Schuldenbremse in Verfassung: Opposition sagt ab

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Nach dem Nein des BZÖ will die Koalition die Budgetvorgabe bloß einfachgesetzlich beschließen. Die Schuldenbremse wird daher zahnlos ausfallen: Damit kann der Bund die Länder nicht in die Sparpflicht nehmen.

Wien. BZÖ-Obmann Josef Bucher inszenierte seinen Auftritt vor den Medien am Montag staatstragend. Das, obwohl er Oppositionspolitiker ist. Und das, obwohl er eigentlich zu verkünden hatte, dass er den Weg zu einer verfassungsrechtlichen Schuldenbremse nicht frei macht. Bevor er aber damit herausrückte, referierte Bucher im Wiener Palais Epstein zunächst ausführlich über seine Vorstellungen zur Sanierung des Staatshaushalts. Applaus war Bucher, der in seiner „BZÖ-Grundsatzerklärung“ etwa eine Staats- und Pensionsreform forderte, sicher. Das Publikum war vor allem mit orangen Gefolgsleuten bestückt.

Für Gehaltsverhandlungen mit den Beamten habe die Regierungsspitze Zeit, zürnte Bucher. Aber bei ihm hätten es weder ÖVP-Chef Michael Spindelegger noch Finanzministerin Maria Fekter für „wert befunden, mit mir in Kontakt zu treten“, beschwerte sich der Oppositionspolitiker. Von der schwarzen Reichshälfte habe nur Klubobmann Karlheinz Kopf das Gespräch zum Thema Schuldenbremse gesucht. Seitens der SPÖ habe wenigstens Kanzler Werner Faymann mit ihm telefoniert, erklärte der orange Parteichef. Insgesamt lasse das Verhalten der Regierung die nötige „Ernsthaftigkeit“ vermissen, meinte Bucher. Zudem sei die Regierung nicht bereit gewesen, den orangen Forderungen entgegenzukommen, obwohl man selbst zu Abstrichen bereit gewesen sei.

So forderte das BZÖ zuletzt nur mehr einen (unverbindlichen) Entschließungsantrag im Parlament, durch den eine Höchstquote bei Steuern ab 2017 festgelegt werden sollte. Zudem verlangte man aber ein sofortiges Nein zu neuen Steuern (hier wollte die SPÖ nicht mitziehen). Die ÖVP wiederum soll keine Freude mit dem BZÖ-Wunsch nach klaren Sanktionen gehabt haben. So wünschte sich Bucher, dass bei Nichteinhaltung der Schuldenbremse der Finanzminister verfassungsgerichtlich des Amtes enthoben werden kann, wenn dies ein Drittel der Abgeordneten verlange.

Mit dem Nein des BZÖ ist die letzte Hoffnung der Regierung, die nötige Zweidrittelmehrheit zu erhalten, dahin. Denn dafür hätte man zumindest eine Oppositionsfraktion an Bord holen müssen, und Grüne und FPÖ haben bereits zuvor ihr Nein signalisiert. Einigen Vertretern in den Reihen der SPÖ dürfte das Scheitern des Projekts gar nicht so unangenehm sein. So haben der Gewerkschaftsflügel sowie die oberösterreichischen Mandatare bis zuletzt offengelassen, ob sie der Schuldenbremse zustimmen würden. Damit wäre selbst bei einem Ja des BZÖ unsicher gewesen, ob sich eine Zweidrittelmehrheit ausgeht.

SPÖ-Mandatare stimmen geschlossen zu

Nun will die Koalition die Schuldenbremse bei der Parlamentssitzung am Mittwoch nicht im Verfassungsrang, sondern bloß einfachgesetzlich beschließen. Hier wird die SPÖ geschlossen zustimmen, wie der Parlamentsklub am Montagabend in einer Aussendung mitteilte.  In den beschlossenen „Leitlinien“ pochen die SPÖ-Mandatare aber für künftige Verhandlungen auf eine Vermögenssteuer. Zudem dürften Sparmaßnahmen Wachstum und Beschäftigung nicht gefährden.

Rechtlich betrachtet bringt eine einfachgesetzliche Schuldenbremse aber so gut wie gar nichts. Denn damit kann der Bund die Länder nicht in die Sparpflicht nehmen. Zudem könnte jedes simple Budgetgesetz künftig wieder die Schuldenbremse aushebeln. Und der Verfassungsgerichtshof dürfte auch nicht prüfen, ob ein Budget den Finanzvorgaben widerspricht.

SPÖ-Klubchef Josef Cap erklärte am Montag freilich, dass die nun geplante einfachgesetzliche Regelung ein wichtiges Signal sei, „damit der Euro stabil bleibt“. ÖVP-Parteichef Spindelegger rügte die Opposition wegen ihrer Forderungen für die Zustimmung zu einem Verfassungsgesetz scharf: „Wenn es um eine so entscheidende Frage für Österreich geht, wir so unter Beobachtung sind, dann zu sagen, ,Nein, in meinem Schrebergarten brauche ich drei neue Gartenzwerge‘, das ist praktisch die Haltung der Opposition, dann ist das nicht im Sinne Österreichs.“ Auch für SPÖ-Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) ist das BZÖ-Nein „unverständlich“, zumal gerade Bucher in der Vergangenheit für die Schuldenbremse eingetreten sei. Finanzministerin Maria Fekter erklärte sogar, „nicht aufzugeben“, sondern weiter auf eine Zustimmung der Opposition zu hoffen.

Einfaches Gesetz? „Kann man sich sparen“

Experten zeigten sich indes bereits bestürzt über die politische Entwicklung. Eine Schuldenbremse in der Verfassung sei eine Notwendigkeit, sagte der Gouverneur der Nationalbank (OeNB), Ewald Nowotny. Denn Österreich stehe unter internationaler Beobachtung. Auch der Vorsitzende des Staatsschuldenausschusses, Bernhard Felderer, warnte im Gespräch mit der „Presse“ vor der Außenwirkung, wenn aus dem Verfassungsgesetz nichts wird: „Die Schuldenbremse als einfaches Gesetz kann man sich sparen, weil es überhaupt keine Wirkung hat.“ Ein Nichtzustandekommen einer verfassungsrechtlichen Regelung werde einen „sehr negativen Eindruck“ hinterlassen, befürchtet Felderer: „Man wird sich fragen, wie viel Handlungsfähigkeit dieser Regierung noch bleibt.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.12.2011)

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