Eklat um Hymne: Heimat streitbarer schwarzer Töchter

Eklat BundeshymneHeimat streitbarer schwarzer
Eklat BundeshymneHeimat streitbarer schwarzer(c) Clemens Fabry
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ÖVP-Frauenchefin Schittenhelm ist erzürnt über den Widerstand des Klubs gegen den Antrag auf Änderung der Bundeshymne: "Zinnober, als ob die Welt unterginge."

Den Ausklang im Nationalrat vor der Sommerpause hat sich der ÖVP-Klubchef sicherlich anders vorgestellt. Karlheinz Kopf wollte am Samstag den Konflikt nicht zusätzlich anheizen und die Vorgänge um die – praktisch verhinderte – Abschiedsrede seiner Parteikollegin Ex-Ministerin Maria Rauch-Kallat vorerst nicht kommentieren. Diese hatte mit den ÖVP-Frauen einen Antrag zur Änderung des Textes der Bundeshymne – statt „Heimat bist du größer Söhne“ sollte es „Heimat großer Töchter, Söhne“ heißen – unterstützt.

Umso deutlicher tut dafür ÖVP-Frauenchefin Dorothea Schittenhelm ihren Unmut und ihre Meinung kund. „Ich glaube, es ist höchst an der Zeit, das zu regeln. Da soll man nicht einen Zinnober machen, als ob die Welt unterginge“, betont sie im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“. Sie stellt sich damit hinter Rauch-Kallat, der sie im November 2010 als Vorsitzende der ÖVP-Frauen gefolgt ist.

Laut Schittenhelm war Kopf informiert, dass Rauch-Kallat in ihrer Rede am Freitagabend eine Lanze für einen neuen Text der Hymne brechen werde. Dass in einer Art Geheimaktion ein Antrag mit Mandatarinnen der SPÖ und der Grünen für die „Töchter“ vorbereitet worden war, führte dann zum Eklat. Mehrere männliche ÖVP-Redner traten – mit Duldung der Klubführung – ans Mikrofon, um sich so wichtigen Themen wie den Mastschweinen zu widmen. Rauch-Kallat blieb damit nur eine ganz kurze Redezeit.

Ihre Rückkehr in den Nationalrat ist ebenfalls kurz. Nach Reibereien mit der Parteispitze um Ex-ÖVP-Obmann Josef Pröll war Rauch-Kallat erst am Mittwoch statt Ex-Vizekanzler Wilhelm Molterer als Nationalratsabgeordnete angelobt worden. Danach wurde sie im Plenum auch von Kopf willkommen geheißen. Schon im Herbst macht sie der Tirolerin Grete Patscheider Platz, weil die Frauenquote dadurch nicht sinkt.

Nach der Sommerpause findet auch die Hymnendebatte im Verfassungsausschuss eine Fortsetzung. Schittenhelm sagt zu den Widerständen in der ÖVP: „Ich bin überzeugt, dass ich den einen oder anderen Skeptiker überzeugen kann.“ Denn: „Alle haben Töchter.“ Und: „Ich verstehe die ganze Aufregung nicht. Wir streichen ja die Söhne nicht raus.“ Sie wird viel Überzeugungsarbeit leisten müssen: Denn die Frauen sind im ÖVP-Klub mit 27Prozent klar in der Minderheit.

Rauch-Kallat beklagte im ORF-Radio, der ÖVP-Klub habe sich „keinen guten Dienst erwiesen“. Für sie ist der Antrag ein „Beitrag zur Eliminierung von sprachlicher Diskriminierung.“ Schittenhelm will nicht von einem Schaden sprechen: „Es wäre sicherlich ein Signal in Richtung Offenheit.“

Die zweifache Mutter Rauch-Kallat ist Kummer gewöhnt, seit sie im September 2005 als Frauenministerin einen Vorstoß gewagt hat, die Töchter in die Hymne einzubeziehen. Weit kam sie nicht. Zwar wurde eine Ministerinnen-Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die sich bis zum Nationalfeiertag 2005 damit befassen sollte. Das BZÖ unter Ex-Vizekanzler Hubert Gorbach beendete aber schon Anfang Oktober mit einem Veto weitere Debatten, weil die Bevölkerung gegen eine Änderung sei.

SPÖ-Unterrichtsministerin Claudia Schmied heizte in dieser Legislaturperiode die Diskussion neu an. Anlass war ein Spot ihres Ressorts für eine Bildungsinitiative: Sängerin Christina Stürmer warb darin recht holpernd für die Heimat „großer Söhne und Töchter“.

Unterstützung für die ÖVP-Frauen kommt von der SPÖ. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer hält die Änderung für „ein wichtiges Signal für die Frauen“; für Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek würden so die Leistungen von Frauen anerkannt. SPÖ-Klubchef Josef Cap gibt sich hingegen vorsichtiger und will einen neuen Text „unaufgeregt“ diskutieren.

Auch wenn Rauch-Kallat das Parlament verlässt, leichter wird es für den ÖVP-Klubobmann und die Männer mit Nachfolgerin Patscheider kaum. Diese ist immerhin 2009 aus Groll über die schwarzen Männer als Tiroler Frauenchefin zurückgetreten.

Bundeshymne

Nach dem Antrag, der von Mandatarinnen von ÖVP, SPÖ und Grünen am Freitag im Nationalrat unterstützt wurde, soll der Text der Bundeshymne statt „Heimat bist du großer Söhne“ „Heimat großer Töchter, Söhne“ lauten. Ex-ÖVP-Frauenchefin Maria Rauch-Kallat hat bereits 2005 einen Vorstoß zur Aufnahme der „Töchter“ in die Bundeshymne unternommen, was offiziell aber am Widerstand des BZÖ gescheitert ist.

Paula von Preradović hat den Text zur Bundeshymne verfasst. Dieser wurde aus rund 1800 Vorschlägen 1946/1947 in einem Wettbewerb ausgewählt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2011)

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