Rudas will Wechsel zu Mehrheitswahlrecht

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Die SP-Bundesgeschäftsführerin unternimmt einen Vorstoß für eine radikale Änderung des Wahlrechts. Ihr Modell würde die politischen Entscheidungsabläufe nämlich deutlich beschleunigen, sagt Rudas.

Wien. Es ist ausgerechnet das Lieblingsmodell eines prominenten Ex-ÖVP-Politikers, das SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas für „klarere Verhältnisse“ in Österreich vorschwebt. Herwig Hösele, einstiger Bundesratspräsident und aktuell Mitstreiter einer prominent besetzten Initiative für eine (Personen-)Wahlrechtsänderung, hat schon vor Jahren vorgeschlagen, in Österreich ein völlig neues und in dieser Form weltweit einzigartiges Wahlrecht einzuführen.

Das Modell sieht zwar die Einführung des Mehrheitswahlrechts vor, also dass die stimmenstärkste Partei überproportional viele Mandate bekommt – aber eben nicht die absolute Mandatsmehrheit. So eine Partei zwar die Nummer eins ist, aber unter 50 Prozent bleibt, bekommt sie ein oder wenige Mandate unter der absoluten Mehrheit. Damit wäre diese Partei gezwungen, auf jeden Fall eine Koalition einzugehen. Allerdings würde eine Kleinpartei – die dank dieses besonders minderheitsfreundlichen Wahlrechts den Einzug in den Nationalrat wie bisher schaffen würde – dann als Koalitionspartner reichen. „Das würde die politischen Entscheidungsabläufe deutlich beschleunigen und wesentlich mehr Varianten erlauben“, sagt Rudas im „Presse“-Gespräch.

Dass damit das Ziel mancher in der SPÖ, nämlich Rot-Grün zu erreichen, näherrücke, verhehlt sie dabei gar nicht. Verlierer eines solchen Wahlrechts wäre – nach Stand der aktuellen Umfragen – vor allem die ÖVP, die auf Platz zwei oder drei genau genommen nicht viel mehr Gewicht als die Grünen hätte. Dass nach diesem System Heinz-Christian Strache Nummer eins und somit Herr über eine Beinahe-Absolute wäre, sieht Rudas ebenfalls: „Es gibt in unserer Partei natürlich auch gute Argumente gegen jede Form von Mehrheitswahlrecht, aber ich glaube persönlich, dass viele Wähler der FPÖ die Stimme aus Protest geben. Wenn sie damit rechnen müssten, dass Strache auch Regierungschef werden kann, verliert er diese Wähler wieder. Ich schätze, das wären minus zehn Prozent.“

Rudas auf Höseles und Neissers Spuren

Erst vergangenen Freitag hatte die „Initiative Mehrheitswahlrecht und Demokratiereform“, bei der neben Hösele, Ex-ÖVP-Politiker Heinrich Neisser und Ex-ORF-Chef Gerd Bacher an Bord sind, bei einer Pressekonferenz für eine Änderung des Wahlrechts mobil gemacht: Eine gute Möglichkeit wäre ein (personalisiertes) Mehrheitswahlrecht. Dieses würde Alleinregierungen oder „kleine Koalitionen“ (aus SPÖ oder ÖVP mit jeweils einer anderen Partei) ermöglichen. „Es sammeln sich bereits viele Unzufriedene“, meinte Neisser. Er sagte auch, er hoffe, bald endlich (mehr) junge Mitstreiter zu finden. An Laura Rudas dachte er aber vermutlich nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2011)

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