Wenn die Krankengeschichte online geht

Wenn Krankengeschichte online geht
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Der Gesetzesentwurf für die Elektronische Gesundheitsakte geht in Begutachtung. Künftig werden alle Patientendaten via Internet abrufbar sein. Was die Akte bringt – und was sie für den Datenschutz bedeutet.

Wien. Nach Jahren des Planens nimmt die Elektronische Gesundheitsakte, kurz Elga, langsam Gestalt an. Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) wird den Gesetzesentwurf in den nächsten Tagen in Begutachtung schicken. Der Beschluss im Nationalrat soll noch vor dem Sommer erfolgen. In der Elektronischen Gesundheitsakte werden in Zukunft alle relevanten Patientendaten gespeichert. Dabei werde dem Datenschutz höchste Priorität eingeräumt, erklärte Stöger am Donnerstag bei einem Hintergrundgespräch mit Journalisten. Was bringt und kann Elga? Die wichtigsten Fragen und Antworten:

1Was genau ist die Elektronische

Gesundheitsakte?

Elga ist ein Informationssystem, das Patienten, Ärzten, Krankenhäusern und Apotheken unabhängig von Zeit und Ort den Zugang zu Gesundheitsdaten ermöglicht. Das Projekt wurde 2006 gestartet und befindet sich nun in der Umsetzungsphase. Beteiligt sind Bund, Länder und Sozialversicherungen.

2Welchen Nutzen hat Elga – für Patienten und Anbieter von Gesundheitsdiensten?

Ärzte sind stets auf einem aktuellen Informationsstand über den Patienten, weil sie Einblick in die Befunde und die Medikamentengeschichte haben. Die E-Medikation, ein Teilprojekt von Elga, soll verhindern, dass es bei der Behandlung mit Medikamenten zu Wechselwirkungen oder Mehrfachverschreibungen kommt.

Über das Portal www.gesundheit.gv.at wird jeder Patient auf seine Gesundheitsakte zugreifen können. Dort ist auch protokolliert, wer seine Daten wann eingesehen hat. Für weniger internetaffine Personen wird eine Ombudsstelle eingerichtet. Durch Elga soll die Kooperation zwischen Ärzten, Spitälern und Apotheken verbessert werden, weil alle auf demselben Informationsstand sind.

3Welche Daten werden in der Elektronischen Gesundheitsakte erfasst?

Dokumente und Befunde, sofern sie für die Behandlung erforderlich sind; Krankenhaus-Entlassungsbriefe, Labor- und Radiologiebefunde, Informationen zur Medikation, Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten. Die Daten müssen aktuell und relevant sein. Nach festgelegten Fristen (sechs Monate für Medikamente und Laborbefunde, drei Jahre für Röntgenbilder und Entlassungsscheine) werden sie wieder gelöscht.

4Wer nimmt an Elga teil?

Alle Personen, die sich in Österreich behandeln lassen – und teilnehmen wollen. Denn der Patient kann sich sperren lassen oder nur bestimmte Informationen freigeben. Besonders sensible Daten (HIV, Schwangerschaftsabbruch, psychische Erkrankungen) werden nur nach Zustimmung ins System gestellt. Für Ärzte ist die Teilnahme verpflichtend, wenn sie über eine IT-Ausstattung verfügen (wovon in fast allen Fällen auszugehen ist).

5Wer hat Zugriff auf die Gesundheitsakte des Patienten?

Alle Anbieter von Gesundheitsdiensten – und zwar ausschließlich zur Behandlung von Patienten. Die Berechtigungen werden generell für bestimmte Berufsgruppen durch Verordnungen des Ministers und individuell durch den Patienten festgelegt. Vom Zugriff ausgenommen sind Betriebs-, Amts- und Chefärzte der Sozialversicherung (Kontrollärzte).

6Wie werden die Daten technisch

geschützt?

Es gibt strenge Vorgaben für das Verschlüsseln der Daten und ein verpflichtendes IT-Sicherheitskonzept. Die Informationen werden dezentral (vom Arzt) gespeichert, wobei die Patienten mit E-Card und Ausweis identifiziert werden müssen. Ausnahmen werden nur in medizinischen Notfällen gemacht.

7Welchen Rechtsschutz gibt es für die

Patienten?

Es gibt ein Verwendungsverbot für nicht behandelnde Ärzte, Arbeitgeber, Behörden und Versicherungen. Missbrauch wird straf- und verwaltungsrechtlich verfolgt. Verboten ist beispielsweise, dass beim Bewerbungsgespräch ein Elga-Ausdruck verlangt wird.

8Wann wird Elga bundesweit im Einsatz sein? Gibt es Pilotprojekte?

Die Pilotprojekte für die E-Medikation starten – nach mehrfachen Verschiebungen – mit 1.April in drei Regionen (in den Wiener Bezirken 21 und 22, im oberösterreichischen Bezirk Wels und im Tiroler Bezirk Reutte). Nach ungefähr einem halben Jahr sollen die nötigen Erfahrungsberichte vorliegen, damit stufenweise ausgeweitet werden kann.

Der Gesundheitsminister geht davon aus, dass 2013 nicht nur die E-Medikation österreichweit ausgerollt sein wird, sondern auch schon die ersten Befunde im System gespeichert werden können. Spätestens im Jahr 2015 soll die Elektronische Gesundheitsakte dann komplett implementiert sein.

9Was kostet Elga?

Die Kosten für die Errichtung der Elga-Kernbestandteile wurden mit rund 30 Millionen Euro veranschlagt. Über die weiteren Finanzmittel muss im Rahmen des nächsten Finanzausgleiches (ab 2014) verhandelt werden. Stöger glaubt allerdings, dass sich das Projekt selbst finanzieren wird. Denn die Errichtungskosten würden durch Effizienzsteigerungen im System wieder hereingebracht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.02.2011)

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