Sparpaket: Zeitplan bringt Chaos in Regierung

(c) APA/ANDREAS PESSENLEHNER (ANDREAS PESSENLEHNER)
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Vizekanzler Michael Spindelegger treibt Bundeskanzler Werner Faymann an, im Kanzleramt will man sich allerdings nicht unter Druck setzen lassen: Einigung Ende Jänner oder erst bis zum Ministerrat Ende Februar?

Wien/Ett/Red. Nicht nur wo gespart werden soll, bereitet SPÖ und ÖVP Kopfzerbrechen. Es wird immer deutlicher, dass die Regierung auch nach dem Verlust des TripleA durch die Ratingagentur Standard & Poor's sich nicht einmal einig ist, wann sie ihr Sparpaket zum Schuldenabbau tatsächlich fertigschnüren will. Die ÖVP stellte am Montag klar, dass sie wesentlich rascher als Bundeskanzler Werner Faymann vorgehen will. Es geht darum, ob schon Ende Jänner/Anfang Februar Klarheit über notwendige Einsparungen geschaffen wird oder erst vier Wochen später mit dem Beschluss im Ministerrat. Das sorgt für Chaos in der Regierung.

Vizekanzler Michael Spindelegger ließ am Montag keinen Zweifel, dass das Sparpaket Ende Februar – regierungsintern wird, wie berichtet, der 28.Februar genannt – im Ministerrat beschlossen werden soll. Das würde aber nach der üblichen Vorgangsweise bei Gesetzesbeschlüssen bedeuten, dass die Kernpunkte und Grundsatzentscheidungen bereits vier, spätestens jedoch drei Wochen vorher fallen müssen. Danach müsste das Gesetzespaket in eine – ohnehin verkürzte – Begutachtung geschickt werden. Eine Begutachtung vor dem Beschluss im Ministerrat wäre Experten zufolge bei einem weitreichenden und umfangreichen Sparpaket jedenfalls der reguläre Weg.

Maßnahmen sollen heuer ab Mai gelten

Im Bundeskanzleramt hat man es jedoch bei Schuldenbremse und Sparpaket nicht sehr eilig. „Wir haben noch Zeit“, wurde im Büro Faymann am Montag versichert. Am vergangenen Dienstag war nach dem Ministerrat zwar von Faymann Ende Februar als Termin für die Sparpaketsentscheidungen genannt worden, aber das genaue Prozedere offengeblieben. Erklärtes Ziel der Regierung ist es, dass die ersten Maßnahmen Anfang Mai in Kraft treten, damit rasch Auswirkungen für das Budget 2012 zum Tragen kommen. Aufgrund des dafür notwendigen Fristenlaufes mit einem Parlamentsbeschluss Ende März und der Behandlung im Bundesrat im April macht dies eine politische Einigung über die Kernpunkte bis Ende Jänner/Anfang Februar nötig – außer SPÖ und ÖVP verzichten auf eine Begutachtung vor dem Ministerratsbeschluss.

Das Tempo wird jedenfalls bei der angestrebten Kostendämpfung im Gesundheitswesen erhöht. Das Sparpaket für Gesundheit und Spitäler soll nun in den Grundzügen auch bereits Ende Februar mit den Bundesländern – und nicht erst, wie bisher geplant 2013 – vereinbart sein, betonte Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ). Der Chef des Hauptverbandes der Sozialversicherungen, Hans Jörg Schelling, hatte das Sparziel von 1,8 Milliarden Euro im Gesundheitswesen als realistisch bezeichnet, während die Ärztekammer gegen Einsparungen Sturm läuft.

Auf Länderseite sitzen die Wiener Stadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) und Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) der Bundesregierung gegenüber. In Oberösterreich haben Spitalsreformvorhaben im Land – Schaffung von Schwerpunktkrankenhäusern, Änderung von Ausbauprojekten – beträchtlich Staub aufgewirbelt.

Treffen mit Pröll und Häupl

Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) möchte Länder und Gemeinden beim Sparpaket mit im Boot haben. Verbindungsachse sind dabei vor allem die beiden starken Landeshauptleute, Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) und Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ). Laut „Kurier“ trafen die beiden Montagnachmittag mit Faymann, Spindelegger und Fekter zusammen, um Einsparungen bei Gesundheit, Förderungen und Verwaltung zu besprechen. Die Basis sieht Fekter durch die Vereinbarung im Dezember 2011 unter Federführung des Salzburger Vizelandeshauptmannes David Brenner (SPÖ) bereits gelegt.

Fekter und Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) konnten am Sonntagabend in der ORF-Sendung „Im Zentrum“ verkünden, 2011 sei budgetär besser als veranschlagt gelaufen. Statt der Neuverschuldung von 3,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts soll diese bei 3,2 bis 3,4 Prozent liegen und fünf statt neun Milliarden Euro ausmachen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2012)

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