Überblick: Die Telekom als "Bankomat" der Politik

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Die Parteispendenaffäre weitet sich aus: Die Telekom Austria soll die ÖVP, FPÖ und das BZÖ bei deren Wahlkämpfen großzügig unterstützt haben. Auch ein SP-Abgeordneter ist im Visier der Ermittler.

Die Parteispendenaffäre rund um die Telekom Austria und ihren Lobbyisten Peter Hochegger weitet sich aus. Am Dienstag wurde bekannt, dass das Bundesamt für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) auch den VP-Arbeitnehmerbund ÖAAB im Visier hat. Bisher sind Zahlungen in Millionenhöhe bekanntgeworden, die insbesondere an die schwarz-blau-orangen Regierungsparteien der Jahre 2000 bis 2006 flossen - wofür die Telekom medial bereits als "Bankomat" der Politik gescholten wurde.

ÖVP

Hocheggers Valora soll nach der Nationalratswahl 2008 die Rechnung für eine im Wahlkampf von der ÖVP beauftragte Agentur bezahlt haben. Die Geschäftsführerin der Agentur "White House" wird am Donnerstag im U-Ausschuss aussagen. Hochegger hatte zuvor im Ausschuss angegeben, der Auftrag für die 96.000 Euro-Zahlung an "White House" sei von Michael Fischer gekommen, dem früheren ÖVP-Organisationsreferenten und mittlerweile beurlaubten Public-Affairs-Manager der Telekom.

Seit längerem bekannt ist ein 15.000-Euro-Beitrag der Telekom für den Bundestag des VP-Arbeitnehmerbundes ÖAAB im Herbst 2007. Nun wurde eine weitere 10.000 Euro-Zahlung an den "Wiener Pressverein" bekannt, der die ÖAAB-Zeitung "Freiheit" herausgibt. In diesem Zusammenhang will die Staatsanwaltschaft nun auch gegen den damaligen ÖAAB-Generalsekretär und Pressvereins-Obmann Werner Amon ermitteln und hat die Aufhebung seiner parlamentarischen Immunität beantragt. Auch Fischer wird von der Staatsanwaltschaft als Beschuldigter geführt, wie die Behörde der APA bestätigte. Für beide gilt die Unschuldsvermutung.

SPÖ

Ebenfalls am Dienstag hat die Staatsanwaltschaft Wien die Auslieferung des SP-Abgeordneten Kurt Gartlehner beantragt. Auch hier steht der Verdacht der Ermittler im Raum, dass es für Zahlungen der Hochegger-Firma Valora keine entsprechende Gegenleistung gegeben haben könnte. Gartlehner selbst betont, 2007 bis 2009 106.000 Euro für die Beratung zu Windkraftprojekten bekommen zu haben.

Auch Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer soll 2010/11 100.000 Euro für Beratungen zu Windenergie erhalten haben. Zahlungen direkt an die SP-Bundespartei sind bisher nicht bekanntgeworden. Allerdings sind laut Hochegger vor der Nationalratswahl 2006 20.000 Euro an die Wiener SPÖ (bzw. deren Echo Medienverlag) geflossen. Auch in diesem Zusammenhang ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Geldwäsche. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

BZÖ

Erste parteipolitische "Baustelle" im laufenden Korruptions-Untersuchungsausschuss war allerdings das BZÖ, das 2006 seine erste Nationalratswahl zu schlagen hatte und dabei äußerst großzügig von der Telekom Austria unterstützt wurde. Insgesamt 960.000 Euro flossen damals an zwei vom BZÖ im Wahlkampf beauftragte Werbeagenturen. Detail am Rande: Die Telekom versuchte 2005/06 gemeinsam mit dem Glücksspielkonzern Novomatic das Monopol für Online- und Mobilfunk-Glücksspiel aufzubrechen.

Dazu gab es eine gemeinsame Arbeitsgruppe beider Firmen auf Vorstandsebene - ebenfalls in Zusammenarbeit mit Hochegger und seinem Geschäftspartner Walter Meischberger. Und auch die Konkurrenz zeigte sich damals spendabel: Wie 2010 bekannt wurde, bezahlten die Casinos Austria der BZÖ-Agentur Orange 300.000 Euro für eine zehnseitige Studie zum Thema "Online-Glücksspiel und Responsible Gaming, Analyse, Vergleich, Perspektive".

FPÖ

Auch die FPÖ steht im Verdacht, in der Zeit der schwarz-blauen Koalition Telekom-Gelder für Wahlkampf-Zwecke erhalten zu haben - konkret für den EU-Wahlkampf 2004. Das legt zumindest eine im U-Ausschuss zitierte Aktennotiz des Finanzamtes Wien 1/23 nahe. Demnach soll die Telekom einen Auftrag in Höhe von 500.000 Euro an die mediaConnection des früheren FP-Bundesgeschäftsführers Gernot Rumpold erteilt haben, der im Wahlkampf tätig war.

Rumpold zeigte sich gegenüber der Partei übrigens äußerst großzügig: Vorige Woche wurde bekannt, dass er 2003 auf eine offene Forderung von 764.539 Euro an die Partei schlicht verzichtet hatte - was die Finanz als verdeckte Gewinnausschüttung an die Partei wertete. Auch über den Telekom-Lobbyisten Hochegger bzw. seinen Partner Walter Meischberger soll 2004 Geld in Richtung FPÖ geflossen sein - und zwar 192.000 Euro an das Parteiblatt "Neue Freie Zeitung".

(APA/Red.)

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