Wiener VP: Die letzten schwarzen Mohikaner

Wiener letzten schwarzen Mohikaner
Wiener letzten schwarzen Mohikaner(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Die glorreichen Zeiten der Wiener VP sind längst vorbei. Heute kämpft die Partei um das politische Überleben. Nun ruht die Hoffnung auf den Schultern der "neuen Garde".

Nicht wenige in der Wiener ÖVP erinnern sich in diesen (für die Partei) schweren Tagen gern an die „gute alte Zeit“. Jene Zeit, als die Wiener ÖVP ein Wahlergebnis von fast 35 Prozent eingefahren hat. Als sich die internen Sabotageversuche am Wiener VP-Obmann in Grenzen hielten. Als Erhard Busek mit seinen „bunten Vögeln“ für politische Kreativität stand. Als die Wiener VP noch Kapazunder wie einen Jörg Mauthe in ihren Reihen hatte. Doch diese Zeiten sind vorbei.

Bei der Wien-Wahl 2010 erreichte die Stadtpartei nur noch knapp 14 Prozent. Was folgte, war ein politisches Trauerspiel, das erst am Montag (vorerst) seinen Abschluss fand – mit der Designierung von Manfred Juraczka zum Wiener VP-Chef. Eine Wahl, die von Absagen überschattet, mehrere Monate gedauert hat.

Personelle Neuaufstellung. Nun soll die Neuaufstellung der Partei erfolgen. Mit Parteichef Manfred Juraczka, und einem Thinktank, dem vor allem junge VP-Politiker angehören – wie die Josefstädter Bezirksvorsteherin Veronika Mickel und die VP-Nachwuchshoffnung Markus Figl. Sie sind sozusagen die letzten schwarzen Mohikaner, auf deren Schultern die Hoffnung der Wiener VP ruht.

Manfred Juraczka hat eine Herkulesaufgabe vor sich. Sein Vorteil: Die Erwartungen an einen neuen VP-Chef sind gering. Also kann der Wiener nicht wirklich enttäuschen. Trotzdem: Eine Zustimmung im alles andere als intrigefreien Parteivorstand von rund 85 Prozent bei der Kür sind für einen VP-Obmann eine beachtliche Leistung. Dafür dürfte auch das Wesen von Juraczka verantwortlich gewesen sein. Er ist konziliant, kann mit jedem, bindet alle ein, erfüllt auch die Wünsche aller Bünde und Teilorganisationen – was an seinen gleich sechs Stellvertretern zu sehen ist. Ingrid Korosec für die Senioren, Sebastian Kurz für die Jugend, Isabella Leeb und Alexander Biach für den Wirtschaftsbund, Wolfgang Gerstl für den ÖAAB und Veronika Mickel für die Bezirke.

Einer breiten Öffentlichkeit ist Juraczka, der heuer auf eine steile Karriere zurückblicken kann, nicht bekannt. Vor wenigen Monaten noch Bezirksparteichef in Hernals, stieg er innerhalb kurzer Zeit zum nicht amtsführenden VP-Stadtrat und zum Parteichef auf. Dass er aus einer tief schwarzen Familie kommt (sein Vater war vor ihm Vizebezirkschef in Hernals), dürfte ihm nicht geschadet haben. Welchen politischen Gestaltungsspielraum Juraczka hat, bleibt aber offen. Die zahlreichen Stellvertreter, die die ganze Bandbreite der Partei abdecken, zeigen: Jeder Bund und jede Teilorganisation werden bei der Neuaufstellung der Wiener VP mitmischen – möglicherweise auch, um Pfründe zu verteidigen. Die unterschiedlichen Interessen in ein friedliches Zusammenleben umzusetzen, das wird Hauptaufgabe von Juraczka sein.


Auftritt der „jungen Garde“.
Eine bedeutende Rolle an der Seite von Juraczka wird Veronika Mickel (33) spielen. Ursprünglich wollte sich die VP-Zukunftshoffnung, die die Josefstadt-Mehrheit bei der Wien-Wahl 2010 (nach einem grünen Gastspiel) wieder zur VP holte, auf ihren Job als Bezirkschefin konzentrieren. Daraus ist nichts geworden. Zu dünn ist die Personaldecke. Mickel übernahm beispielsweise im Juni die Führung der Wiener VP-Frauen. Vor einigen Wochen wurde sie auch von der (interimistischen) VP-Chefin Gabriele Tamandl in den neuen VP-Thinktank mit jungen Politikern berufen, der Zukunftsstrategien entwickeln soll. Das Ziel: eine junge, moderne und urbane Wiener VP. Dafür wird Mickel langen Atem benötigen. Aber als Halbmarathonläuferin dürfte sie das gewöhnt sein. Und politisch sollte sie sich in der zerstrittenen Partei auch durchsetzen können. Zumindest hat sie ihr Handwerk als Mitarbeiterin des damaligen Umweltministers und späteren Finanzministers Josef Pröll gelernt.


Ein prominenter Name.
Zu den jungen Schwarzen, denen noch eine große Karriere vorhergesagt wird, zählt auch Mickels Kollege im VP-Thinktank, Markus Figl. Der Großneffe von Leopold Figl hat eine bewegte Zeit hinter sich. Zuerst von City-Bezirksvorsteherin Ursula Stenzel abgesägt, dann wiedergekehrt – mit tatkräftiger Hilfe von Staatssekretär Sebastian Kurz.

Die Vorgeschichte: Figl wurde von Stenzel als Bezirksvize vor einem Jahr abgesägt, um ihre Vertraute Jessi Lintl auf diesen Posten zu setzen. Auch, weil die Chemie zwischen Figl und Stenzel nicht gerade die Beste war. Danach gab es Aufregung in der Partei. Sebastian Kurz, damals noch nur Chef der Jungen VP, rückte sofort zur Verteidigung aus und sprach von einem „Putsch“. Offenbar sei Figl einigen Leuten im Bezirk zu stark und zu gefährlich geworden, so Kurz damals. Doch Figl kehrte zurück. Mit hochrangiger Unterstützung wurde er im März überraschend zum Parteichef der Bezirks-VP gewählt – eine Niederlage für Stenzel. Dass er seit einigen Jahren enger Mitarbeiter von Bundesparteichef Michael Spindelegger im Außenamt ist, wird dieses Comeback nicht gebremst haben.

Der 1973 in Wien geborene Figl gilt als sehr selbst- und karrierebewusst. Ihm wird beste Vernetzung innerhalb der Partei nachgesagt. Er war Obmann der Jungen VP in der City und hält den Innenstädter für eine bedrohte Gattung. Sich beschreibt die schwarze Zukunftshoffnung als liberal und wertkonservativ, „und auf alle Fälle als jung-urban – ich lebe ja im Stadtzentrum“. Wie sieht Figl die Zukunft der Wiener VP? „Die Arbeit geht sehr gut voran. Was sich nun abzeichnet, ist ein Generationenwechsel.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.12.2011)

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