Viele Klagsdrohungen, kaum Urteile

(c) Clemens Fabry
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Die Israelitische Kultusgemeinde und die Freiheitliche Partei begegnen sich wieder einmal gegenseitig mit Anzeigen. Das passiert nicht das erste Mal, am Ende steht aber meist kein rechtskräftiger Richterspruch.

Nach den jüngsten Aussagen von Heinz-Christian Strache („Wir sind die neuen Juden“) am Burschenschafterball kündigte die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) prompt eine Anzeige gegen den FPÖ-Chef an. Zuvor hatte der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf erklärt, Anzeige gegen IKG-Präsident Ariel Muzicant zu erstatten. Er habe mir seinem Aufruf zu Gegendemonstrationen den Tatbestand der Verhetzung gegen eine Gruppierung wegen deren Weltanschauung erfüllt.

Es ist nicht das erste Mal, dass sich IKG und FPÖ rechtlich duellieren wollen. Doch den lautstarken Drohungen folgt am Ende meist kein Urteil, oder zumindest kein rechtskräftiges. Im Jahr 2001 konnte Muzicant immerhin zivilrechtlich eine einstweilige Verfügung gegen den Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider erwirken. Demnach durfte Haider seine bei einer Aschermittwochsrede getätigte Aussage („Ich verstehe überhaupt nicht, wie einer, der Ariel heißt, so viel Dreck am Stecken haben kann.“) nicht mehr wiederholen. Muzicants Anwalt erklärte damals, das Verfahren bis zum Ende durchzufechten – und auf keinen Fall einen Vergleich mit Haider schließen zu wollen. Ein Jahr später kam es zum Vergleich, Haider entschuldigte sich.


„Intelligenter Idiot“. Umgekehrt hatte die FPÖ bereits 1999 angekündigt, Muzicant klagen zu wollen, weil er die FPÖ in die Nähe von Gewalttaten rücke. Die Klagsdrohung verpuffte. Nichts wurde es auch mit einem Richterspruch beim pikanten Konflikt zwischen der IKG und dem einstigen (jüdischen) FPÖ-Generalsekretär Peter Sichrovsky. Dieser hatte Muzicant als „intelligenten Idioten“ und als „unendlich geldgierig“ bezeichnet. Das Europäische Parlament, dessen Abgeordneter Sichrovsky war, stimmte dem Auslieferungsantrag aber nicht zu.

Im aktuellen Streitfall rund um den Wiener WKR-Ball geht es um strafrechtliche Vorwürfe. Die Aussichten auf eine Verurteilung stehen nach Ansicht von Juristen aber in beiden Fällen wieder gering. So darf bereits bezweifelt werden, dass die Burschenschafter eine eigene „Weltanschauung“ darstellen. Selbst wenn, wäre es sehr fraglich, ob die Aufrufe zur Demo einer Verhetzung gleichkamen. Andererseits dürften Straches Äußerungen nicht ausreichen, um eine Wiederbetätigung nach dem NS-Verbotsgesetz darzustellen.

Strafrechtlich verurteilt wurde in diesem Zusammenhang hingegen der einstige FPÖ-Mandatar John Gudenus. Er hatte im Jahr 2005 erklärt, es habe nicht im Dritten Reich, sondern nur in Polen Gaskammern gegeben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2012)

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