "Drittes Kapitel" Kanzlerschaft

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FPoeNeujahrstreffen Drittes Kapitel Kanzlerschaft(c) APA/HERBERT P. OCZERET (HERBERT P. OCZERET)
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Nach dem Wahlsieg in Wien und dem Sparbudget der Regierung ist die FPÖ im Aufwind. Beim Neujahrstreffen, einem Volksfest für Strache-Fans, träumte man bereits davon, die Nummer eins zu werden.

Die FPÖ hat einen strategischen Vorteil gegenüber anderen Parteien. Sie hat eine klare, einfache Botschaft, die auch für jene, die sich kaum oder gar nicht für Politik interessieren, leicht verständlich ist: Die Freiheitliche Partei ist grundsätzlich für Leistung. Wenn einer nicht mitkommt – macht auch nichts. Dann springt eben der Staat ein. Sofern man nicht Ausländer ist.

Eine Botschaft, die auch beim FPÖ-Neujahrstreffen, dem alljährlichen freiheitlichen Ritual zum Jahresbeginn, unters Volk gebracht wird. Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn dieses Treffen ist keine geschlossene Parteiveranstaltung für Funktionäre, sondern für jedermann zugänglich. Und so siehtes dann auch aus – als hätte Manfred Deix den Pinsel geführt.

Das Bier fließt schon mittags reichlich. Die „John Otti Band“ spielt dazu die Hitparade rauf und runter. Das gefällt allerdings nicht jedem: Ein älterer Herr im Trachtenjanker beschwert sich bitter beim Sänger.

Zwei Stunden später ist es dann so weit: Der, auf den alle warten, betritt die Bühne in der Event-Pyramide in Vösendorf: Heinz-Christian Strache. Begleitet von martialisch-dramatischem Trommelwirbel – und von Barbara Rosenkranz, Martin Graf, Andreas Mölzer und Harald Vilimsky.

Man habe in den vergangenen Jahren „Geschichte geschrieben“ und die FPÖ wieder zur Mittelpartei gemacht, sagt Strache. „Nun ist es Zeit, das zweite Kapitel aufzuschlagen.“ Die FPÖ sei auf dem Sprung zur stärksten Kraft in Österreich. „Und dann werden wir das dritte Kapitel aufschlagen und den Führungsanspruch in diesem Land stellen.“ Ja, er wolle regieren, sagt der FPÖ-Obmann. „Diesem Faymann wird sein Grinsen noch vergehen – spätestens 2013.“ Aber: „Nichts kommt von selbst.“ Der Erfolg der vergangenen Jahre sei keine Selbstverständlichkeit. Daher: „Demut, Dienen ist gefragt.“

„Österreichische Arbeitnehmer zuerst“, verlangt Strache eine Verlängerung der Übergangsfristen für EU-Osteuropäer. Die FPÖ werde dafür sorgen, „dass unsere Kinder nicht zur Minderheit werden in Österreich“. In einer Gesamtschule würden Niveau und Leistungsbereitschaft weiter sinken. Multikulti sei gescheitert, so Strache. Jenen Zuwanderern, die anständige Inländer geworden seien, rief er aber zu: „Ihr seid ein Teil von uns!“ Man wolle nur nicht islamisiert werden. Strache spricht sich zudem für die Wehrpflicht aus: „Frag nicht immer, was das Land für dich tut, frag, was du für unser Land tun kannst.“ Auf Bruno Kreisky, gestern vor 100 Jahren geboren, nahm Strache am Ende kurz Bezug: „Er war ein großer Österreicher“. Im Gegensatz zu den „heutigen Figuren“ in der SPÖ.

Die Pyramide tobt. Die Halle ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Die Strache-Fans schwenken rot-weiß-rote Fahnen, jubeln, schunkeln, singen. Auch Uwe Scheuch, der FPK-Chef, ist gekommen. „Schön, dass ihr wieder da seid“, sagt Rosenkranz zu Scheuch und seinen Kameraden, um danach mit aggressiver Rhetorik und sich überschlagender Stimme die Gegner zu attackieren.

Wer zu den Siegern gehören will, ist hier gut aufgehoben. In einer Imas-Umfrage für die „Krone“ liegt die FPÖ bereits gleichauf mit der ÖVP bei 25Prozent, nur einen Prozentpunkt hinter der SPÖ. Bei den 14- bis 29-Jährigen kommt die Strache-Partei gar auf 42Prozent – und ist damit klar die Nummer eins. Die Funktionäre träumen schon von der Kanzlerschaft. Man werde die „Systemparteien“ bald abgehängt haben, prophezeit der Gastgeber, der Bezirksobmann von Mödling, Christian Höbart. Und Generalsekretär Vilimsky donnert ins Mikrofon: „Auf dich, Heinz-Christian, kommt die Aufgabe, Bundeskanzler zu sein, früher zu als du glaubst.“ Dann wäre es nicht mehr möglich, dass ein Gewalttäter, der ein Kind zu Tode prügle, eine Frühpension bekäme, spielt er auf den Fall Cain („Eine Schande!“) an. An die Funktionäre aber appelliert er, jetzt nur nicht die Bodenhaftung zu verlieren.

Und auch die „John Otti Band“ hat ihr Programm letztlich doch noch auf Skihütten-Schlager umgestellt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.01.2011)

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