Vassilakou kündigt der SPÖ "heißen Herbst" an

Vassilakou kuendigt SPoe heissen
Vassilakou kuendigt SPoe heissen
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Wiens Grün-Chefin drängt ihren Koalitionspartner: Sie will wenig bis keinen Verkehr auf der Mariahilfer Straße flächendeckende Tempo-30-Zonen – und bastelt an einer Achse zu Landeshauptmann Pröll.

Die Presse: Ihr Büro wird umgebaut. Welche Farbe bekommt Ihre neue Arbeitsstätte?

Maria Vassilakou:
Viel weiß.

Warum überhaupt ein Umbau?


Es gibt keinen Umbau. Wände werden gestrichen, es braucht Auffrischung.


Gilt das nicht auch für ganz Wien?

Was notwendig gewesen ist: eine Auffrischung der Politik durch viele neue Ideen. Jetzt geht es darum, viele dieser Ideen umzusetzen.

Bei Versprechen wie dem 100-Euro-Jahresticket für Wiens Linien müssen Sie nachgeben. Wie weh tut das?

Nachzugeben lernen wir schon in der Kindheit: Bei einer Sache gebe ich nach, dafür erziele ich woanders Fortschritte. Beim Ticket ist nicht gesagt, wie der Ausgang sein wird. Ich sehe zwei Ziele: eine Belohnung für Öffi-Vielfahrer und eine Staffelung, damit das Fahren in den Öffis keine Frage des Einkommens ist.

Aber bei anderen Themen wie der Forderung nach einem autofreien Ring werden sich die Grünen keinesfalls durchsetzen können. Manche Wähler werden das als Verrat sehen.

Wenn man so denkt, kann man nicht in eine Regierung gehen. Regieren bedeutet, von den Ideen, die man hat, einen Teil umsetzen zu können. Allein das, was wir umsetzen können – eine verkehrsberuhigte Mariahilfer Straße, flächendeckend Tempo 30 in Wohngebieten, Ausbau der Solarenergie –, ist für die Grünen wesentlich und für Wien ein Riesenfortschritt.

Aber auch die jetzt genannten Dinge sind weit von der Einführung entfernt.


Wir stehen im sechsten Monat der Regierungsarbeit. Was ich sagen kann, ist, dass uns ein sehr, sehr spannender politischer Herbst in Wien erwartet. Die Erhebungen laufen derzeit. Sie werden als Grundlagen für Entscheidungen dienen. Im Herbst werden die Ergebnisse vorliegen.

Ein heißer Herbst auch für Ihren Koalitionspartner SPÖ?

Ja, aber heiß nicht im Sinne von Streit, sondern von öffentlicher Debatte. Das ist das A und O der Politik: zunächst breit und kontroversiell zu diskutieren, um im Konsens wesentliche Schritte setzen zu können. In Sachen Klimaschutz haben wir jetzt die Chance, zur führenden europäischen Hauptstadt zu werden.

Das ist aber ein weiter Weg.

Wien hat großes Potenzial. Wir leben in einer Stadt, die in den nächsten zwei Jahrzehnten auf zwei Millionen anwächst. Daher müssen wir an die 8.000 Wohnungen jährlich bauen. Es liegt in unserer Hand, sie verkehrsberuhigt, mit viel Grün und den neuesten Energietechnologien zu bauen. Im Verkehr müssen wir den Fokus auf die Pendler richten. Ich bin zuversichtlich, dass wir hier eine neue Ära in der Zusammenarbeit Wien-Niederösterreich einleiten werden.

Gibt es eine neue Achse Vassilakou-Erwin Pröll, von der wir nichts wissen?

Es hat zwischen uns ein erstes Gespräch gegeben, das sehr positiv verlaufen ist. Ich bin zuversichtlich, dass wir in den nächsten Monaten einen Dialog zwischen Wien und Niederösterreich über die Verkehrsbedürfnisse institutionalisiert führen können. Gebot der Stunde ist für die Metropolenregion Wien plus Umland ein System aus U-Bahn, Schnellbahn und Hochgeschwindigkeitsstraßenbahnen.

Es könnte auch sein, dass die U-Bahn über die Stadtgrenze hinausfährt?

Grundsätzlich ist es keine religiöse Angelegenheit, wo sie endet.

Derzeit schon.

Die U-Bahn kostet viel Geld, und es dauert lange, bis sie fertiggestellt ist. Sie ist der Jumbojet der Öffis.


Aber wenn man beispielsweise die Verkehrsströme aus dem Süden sieht, würde man einen Jumbo benötigen.

Mit der S-Bahn haben wir doch eine Schieneninfrastruktur, die Wien mit dem Umland in alle Richtungen verbindet. Es hat keinen Sinn, daneben eine U-Bahn zu bauen.

So wie mit der U6 parallel zur S-Bahn über die Donau.


Gutes Beispiel. Es geht darum, auf der S-Bahn jetzt U-Bahn-ähnliche Intervalle und eine Integration der Umsteigeknoten zu schaffen. S-Bahn und U-Bahn-System müssen besser integriert werden. Deshalb spreche ich von der Metro, da gehören U-Bahn, S-Bahn, auch Carsharing, Leihräder dazu. Die Zukunft liegt in einem Metro-System, das Wien und Niederösterreich entwickeln. Nur so können wir das Wachstum bewältigen, ohne dass es zum Infarkt kommt. Ich sehe von Bürgermeistern positive Signale, weil jeder sieht, wie wichtig eine Lösung ist.

In Deutschland sind die Grünen bei Wahlen und Umfragen im Höhenflug. Weshalb nicht in Österreich?


In Deutschland hat jeder mit dem Atomausstieg, dem Ausbau erneuerbarer Energien gemerkt, was man an den Grünen hat. Eine Partei, die in vielen Bereichen radikal ist, aber deshalb Bereiche, wo es Stagnation gibt, vorantreibt. In Österreich werden wichtige Debatten überlagert. So ist ein zentrales Problem diese unsägliche Fixierung auf die Migrations- und Integrationspolitik.

Es sind doch gerade die Grünen, die auf dieses Thema fixiert sind.

Ich widerspreche. Die neurotische Fixierung kommt von den ÖVP-Innenministerinnen.

Und die Grünen lieben das, weil sie diese dann angreifen können.

Nein. Österreich und seine Politik bräuchte einen Grundkonsens wie einen Bissen Brot.

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