Bundesheer: Darabos' Startschuss für Pilotprojekte

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Darabos präsentiert Pilotprojekte für Bundesheerreform. Im Februar beginnen die Versuche zur Einführung einer Freiwilligenmiliz und einer Reduktion der Systemerhalter. Kosten: zwischen acht und zehn Mio. Euro.

Wien. 2011 ist er gescheitert, jetzt will er es nochmals probieren: Am Montag präsentierte Norbert Darabos (SPÖ) bei einer Pressekonferenz drei Pilotprojekte für eine Bundesheerreform. Damit will der Verteidigungsminister beweisen, dass ein Berufsheer in Österreich funktionieren kann.

Gegner dieser Idee finden sich allerdings nicht nur beim Koalitionspartner, sondern auch in den vordersten Rängen des Heeres: Bei der Präsentation der Projekte war auch Edmund Entacher dabei – noch vor einem Jahr lieferte sich der Generalstabschef eine heftige Diskussion über die Abschaffung der Wehrpflicht mit dem Minister, die zu seiner Abberufung führte.

Im November kehrte Entacher allerdings zurück: Die Berufungskommission hob den Versetzungsbescheid des Verteidigungsministeriums ersatzlos auf, da sie „rechtlich nicht möglich“ war. Als Journalisten Entacher am Montag um seine Meinung zu den Projekten fragten, konnte er sich ein Grinsen nicht verkneifen: „Die Projekte werden wie befohlen durchgezogen“, hieß es knapp vom bekennenden Berufsheergegner.

Die Versuche starten im Februar und sollen im Sommer erste Erkenntnisse bringen. Insgesamt werden sie drei Jahre lang laufen. Kostenpunkt: Acht bis zehn Millionen Euro. Woher das Geld genau kommen wird, wurde am Montag im Detail nicht preisgegeben. Durch „Umschichtungen“ soll das Geld aus dem laufenden Budget kommen. Unter anderem werden Bauvorhaben zur Finanzierung der Pilotprojekte verschoben.

Projekt „Freiwilligenmiliz“

Über eine Million Euro werden die „ohnehin von Medien gegeißelten“ Prämien für Milizsoldaten ausmachen, so Entacher. Eines der Pilotprojekte sieht vor, zwei Miliz-Pionierkompanien mit jeweils 115 Soldaten aufzustellen – mit einer Jahresprämie von 5000Euro pro Kopf. Die Soldaten erklären sich freiwillig bereit, pro Jahr rund zwei Wochen für Übungen und erforderliche Einsätze zur Verfügung zu stehen. „Versuchskaninchen“ dieses Projekts werden die Pionierkompanien Salzburg und Niederösterreich sein, da es in diesen Gebieten am häufigsten zu Naturkatastrophen komme.

Das zweite Projekt betrifft insgesamt sechs Standorte in der Steiermark, Kärnten und Wien – darunter auch das Ministerium selbst: Sie werden in Zukunft auf die Verwendung von Grundwehrdienern als Systemerhalter verzichten. Das bedeutet, dass Köche, Wachsoldaten, Fahrer und Gehilfen aller Art ersetzt werden. Ihre Aufgaben übernehmen Zivilbedienstete, Lehrlinge oder gar technische Hilfsmittel wie Kameras für Überwachungen. Pro Jahr sollen dadurch etwa 350Soldaten ausgelagert werden. Das heißt aber nicht, dass weniger Wehrpflichtige einberufen werden – sie werden nur woanders eingesetzt.

Das dritte Pilotprojekt hat die Professionalisierung von Verbänden zum Ziel. Im Klagenfurter Jägerbataillon 25 sollen in Zukunft lediglich Berufs- und Zeitsoldaten im Einsatz sein. Das Bataillon soll bis Mitte 2014 neben den bereits heute bestehenden 150 Berufssoldaten über ca. 350 weitere Berufs- und Zeitsoldaten verfügen. Die Rekrutierung beginnt sofort. Bis Anfang 2014 soll das Bataillon über erste Einsatzbereitschaft für Inlandsaufgaben, ab Juli 2014 über volle Einsatzbereitschaft verfügen.

Kritik gab es am Montag von der ÖVP: Diese „militärischen Pyramidenspiele“ würden „die Sicherheit des Landes gefährden“ und das „Budget verpulvern“, so ÖVP-Wehrsprecher Oswald Klikovits. Für Darabos sind die Kosten trotz angespannter Budgetlage „gerechtfertigt“. Die Pilotprojekte seien zwar teurer als der Regelbetrieb. Würde man allerdings das Berufsheer einführen, sei es auf längere Sicht nicht teurer als die Wehrpflicht.

Kritik der Freiheitlichen

Auch die FPÖ zeigt wenig Begeisterung für die Pläne des Verteidigungsministeriums. Allerdings erntete Darabos am Montag auch in seiner Funktion als Sportminister Kritik: In einem ORF-Interview am Sonntag hatte Darabos gemeint, Mario Matt habe beim Ski-Weltcup-Slalom in Kitzbühel „leider nur den zweiten Platz“ erreicht. Für die FPÖ sei diese Aussage eine „Entgleisung“, die Partei verlange sogar eine Entschuldigung. Außerdem hätten die Rennen in Kitzbühel nur stattfinden können, weil Grundwehrdiener die Piste „gerettet“ hätten.

Auf einen Blick

Norbert Darabos wollte bereits im Herbst 2011 eine Bundesheer-Reform durchsetzen. Drei Pilotprojekte sollen nun beweisen, dass ein Berufsheer in Österreich bestehen kann: Die Aufstellung einer Freiwilligenmiliz, die Reduktion von Systemerhaltern (wie Köche und Fahrer) sowie die Professionalisierung von Verbänden. Die Versuche laufen drei Jahre lang und kosten zwischen acht und zehn Mio. Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2012)

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