ÖGB: Schuldenabbau ohne neue Steuern "No-go"

ÖGB: Schuldenabbau ohne neue Einnahmen
ÖGB: Schuldenabbau ohne neue Einnahmen "No-go"(c) APA/GEORG HOCHMUTH (Georg Hochmuth)
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"Wenn alle gleichzeitig kaputtsparen, kann die Rezession nur schärfer werden“, sagt ÖGB-Chef Foglar im "Presse"-Gespräch.

Wien. „Unsere Kernbotschaft ist: Alle, die sagen, jetzt müssen wir noch schneller und noch mehr sparen, arbeiten massivst am nächsten Downgrading.“ Der Präsident des Gewerkschaftsbundes (ÖGB), Erich Foglar, lässt im Gespräch mit der „Presse“ mit der Begründung aufhorchen, dass er inhaltlich durch die Argumentation der Ratingagentur Standard & Poor's Rückenwind für die ÖGB-Linie zur Schuldenbremse spürt. Denn die Agentur habe selbst nach der Herabstufung mehrerer EU-Staaten und Österreichs gewarnt, nur durch Einsparungen Schulden abzubauen. Der ÖGB-Präsident hakt hier ein: „Wenn alle gleichzeitig kaputtsparen, kann die Rezession nur schärfer werden.“

„So unnötig wie ein Kropf“

Auch wenn sich Foglar inhaltlich im Gleichklang mit der Ratingagentur sieht, kritisiert er Vorgangsweise und Zeitpunkt der Neubewertung von neun Staaten, weil dies die Probleme der EU „noch größer“ mache. Nachsatz: „Da kann man sich die Frage stellen, ob das nicht so unnötig wie ein Kropf ist.“

Morgen, Freitag, wird es bei einer Sitzung von gut hundert Funktionären des ÖGB und der Arbeiterkammer zur Information über die Lage in der EU und in Österreich, dann zur Diskussion und schließlich zu einer grundsätzlichen Positionierung kommen. An die Adresse der Regierung und der ÖVP schickt der Gewerkschaftspräsident bereits voraus, es müsse ein „wohldosiertes, sozial ausgewogenes und keinesfalls beschäftigungsstörendes“ Maßnahmenpaket zum Schuldenabbau geben.

Der ÖGB könne sich „nicht vorstellen“, dass es nur ausgabenseitig Einsparungen und keine Maßnahmen bei Vermögensteuern gibt. „Das ist für uns ein No-go“, stellt er unmissverständlich fest. Im Gegensatz zu Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) oder Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) legt sich Foglar nicht auf ein Verhältnis für Einsparungen und neue Steuereinnahmen fest: „Von mir werden Sie keine Zahlenspielereien hören, weil das nicht zielführend ist.“

„Reine Pensionskürzungen“

Sehr wohl zu hören gibt es jedoch eine klare Festlegung bei zwei Diskussionspunkten. Es dürfe keine „sozialen Härten“ und keine Maßnahmen bei Steuern, die alle betreffen, geben: „Das scheidet Massensteuern ebenso wie eine allgemeine Einkommensteuererhöhung aus.“ Außerdem lehnt er höhere Abschläge für Frühpensionen, auf die die ÖVP vehement drängt, glatt ab: „Das ist eine reine Pensionskürzung.“

Zugleich stellt er für den ÖGB außer Streit, dass es zu einem Abbau der Staatsschulden kommen müsse. Für das Treffen morgen, Freitag, heiße dies: „Wir diskutieren nicht, ob wir das Defizit reduzieren müssen, es geht uns nur um das Wie.“ Foglar verwahrt sich deswegen auch gegen den Vorwurf, ein Blockierer zu sein: „Wir sind nicht nur auf der Njet-Position.“ So habe der ÖGB mit den anderen Sozialpartnern ein Konzept zur Rehabilitation, um ältere Arbeitnehmer im Beruf zu halten und Arbeitsplätze zu sichern, an die Regierung übergeben.

Entschieden lehnt Foglar den von der Regierungsspitze angekündigten „Aufnahmestopp“ im öffentlichen Dienst ab. Denn, so warnt Foglar: „Das ist so was von praxisfern.“ Wenn gesagt werde, Personal solle eingespart werden, „ist das nachvollziehbar, ob es gescheit ist, ist eine andere Frage“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.01.2012)

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