Das Sparpaket wird in die Länge gezogen

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SPÖ und ÖVP verhandeln noch Einsparungsmaßnahmen. Fest steht, dass diese nur als Ziele gesetzlich festgeschrieben werden sollen und somit teils aufgeschoben werden. Neue Steuern werden schneller realisiert werden.

Wien/Ett/Oli/Pri/No. Neue Steuern? Darüber spricht man nicht. Man beschließt sie lieber. Offiziell wird die Regierung erst kommende Woche über einnahmenseitige Maßnahmen verhandeln. Bis jetzt ging es in den Sitzungen der SPÖ-ÖVP-Teams um Sparmaßnahmen. Allerdings wurden inoffiziell die Eckpunkte bereits geklärt: Somit dürfte es beim Thema Steuern schnellere Fortschritte als beim Sparen geben. Erste bringen auch ebenso schnell Geld wie Beitragserhöhungen im Sozialbereich. Gegen strukturelles Sparen war und ist der Widerstand groß – wenn auch nicht ausschließlich aufseiten der SPÖ, wie es in der ÖVP immer gern dargestellt wird.

Dort sträubt sich etwa Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich gegen Einschnitte für seine Bauern – ähnlich beharrend tritt SPÖ-Infrastrukturministerin Doris Bures auf, wenn es um die ÖBB geht. Kanzler Werner Faymann gibt sich zwar kompromissbereit, bleibt aber in konkreten Punkten ausweichend – und telefoniert regelmäßig mit seinem Ratgeber, Werner Muhm von der Arbeiterkammer.

Fest steht, dass das sogenannte Sparpaket aus zahlreichen Absichtserklärungen bestehen wird; die Ziele werden zwar – auch gesetzlich – festgelegt, der Weg dorthin wird aber Inhalt weiterer Verhandlungen sein. Vor allem bei den zwei wichtigsten Kostentreibern im Budget soll je nach finanzieller Situation nachgebessert werden, und manche Maßnahmen sollen erst später entschieden werden: sowohl bei den Pensionen als auch bei der Gesundheit, bei der sich die Bundesländer zu Budgetzielen (gesetzlich) verpflichten sollen.

Pension

Entgegen Meldungen mancher Medien haben sich SPÖ und ÖVP bei den Pensionen noch nicht zu 100Prozent geeinigt. Besonders umstritten sind Verschärfungen für Frühpensionisten durch eine Anhebung der Abschläge, die für künftige Pensionisten zu einer niedrigeren Pension führen. Davon hängt wiederum ab, was etwa ein Hinaufsetzen des Antrittsalters der sogenannten „Korridorpension“ (eine Form der Frühpension mit Abschlägen) von 62 auf 63 Jahre finanziell bringt.

Um rasch mehr Geld hereinzubringen, plant die Koalition – wie in anderen Bereichen – Bezieher von höheren Pensionen und Sonderpensionen (Politiker, Nationalbank, Sozialversicherung) stärker zur Kasse zu bitten.

Gesundheit

Um die Kostensteigerungen für das Gesundheitswesen und die Spitäler zu dämpfen, sind SPÖ und ÖVP sich einig, die Ausgaben mit dem Wirtschaftswachstum zu begrenzen. Dadurch sollen die Kosten um 1,8 Milliarden Euro gedrückt werden. Allerdings hängt die Umsetzung im Gesundheitswesen an den Ländern, die dabei eine wichtige Rolle spielen. Um rasch Einnahmen zu lukrieren, sollen die Krankenkassenbeiträge der Pensionisten erhöht werden. Begründung: Für diese Gruppe seien auch die höchsten Ausgaben nötig. Dem Vernehmen nach wird eine Erhöhung von 5,1 Prozent der Bruttopension um 0,5 Prozentpunkte ins Auge gefasst.

Subventionen

Von den insgesamt rund 18 Milliarden an Förderungen und Subventionen sollen zwei Milliarden gestrichen werden, nämlich dort, wo es Doppel- und Mehrfachförderungen von Bund, Ländern und Gemeinden gibt. Der Sanktus der Länder ist ausständig, die Höhe der Einsparungen bei ÖBB und Landwirtschaft ebenso.

Beamte

Fix ist für die Regierungsspitze, dass zusätzlich pro Jahr bis 2016 tausend Posten eingespart werden sollen (Ausnahme: Sicherheit und Lehrer). Bezweifelt wird, ob tatsächlich eine Art Sondersteuer für Beamte als Beitrag zur Arbeitsplatzsicherung kommt. Meldungen über ein einmaliges Aussetzen der automatischen Gehaltsvorrückungen alle zwei Jahre (Biennien) werden nicht bestätigt, es könnte aber dazu kommen, weil auch das ab Mai rasch Einsparungen bringt.

Steuer – Vermögen

Eine reine Vermögensteuer wie von der SPÖ gefordert kommt offenbar nicht. Dafür wird es sicher eine Umwidmungsabgabe bei Grundstücken geben. Und den Wegfall der zehnjährigen Spekulationsfrist beim Verkauf von Immobilien, in denen man nicht (mehr) selbst wohnt. Ein Solidaritätszuschlag für Besserverdienende ist geplant, möglicherweise wird für diese die Steuervergünstigung beim 13. und 14.Gehalt gestrichen. Diskutiert wird noch die Wiedereinführung der Erbschaftssteuer. Eine „Liste der Schande“ für Steuersünder lehnt nun auch Kanzler Faymann ab: Man setze auf Kontrollen und Betrugsbekämpfung.

Massensteuer

Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer wurde verworfen. Mit einer Ausnahme: jener auf Luxusgüter. Die Mineralölsteuer soll weiter angehoben und eine höhere Alkoholsteuer auf Spirituosen eingeführt werden.

Verwaltung

Einsparungen wurden im Justizbereich verlautbart. Bezirksgerichte sollen geschlossen werden. Viel Geld gäbe es im Bildungsbereich zu holen, bei Landes- und Bezirksschulinspektoren. Angedacht wird zudem, bei der Politik zu sparen: Der Bundesrat könnte schlanker werden, auch die Zahl der Nationalratsmandatare könnte sinken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2012)

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