„Chefinnen“ kontra Sparpaket: Häme für Rot-Schwarz

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Nach dem Beschluss im Ministerrat widmete sich der Nationalrat dem Steuer- und Sparpaket. Kanzler und Vize verteidigten es erneut, die Opposition konterte – und kritisierte auch gleich die Frauenpolitik.

Wien. Am Donnerstag hatten die Frauen den Nationalrat erobert – oder vielmehr war das der Wunsch, den die Grünen via grellgrüner T-Shirts kommunizierten. „Mehr Chefinnen“ lautete die Botschaft auf den Shirts, die sich die 20 Grün-Abgeordneten fast geschlossen zum Frauentag übergezogen hatten (eine Ausnahme bildete Kurt Grünewald). Und die Chancen von Frauen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft – oder vielmehr fehlende Chancen – waren auch ein Hauptthema im Plenum.

Dabei war der Anlass für die Sondersitzung ein anderer: Nach dem Beschluss am Dienstag im Ministerrat stand das Steuer- und Sparpaket der Regierung über fast 28 Milliarden Euro bis 2016 im Nationalrat zur Debatte. Und erwartungsgemäß fanden die einen – Kanzler, Vizekanzler und Finanzministerin – durchwegs positive Worte für das Paket: Es sei wichtig für ein Klima des Vertrauens sowie für eine „berechenbare Entwicklung“ des Landes (SPÖ-Kanzler Werner Faymann); es sei ein „Gesamtpaket aus längerfristigen Maßnahmen, die den Sanierungskurs unterstreichen“ (ÖVP-Vize Michael Spindelegger); bald müssten weitere Schritte wie eine stärkere Einbindung der Länder folgen – „und ich ersuche das Hohe Haus, dieses Paket positiv zu verabschieden“ (ÖVP-Finanzministerin Maria Fekter). Ende März soll der Beschluss darüber im Nationalrat fallen.

Die Opposition kritisierte das Paket wie schon in den Vortagen heftig. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sprach von einer „Loch-auf-Loch-zu-Politik“ der Regierung; die 599 Vorschläge des Rechnungshofs für Strukturreformen habe man wieder nicht umgesetzt.

Bucher: „98 Luftblasen“

Grünen-Chefin Eva Glawischnig ärgerte sich, dass die Regierung erneut von einer „Alternativlosigkeit“ zum Spar- und Steuerpaket gesprochen habe: „Wieso überlegen Sie sich keine Alternative?“ Und BZÖ-Chef Josef Bucher sprach von einer „schamlosen Ausbeutung der Menschen“: Statt 98 richtungsweisender Gesetze biete das Paket 98 „Luftblasen“ bis 2016. Künftige Regierungen und das Volk müssten das dann ausbaden.

Davor hatten Regierungsvertreter und Abgeordnete von Rot und Schwarz einhellig betont, dass man die Belastung „fair und gerecht“ verteilt habe, und von Massensteuern habe man bewusst abgesehen. Vom Koalitionskurs wich später SPÖ-Klubchef Josef Cap ab. „Alle zahlen Vermögensteuern, nur Österreich nicht. Wen wollen Sie unterstützen? Nur die Reichen?“, fragte er in Richtung ÖVP. Verständnisloses Kopfschütteln beim schwarzen Klubchef Karlheinz Kopf.

Und immer wieder das Thema Frauen: Mehrere Oppositionelle erinnerten an die „Gehaltsschere“ zwischen Männern und Frauen oder an die „Teilzeitfalle“ für Frauen, Strache sprach „Zwangsverheiratungen oder Ehrenmorde“ an – es sei „noch viel zu tun“.

Da überstrahlten die grellen T-Shirts der Grünen noch immer den Sitzungssaal – wenigstens farblich. Die Botschaft war mitunter um ein paar Buchstaben geschrumpft: Verdeckt von den Sakkos mancher Herren war plötzlich nur noch vom „Chef“ zu lesen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.03.2012)

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