Neuer Job: Pröll wird Chef von Raiffeisen-Tochter

Josef Proell
Josef Proell(c) AP (Ronald Zak)
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Ex-Vizekanzler Josef Pröll wird Vorstandschef des Mischkonzerns Leipnik-Lundenburger Invest Beteiligungs AG. Das Unternehmen könnte in zwei bis drei Jahren an die Börse zurückkehren.

Der frühere ÖVP-Chef und Vizekanzler Josef Pröll geht wie erwartet zum Raiffeisen-Konzern: Er wird Vorstandschef des Mischkonzerns Leipnik-Lundenburger Invest Beteiligungs AG (LLI). Pröll wurde vom Aufsichtsrat für fünf Jahre zum Vorstandssprecher bestellt, er übernimmt die Funktion bereits am 1. Juli 2011 und wird vom bestehenden Vorstandsteam Kurt Miesenböck und Christian Teufl unterstützt, teilte die Raiffeisen-Holding NÖ-Wien in einer Aussendung mit.

Der Mischkonzern Leipnik-Lundenburger ist der größte Mühlenkonzern in Europa und hält große Beteiligungen im Nahrungsmittelbereich. Bekannt ist das Unternehmen durch die Marken "Finis Feinstes" und "Farina". Das Traditionsunternehmen hat 31 Mühlen in Österreich, Deutschland, Tschechien, Polen, Ungarn, Rumänien und Bulgarien. Im Geschäftsjahr 2009/10 wurde ein Umsatz von 882 Mio. Euro erwirtschaftet. Rund 85 Prozent des Umsatzes erzielte LLI im Ausland. LLI hält zahlreiche Beteiligungen wie am Nahrungsmittelkonzern Agrana (11,2 Prozent), Südzucker AG (2,1 Prozent), dem deutschen Agrarhändler BayWa (12,5 Prozent) und den Casinos Austria (11,3 Prozent).

Konrad und Rothensteiner im Aufsichtsrat

Als neuer LLI-Vorstand werde Pröll beauftragt, "den Ausbau der bestehenden Geschäftsfelder im Hinblick auf die Vertiefung der Wertschöpfungskette zu forcieren", so die Raiffeisen-Holding NÖ-Wien. Haupteigentümer der LLI sind die Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien reg.Gen.m.b.H. (50,05 Prozent) sowie die Raiffeisen Zentralbank Österreich AG (33,06 Prozent). Sitz der Holding ist Wien. Als Aufsichtsratschef der LLI agiert Raiffeisenverband-Generalanwalt Christian Konrad, sein Stellvertreter ist der Generaldirektor der Raiffeisen Zentralbank (RZB), Walter Rothensteiner.

Im Geschäftsjahr 2001/02 wurden die LLI-Aktien aus strategischen Gründen von der Börse genommen. Eine Rückkehr an die Börse war für 2010/2011 geplant. Die Finanzkrise machte diesem Plan aber einen Strich durch die Rechnung. Raiffeisen Holding-Chef Erwin Hameseder will weitere zwei, drei Jahre abwarten, sagte er im April 2011.

Sollte der Börsegang Realtität werden, wartet auf den gesundheitlich zuletzt schwer angeschlagenen Ex-Spitzenpolitiker jede Menge Arbeit. Pröll hatte vor zweieinhalb Monaten nach einer Lungenembolie seinen Rückzug aus der Politik bekanntgegeben - zu einem Zeitpunkt, als die ÖVP wegen der Lobbyingaffäre rund um den damaligen ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament, Ernst Strasser, schwer angeschlagen war.

Langjähriger Kanzlerkandidat

Dabei galt der dreifache Familienvater Pröll, Neffe des niederösterreichischen Landeshauptmanns Erwin Pröll (ÖVP), lange Zeit als die Kanzlerhoffnung der ÖVP. Der studierte Agrarier gilt nun als Nachfolgekandidat für Raiffeisen-Generalanwalt Christian Konrad. Pröll hatte von allem Anfang an seinen politischen Aufstieg gezielt vorangetrieben. Schon als Landwirtschaftsminister inszenierte er sich gerne in Boulevardzeitungen, gab Feiern mit Prominenz und übte sich in seiner wohl größten Stärke, dem legeren Umgang mit Wähler- und Journalistenvolk.

Politisch sozialisiert wurde der Agrarökonom im Bauernbund. Der gebürtige Niederösterreicher (14.9.1968) heuerte bei der EU-Abgeordneten Agnes Schierhuber an, war dann Kabinettschef des damaligen Landwirtschaftsministers Molterer und Direktor des Bauernbunds. Von dort aus ging es ab ins Kabinett Schwarz-Blau II. Der neue Landwirtschafts- und Umweltminister führte sein Ressort ohne gröbere Probleme, einzig mit den Umweltorganisationen hatte Pröll immer wieder seine Zores. Als Vizekanzler und ÖVP-Boss Wilhelm Molterer die "Es reicht"-Neuwahl verlor, schlug im Herbst 2008 Prölls Stunde. Er wurde am Parteitag mit knapp 90 Prozent zum Parteichef gewählt.

BZÖ: Dank für Bankenhilfe

Einzig das BZÖ reagierte am Mittwochnachmittag auf den neuen Job von Pröll. Der Ex-Finanzminister habe den Wechsel in den Raiffeisenkonzern "wirklich gut vorbereitet - gratuliere!", so BZÖ-Generalsekretär Christian Ebner in einer Aussendung. "Deshalb hat der Finanzminister wohl dem Raiffeisenkonzern auch die milliardenschwere Bankenhilfe auf Kosten der Steuerzahler zukommen lassen! Und der ÖVP-Raiffeisen-Konzern versorgt in gewohnter Manier eines seiner treuen Schäfchen", so Ebner.

Fünf Banken haben seit Ende 2008 zusammen 5,4 Milliarden Euro an staatlichem PS-Kapital gegen Zinsen von acht bis 9,3 Prozent im Jahr gezogen. Vom Bankenhilfspaket profitierten nach Angaben der FIMBAG die RZB (1,75 Mrd.), die Erste Group (1,224 Mrd.), die Volksbanken AG ÖVAG (1 Mrd.), die Kärntner Hypo Alpe Adria Bank (900 Mio. ) und die BAWAG P.S.K. (550 Mio.).

(APA)

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