Parlament: Prammer für neues Modell gegen Korruption

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Parlament Prammer fuer neues(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Nationalratspräsidentin drängt auf strengere Regeln für Abgeordnete nach deutschem Vorbild: Nebentätigkeiten, Geschenke und Spenden sollen transparent gemacht und Strafen verhängt werden.

Wien. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) macht jetzt Druck im Kampf gegen Bestechung und Korruption im österreichischen Parlament. Die Abgeordneten sollten künftig besser darlegen müssen, welche Jobs und Funktionen sie neben ihrem Mandat ausüben und wie viel sie daran verdienen. Interessenkonflikte sollen damit verhindert werden. Das sagte Prammer am Dienstag infolge der Affäre Strasser im EU-Parlament.

Anlassfall Strasser

Als Nationalratsabgeordneter hätte Ernst Strasser (ÖVP) aufgrund von schwächeren Regeln keine Strafe zu befürchten, wegen seiner Parlamentstätigkeit in Straßburg und Brüssel droht ihm hingegen jahrelange Haft. Der inzwischen zurückgetretene EU-Abgeordnete soll erklärt haben, EU-Recht für Geld zu beeinflussen (siehe S. 5).

Vorbild für strengere Regeln soll laut Prammer nun das deutsche Modell sein. Im Bundestag müssen Mandatare sämtliche Jobs, Funktionen und Einkünfte neben ihrem Mandat melden: den jüngsten Beruf, entgeltliche Nebentätigkeiten und Funktionen in Firmen, Körperschaften und Anstalten öffentlichen Rechts; Funktionen in Vereinen, Verbänden, Stiftungen; Beteiligungen an Kapital- oder Personengesellschaften; Vereinbarungen über künftige Tätigkeiten oder Vermögensvorteile. Viele anzeigepflichtige Tätigkeiten betreffen Ehrenämter. Auch für Geschenke und Spenden an einzelne Abgeordnete (nicht nur Parteien) gelten Anzeigepflichten – nicht so in Österreich.

Deutsche Abgeordnete müssen zurzeit jede einzelne Tätigkeit melden, die mehr als 1000 Euro im Monat bzw. mehr als 10.000 Euro im Jahr bringt, und zwar nach einem Stufenmodell: Stufe 1 betrifft Einkünfte von 1000 bis 3500 Euro im Monat, Stufe 2 Einkünfte von mehr als 3500 Euro und Stufe 3 Einkünfte von mehr als 7000 Euro. In Österreich müssen Nebentätigkeiten hingegen nur gemeldet werden, wenn sie mehr als 1142,40 Euro im Jahr bringen – aber ohne dass die genaue Summe angegeben werden muss. Für Prammer ist die Schwelle zu niedrig, weil damit fast alle Nebenjobs erfasst wären, ohne dass klar werde, in welcher Größenordnung ein Mandatar arbeitet und welche Interessenkonflikte dabei entstehen (könnten).

Auch die Strafen will Prammer verschärfen. In Österreich droht Abgeordneten der Entzug des Mandats erst bei einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr. Diese Frist sei zu lang, glaubt Prammer. Und sie will Sanktionen für Mandatare einführen, die Nebentätigkeiten und -einkünfte nicht oder nur unvollständig melden. In Deutschland drohen dafür Strafen von bis zu einem halben Jahresgehalt.

Bei den fünf Parlamentsparteien spürt die Nationalratspräsidentin bisher kaum Rückenwind für strengere Regeln; ihr Wunsch nach einer parlamentarischen Enquete zum Thema, an der viele Experten teilnehmen würden, wurde von allen Fraktionen abgeschmettert: Sie wollen, dass vorerst nur ihre Justizsprecher darüber debattieren. Prammer hofft noch auf ein Einlenken zugunsten einer Enquete.

Immerhin hätten aktuell 141 der 183 Nationalratsabgeordneten Nebenjobs. Das gilt etwa für Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP), der im Aufsichtsrat des deutschen (Atom-)Energieriesen RWE sitzt, und für Ex-Verteidigungsminister Herbert Scheibner (BZÖ), der die „Scheibner Business Development GmbH“ betreibt – er bietet Exportberatung und Geschäftsentwicklung an.

Genauere Regeln könnten auch helfen, Mandatare vor einem „Generalverdacht“ der Korruption durch die Öffentlichkeit zu befreien, sagt dazu Prammer, die beispielsweise Schüssel nicht „per se“ Lobbyismus im Parlament unterstellen will. Es sei auch sinnvoll, wenn Interessenvertreter ihre Expertise im Parlament einbringen, so die Präsidentin, die selbst beim AMS karenziert wurde.

Lobbyismusgesetz ab Dienstag

Die Regierung unternimmt unterdessen letzte Schritte zu einem neuen Lobbyismusgesetz, das fixiert, was genau Lobbyismus ist und welche Einflussnahme zulässig ist. Die Transparenz soll zunehmen. Justizministerin Claudia Bandion-Ortner wird den Parteien dem Vernehmen nach am kommenden Dienstag einen Entwurf präsentieren; innerhalb von zwei Wochen will man sich einigen. Kanzler Werner Faymann (SPÖ) erklärte am Dienstag nach dem Ministerrat, gegen Korruption brauche es „strengere Regeln“ und „härtere Strafen“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.03.2011)

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