Felderer: „Wenn wir das alle drei Jahre machen, kommen wir weiter“

Felderer Wenn alle drei
Felderer Wenn alle dreiAPA (Pfarrhofer)
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IHS-Chef Felderer und Pensionsforscher Marin zum Sparpaket: Kaum echte Reformen, viel hängt an Durchsetzbarkeit.

Wien/UW. Viele kleine Schritte statt großer Würfe. Und viele Fragezeichen. So lässt sich das Urteil von Bernhard Felderer vom Institut für Höhere Studien und vom Pensionsexperten Bernd Marin über das Sparpaket zusammenfassen.

„Ich habe Zweifel, ob sich alles durchsetzen lässt“, sagt Felderer. Aber nur dann – und auch nur, wenn das Wirtschaftswachstum mithelfe – , so der IHS-Chef weiter, könnte das in der Schuldenbremse angestrebte Ziel erreicht werden: die Senkung des strukturellen Defizits bis 2017 auf 0,35 Prozent für den Bund (plus 0,1 Prozent für Länder, Gemeinden). Prinzipiell sei das Paket in Ordnung, es könne aber nur ein Anfang sein, sagt Felderer: „Wenn wir das alle drei Jahre machen, kommen wir einen Schritt weiter.“ Inhaltlich kritisiert er, dass die Verwaltungsreform zu kurz gekommen und der Steueranteil „für meinen Geschmack zu hoch“ ausgefallen sei. Für eine befristete Solidarabgabe habe er jedoch Verständnis, weil das für die Zustimmung von gewissen Bevölkerungsteilen wichtig sei. Felderer warnt aber davor, dass die Reichensteuer zur Dauereinrichtung wird – „das würde das Land für Gutverdienende unattraktiv machen“. Was echte Strukturreformen betrifft, sieht er im ganzen Paket eine einzige: die Pensionen.

Pensionen: „Äußerst moderat“

Pensionsexperte Marin findet das Ergebnis „als gelernter Österreicher ambitioniert“. Gemessen an dem, was nötig wäre und international geschieht, sei es aber wenig – „wenn man bedenkt, dass es in Deutschland vier Nulllohnrunden seit 2005 gab und in Italien das Frauenpensionsalter ab sofort bis 2018 um sechs Jahre angehoben wird und die Pensionen drei Jahre eingefroren werden.“ Jedoch: „Immerhin ist es eine Trendumkehr.“
Ob das Ziel – die Erhöhung des faktischen Pensionsantrittsalters um vier Jahre bis 2020 – erreicht werde, sei ganz offen: „Das hängt an den Details und der Umsetzung.“ Zu den einzelnen Punkten sagt Marin: Die Pensionsanpassungen unter der Inflationsrate in den Jahren 2013 und 2014 seien „äußerst moderat“: „Es verletzt zwar das Gesetz, aber in Wahrheit ist es nur ein Ausgleich zu den Pensionsanhebungen über der Inflationsrate in der Vergangenheit.“

Rascher Systemwechsel

Die Verschärfung der Voraussetzungen für die Korridor- und Hacklerpension sei insofern besser als eine simple Anhebung des Antrittsalters von 62 auf 63 Jahre, weil Letztere nur einmal Geld gebracht hätte. Andererseits bedeute es bei der Korridorpension auch eine Freiheitseinschränkung: „Der Einzelne ist in der Entscheidung, wann er in Pension geht, weniger frei.“ Liberaler wären stattdessen deutlich höhere Abschläge bei einem früheren Pensionsantritt gewesen: etwa sieben bis acht Prozent statt 5,1 Prozent. Den größten (potenziellen) Hebel sieht er längerfristig bei der Invaliditätspension: Die vorgesehene Ausgliederung der I-Pension für unter Fünfzigjährige betreffe nur wenige, man hätte sie für alle aus dem Pensionsversicherungsystem in die Kranken- oder Arbeitslosenversicherung ausgliedern sollen. Das könne dann eine wesentliche Verhaltensänderung bei der größten Gruppe der Betroffenen zwischen 50 und 60 Jahren bewirken. Den Systemwechsel bei den Pensionen und den raschen Übergang zu Sockelpensionen für das Allgemeine Pensionskonto statt der „kafkaesken“ Parallelrechnungen begrüßt Marin. Details und Folgen seien aber auch hier noch unbekannt.

("Die Presse" Printausgabe vom 11.2.2012)

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