Gutachten: ELGA-Entwurf nicht verfassungskonform

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Keine Zustimmung von Patienten und Eingriff in die Privatsphäre: AK und Juristen äußern Kritik. Die Datenbank würde Informationen über die gesamten Lebensgewohnheiten umfassen.

Wien/Ib/Apa. In einem offenen Brief an die Bundes- und Landesregierungen protestierte die Ärztekammer am Mittwoch gegen den Gesetzesentwurf über die Elektronische Gesundheitsakte (ELGA) erneut. Diesmal hatte sie sich allerdings juristische Unterstützung geholt: Der Verfassungsjurist Heinz Mayer stellte in einem Gutachten fest, dass der Gesetzesentwurf von Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) in einigen Punkten gegen das Verfassungsrecht verstoße.

Die Datenbank soll alle „Gesundheitsdaten“ der Patienten erfassen – ein Begriff, der für Mayer zu undefiniert ist: „Darunter fallen alle Daten über die physische und psychische Befindlichkeit der Menschen sowie die Faktoren, die sie beeinflussen. Das könnte alles sein, von den Hobbys der Patienten bis zum Konsum von Genussmitteln.“ Die Datenbank würde Informationen über die gesamten Lebensgewohnheiten umfassen.

Ein weiterer Kritikpunkt: Alle Patienten sollen im ELGA-System automatisch erfasst werden. Wer nicht will, dass seine Gesundheitsdaten auf diesem Weg verfügbar gemacht werden, muss es extra bekannt geben. „Diese Möglichkeit des Opt-out kann eine Zustimmung nicht ersetzen. Denn genau die wäre verfassungsrechtlich notwendig“, sagt Mayer. Würde man die Zustimmung der Patienten abfragen, wären die Datenschutzrechtlichen Probleme in diesem Fall beseitigt.

Aus dem Gesundheitsministerium hieß es diesbezüglich am Mittwoch, dass die obersten EU-Datenschützer eine Opt-out-Regelung bei Patientendaten für zulässig befunden hätten. Außerdem gebe es so eine Regelung bereits – und zwar beim Organspenden. Dem Ministerrat werde demnach ein „wasserdichter Entwurf zugeleitet werden“ – nur wann, sei noch unklar.

Auf einen Blick

Die Elektronische Gesundheitsakte (Elga) soll die Gesundheitsdaten aller Patienten in Österreich erfassen und für Ärzte, Spitäler und Pflegeeinrichtungen abrufbar sein. Laut Plan wird Elga ab 2015 (erste Einführungsschritte schon ab 2013) verpflichtend bei allen Kassenärzten und öffentlichen Krankenhäusern zur Anwendung kommen. Datenschützer kritisieren allerdings dieses Vorhaben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2012)

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