Heer: Kahlschlag bei Kasernen

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Verteidigungsressort rechnet laut der "Presse" vorliegender bisher geheimer Modellrechnung mit 328 Millionen aus Verkäufen von Liegenschaften. Proteste bei den Landeshauptleuten wird ein anderes Detail auslösen.

Wien. Während sich Verteidigungsminister Norbert Darabos wegen seines Vorstoßes zur Abschaffung der Wehrpflicht mit heftiger Kritik von ÖVP und Opposition auseinandersetzen muss, stehen ihm die wahren Konflikte erst bevor: Es ist mit einem Aufschrei der Bundesländer zu rechnen, wenn er seine Pläne erst einmal im Detail veröffentlicht.

Der „Presse“ liegt die bisher geheim gehaltene Berechnung der sieben Modelle für ein künftiges Bundesheer vor. Ein Passus auf Seite 40 birgt Sprengstoff: „In den Modellen drei bis sieben werden jedoch insbesondere zufolge des Wegfalls an Grundwehrdienern zusätzliche Liegenschaftsverwertungen erfolgen können“, heißt es dort. Während die Planer im Generalstab bei Modell eins, also beim derzeitigen System der Wehrpflicht, davon ausgehen, dass in den kommenden zehn Jahren sieben Liegenschaften um 39 Millionen Euro verkauft werden, rechnen sie bei dem von Darabos favorisierten Modell mit dem Verkauf von 29 Liegenschaften und einem Erlös von 328 Millionen Euro.

Um welche Objekte es sich handelt, ist den Unterlagen nicht zu entnehmen, doch allein der geplante Erlös zeigt, dass es sich nicht um ein paar Büros handeln kann, sondern etliche Kasernen darunter sein müssen. Was auch logisch wäre: Wenn statt 24.000 Grundwehrdiener pro Jahr nur noch 2000 einrücken, benötigt man auch die dafür vorgesehenen Unterkünfte nicht mehr.

Nur zum Vergleich: Im Rahmen der Bundesheerreform 2010 wurden bisher 98 Liegenschaften verkauft und dabei 140 Millionen Euro eingenommen. Derzeit verfügt das Bundesheer insgesamt noch über rund 100 Liegenschaften, ein Drittel davon will Darabos also veräußern.

Nicht weniger Proteste bei den Landeshauptleuten wird ein anderes Detail aus den Reformplänen auslösen: Das von Darabos bevorzugte Modell sieht nämlich keine Militärkommanden in den Bundesländern mehr vor, sondern nur noch „territoriale Verbindungsstellen“. Gerade die Beibehaltung der Militärkommanden war den Landeshauptleuten bisher sehr wichtig gewesen.

Umstiegskosten fehlen

Für einige Diskussion dürfte auch noch die Berechnung der Kosten für Modell drei führen. Denn die Annahmen sehen einen tiefgreifenden Umbau beim Personal vor, der in der Modellrechnung nirgends abgebildet ist. Konkret: Von den derzeitigen 2800 Offizieren müssen 500 gehen, von den 10.200 Unteroffizieren 2700. Dafür werden 5200 Zeitsoldaten aufgenommen – derzeit gibt es 2850. Die Modellberechnung sieht vor, dass die Zahl der Zeitsoldaten im dritten Jahr der Umstellung erreicht ist, die jetzt überzähligen Kadersoldaten fallen aber bereits in Jahr eins aus der Rechnung. Die Personalkosten sinken damit laut Berechnung auf einen Schlag um fast 200 Millionen – von 1173 auf 988 Millionen Euro.

Das aber ist eine Annahme, die völlig unrealistisch ist, handelt es sich doch zum Großteil um unkündbare pragmatisierte Beamte. An anderer Stelle des Papiers wird auch von einem Übergangszeitraum von zehn Jahren gesprochen. Selbst wenn es gelingt, einen Großteil der Beamten zu einem Wechsel in einen anderen Bereich des öffentlichen Dienstes zu bewegen bzw. sie mit einem „golden Handshake“ zu verabschieden, werden die Gehälter noch eine beträchtliche Zeit weiter zu bezahlen sein.

Die Planer scheinen sich nicht ganz sicher zu sein, ob der Aufbau der von Darabos angestrebten Freiwilligenmiliz auch gelingt. Die „quantitative und qualitative Rekrutierbarkeit des erforderlichen Personals“ wird schon in der Präambel als größtes Problem angesprochen. Auf Seite13 deuten die Autoren an, dass es noch deutlich teurer werden könnte. Denn: Die tatsächliche Prämie für die Milizsoldaten – geplant sind derzeit 5000 Euro pro Person und Jahr – „wird sich in letzter Konsequenz nach Angebot und Nachfrage orientieren; dementsprechend wird nachzusteuern sein“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2011)

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