Neue Strafen bei Gewalt gegen Kinder

Neue Strafen Gewalt gegen
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Justizministerin Beatrix Karl schnürt ein Schutzpaket. Es sieht ab dem kommenden Jahr Mindeststrafen bei Misshandlungen und neue Strafen für die Anbahnung sexueller Kontakte mit Unmündigen im Internet vor.

Wien. Nach mehreren drastischen Misshandlungsfällen von Kindern sieht sich Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) zum Handeln gezwungen. So machte zuletzt der Fall der dreijährigen Angelina aus Wien Schlagzeilen, die zu Hause von der Mutter, deren Freund und Exfreund krankenhausreif geschlagen worden war.

Karl bereitet derzeit neue, vor allem aber strengere gesetzliche Regeln vor. Es geht darum, potenzielle Täter möglichst abzuschrecken und Kinder besser gegen Gewalt und Übergriffe zu schützen.

Im Kern werden, wie der „Presse“ im Büro der Justizministerin erläutert wurde, zwei Maßnahmen im Rahmen der Gesetzesvorlage vorbereitet.

Erstens: Bei jeder Form von Gewalt gegen Kinder sollen künftig Mindeststrafen eingeführt werden. Zweitens: Jene, die versuchen, sexuelle Kontakte mit Minderjährigen anzubahnen (meistens geschieht das im Internet), sollen künftig mit Strafe bedroht werden.

Facebook als „Sex-Falle“?

Ein entsprechender Gesetzesentwurf wird bis September dieses Jahres im Detail ausgearbeitet. Hintergrund für die Einführung einer Mindeststrafe bei jeder Form von Gewalt gegen Kinder im Strafgesetzbuch ist, dass derzeit nur Höchststrafen vorgesehen sind. Um deutlich zu machen, dass es sich bei dieser Form von Gewalt um kein Kavaliersdelikt handelt, werden nun Mindeststrafen eingeführt. Über die genaue Höhe wird es noch Expertengespräche geben.

Das Anbahnen sexueller Kontakte, das sogenannte „Grooming“, stand bisher nicht unter Strafe. Das soll sich nach den Plänen der Ministerin nun ebenfalls ändern. Mit dieser Maßnahme reagiert das Justizressort auf den Umstand, dass vor allem Männer das Internet und soziale Netzwerke wie Facebook zunehmend dazu nützen, Kontakte zu Unmündigen zu knüpfen. Auch für derartige Aktivitäten sind künftig Strafen vorgesehen.

In der Praxis funktioniert das dann mitunter wie in einem schlechten Film, erzählt ein Beamter aus der Abteilung für Kapital- und Sittlichkeitsdelikte im Bundeskriminalamt (BK). In einem Fall gab sich ein erwachsener Mann als 15-jähriger Schüler aus, der via Internet mit einem gleichaltrigen Mädchen anbandelte. Dabei wurden über E-Mail Fotos ausgetauscht, nur dass der Mann eben falsche schickte. Beim vereinbarten Treffen gab er sich als Verwandter des angeblichen Schülers aus, versprach, sie zu ihm zu bringen – und missbrauchte sie.

Nach dem Zeitplan des Justizministeriums soll das Kinderschutzpaket nach der Begutachtung ab September im heurigen Herbst vom Parlament beschlossen werden. Die neuen, strengeren Bestimmungen würden dann zu Jahresbeginn 2012 in Kraft treten.

Eilig hatte es die Bundesregierung mit diesen Plänen bisher freilich nicht. Die ersten Ankündigungen waren bereits im Dezember 2010 an die Öffentlichkeit gelangt. Damals war von einem Inkrafttreten bis spätestens Mitte 2011 die Rede gewesen. Insbesondere das BZÖ hatte die fehlende Umsetzung immer wieder kritisiert. Zudem hat sich Österreich im Rahmen einer EU-Richtlinie dazu verpflichtet, auf diesem Gebiet aktiv zu werden.

Hinter dem aktuellen Vorstoß steht neben Karl vor allem Vizekanzler Michael Spindelegger. Der ÖVP-Obmann ist an einem raschen Beschluss des Pakets interessiert und hat dieses zuletzt im Nationalrat angekündigt. Vonseiten des Koalitionspartners SPÖ werden keine Widerstände erwartet. Verhandler aufseiten der SPÖ ist Verteidigungsminister Norbert Darabos, der rote „Spiegelminister“ in den Sicherheits- und Jusitzangelegenheiten. Eingebunden werde aber auch SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim.

Auf einen Blick

Plan des Justizministeriums ist es, das Kinderschutzpaket bis Herbst zu beschließen und Anfang 2012 in Kraft treten zu lassen. Vorgesehen sind (noch nicht definierte) Mindeststrafen bei Gewalt gegen Kinder sowie die Sanktionierung der Kontaktanbahnung (Grooming). Neu ist der Plan nicht: Schon Ende 2010 war eine Umsetzung bis Mitte 2011 angekündigt worden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.06.2011)

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