Steuer- und Sparpaket: Firmen zur Kasse? Kampf eskaliert

(c) APA (ROBERT JAEGER)
  • Drucken

Die Arbeiterkammer (AK) und der Gewerkschaftsbund (ÖGB) lassen bei den Schranken für eine Gruppenbesteuerung und einer Erbschaftssteuer nicht locker. Der ÖVP-Wirtschaftsbund warnt: "Das wäre ein Wahnsinn".

Wien. Je länger die Regierung über das Maßnahmenpaket zur Reduktion der Staatsschulden verhandelt, umso erbitterter wird der Konflikt um neue Steuern geführt. Arbeiterkammer (AK) und Gewerkschaftsbund (ÖGB) sehen wegen der erst längerfristig wirkenden Spar- und Reformprojekte speziell für heuer keinen anderen Weg als neue Einnahmen und einen Beitrag der Unternehmen. Für AK-Direktor Werner Muhm, der als wichtigster Berater von Bundeskanzler Werner Faymann in diesen Fragen gilt, und den Leitenden ÖGB-Sekretär Bernhard Achitz, gibt es dazu keine Alternative.

„Wir wollen auch nicht haben, dass nach so einem Paket die Republik brennt“ – Muhm unterstreicht damit, dass die Vorschläge von Arbeiterkammer und ÖGB für Vermögens- und Erbschaftssteuern wie für die SPÖ weiter auf dem Verhandlungstisch seien. Muhm greift die ÖVP an, die bis 2016 zehn Milliarden Euro durch Einsparungen aufbringen will: „Es gibt große Brocken, wo die Glocke drübergegeben ist.“ Die ÖVP hat die Familienförderung mit acht Milliarden Euro für tabu erklärt. Dabei koste das von AK und Industriellenvereinigung gemeinsam vorgestellte neue Modell der Familienförderung mit mehr Kinderbetreuungsplätzen und Gutscheinen 200 Millionen Euro weniger. Auch in der Schul- und Uni-Verwaltung könnte deutlich gespart werden.

Kriegserklärung für ÖVP-Wirtschaftsbund

Die Arbeitnehmervertreter nehmen auch nicht kampflos hin, dass Förderungen für Großbauern und ein Beitrag der Unternehmen ausgeklammert wird. So solle es für Firmen einen Riegel gegen Unterkapitalisierung wie in Nachbarländern geben. „Es geht uns nicht um Unternehmensvertreibung“, beteuert Muhm; Einschränkungen bei der Gruppenbesteuerung seien ohne negative Folgen für Österreich möglich, glaubt er.

Für den ÖVP-Wirtschaftsbund ist das Festhalten von AK und ÖGB und deren Druck auf die Regierung mit diesen Plänen eine offene Kriegserklärung. Binnen zehn Jahren habe es bis 2010 insgesamt 1603 Ansiedlungen ausländischer Betriebe gegeben. Die Gruppenbesteuerung, die es ermöglicht, dass Konzerne Verluste ausländischer Tochterfirmen gegenrechnen, sei ein „wesentlicher Teil“ der guten Rahmenbedingungen. „Dass es ein minimales Optimierungspotenzial gibt, hat Finanzministerin Fekter schon gesagt“, erläutert Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner der „Presse“, „aber eine große Veränderung vorzunehmen oder die Gruppenbesteuerung abzuschaffen wäre ein Wahnsinn“. Haubner schickt noch eine Breitseite nach: „Wenn der Herr Muhm der einzige Wirtschaftsberater des Herrn Bundeskanzlers ist, dann mache ich mir Sorgen um den Standort.“

ÖGB-Experte Achitz weist die Kritik zurück, die Arbeitnehmerorganisationen würden nur neue Abgaben – von Vermögensteuern über die Wiedereinführung der Erbschaftssteuer bis zur Solidarabgabe von Spitzenverdienern – vorschlagen. Mit dem von den Sozialpartnern im Oktober vorgelegten Konzept zur Vorbeugung für Früh- und Invaliditätspensionen könne ab 2015/16 pro Jahr eine Milliarde Euro bei den Pensionen gespart werden. Höhere Abschläge für Frühpensionisten bleiben freilich ein „No-go“.

ÖGB: Pro Überstunde ein Euro von Firmen

Kurzfristig sollen die Unternehmen stärker zur Kasse gebeten werden: Für die erste Woche Arbeitslosigkeit müssten sie die Kosten in einer Art „Selbstbehalt“ übernehmen. Um Überstunden unattraktiver zu machen, müssten Unternehmen, aber auch der Bund, pro Überstunde je 50 Cent an die Arbeitslosen- und Krankenversicherung zahlen. Das wären bei rund 350 Millionen Überstunden im Jahr 350 Millionen Mehreinnahmen.

Haubner warnt besonders wegen der Erbschaftssteuer: „Die ist eine Katastrophe für Betriebsübernahmen.“ Die AK will für diese Ausnahmen. Haubner fragt sich, wie die AK dann auf veranschlagte 500 Millionen Euro an Einnahmen komme.

Auf einen Blick

Werner Muhm, geboren am 8. April 1950, ist seit 2001 Direktor der Wiener Arbeiterkammer. Dort hat der Betriebswirt nach dem Studium 1975 in der Wirtschaftspolitischen Abteilung seine Karriere begonnen. Jetzt ist er der „Einflüsterer“ schlechthin von Bundeskanzler Werner Faymann in Wirtschafts- und Steuerfragen. 2010 wurde er vom Kanzler mit dem Großen Goldenen Ehrenzeichen geehrt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.01.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.