Entscheidende Sitzung im Finanzministerium ohne Protokoll

KORRUPTIONS-U-AUSSCHUSS: JÜRGEN KRIEGER
KORRUPTIONS-U-AUSSCHUSS: JÜRGEN KRIEGER(c) APA/HELMUT FOHRINGER (Helmut Fohringer)
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Bei dieser Sitzung präsentierte Lehman die Anbote der Buwog-Bieter. Für Lehman-Mitarbeiter Jürgen Krieger sind die Leistungen von Grasser-Freund Muhr nicht ersichtlich. Dieser habe ein Erfolgshonorar erhalten.

Der frühere Mitarbeiter der Investmentbank Lehman, Jürgen Krieger, hat heute im U-Ausschuss weitere Details zum Verkauf der Bundeswohnungen bekanntgegeben. Von einer Sitzung am 7. Juni 2004 im Finanzministerium in einer entscheidenden Phase der Privatisierung gibt es kein Protokoll, bestätigte er in der Befragung durch die Abgeordneten. Bei dieser Sitzung präsentierte Lehman, das für die Abwicklung des Verkauf beauftragt worden war, die Einzelheiten aus den Angeboten der Bieter. Darunter war auch das Finanzierungslimit der CA Immo in Höhe von 960 Mio. Euro. Von diesem Limit erfuhr Walter Meischberger und gab sie über den Lobbyisten Peter Hochegger an die Immofinanz aus dem Österreich-Konsortium weiter, woraufhin dieses 961 Mio. Euro bot und den Zuschlag für die Buwog erhielt.

Krieger schilderte den Ablauf des Bieterverfahrens: Die Angebote seien zwar beim Notar geöffnet worden, doch schon bei der Öffnung der Anbote seien Mitarbeiter des Finanzministeriums dabei gewesen. Leiter des Projektteams des Finanzministeriums für die Bundeswohnungsprivatisierung sei Heinrich Traumüller gewesen. Lehman habe dann die Angebote in einer Präsentation für das Finanzministerium aufbereitet und am 7. Juni präsentiert. Im Angebot der CA Immo sei als Beilage der maximale Finanzierungsrahmen von 960 Mio. Euro enthalten gewesen. Bei der Präsentation wurde dieser auch verlautbart.

Teilnehmer der Sitzung im "Gelben Salon" des Finanzministeriums waren laut Krieger der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser, Staatssekretär Alfred Finz (ÖVP), Traumüller und Josef Mantler aus dem Finanzministerium sowie möglicherweise auch Rainer Wieltsch, Vorsitzender der Vergabekommission, und Kommissionsmitglied Peter Michaelis. Lehman habe die Präsentationsunterlagen anschließend wieder eingesammelt. Dass es von dieser Sitzung kein Protokoll gibt, sei nicht ungewöhnlich, meinte Krieger. Nicht nachvollziehbar sei für ihn das Vorgehen der CA Immo, die ihr Finanzierungslimit zum Anbot beilegte.

Informationen fließen an Immofinanz

Die heikle Information fand über Meischberger und Hochegger ihren Weg zum Mitbieter Immofinanz. Von wem Meischberger die heikle Information hatte, wird vom Gericht und vom U-Ausschuss geprüft. Während Meischberger behauptet, davon hätten hundert Personen gewusst, geht aus Kriegers Ausführungen hervor, dass der Kreis wesentlich kleiner war. Meischberger dementiert, die Information von seinem Freund Grasser erhalten zu haben, auch Grasser weist dies zurück.

Die Rolle von Grasser-Freund Karlheinz Muhr bei der Privatisierung, der von Lehman 433.000 Euro erhalten hatte, war für Krieger "nicht visibel". Er habe aber von einem Erfolgshonorar für Muhr gehört, wofür wisse er nicht. Im Bieterverfahren für die begleitende Investmentbank habe Lehman auf Wunsch des Finanzministeriums an den Mitbieter CA Investment Bank ein Angebot gemacht, dass die CA IB Subunternehmer von Lehman werde und die beiden gemeinsam agieren sollen.

Informationen von Grasser selbst?

Warum dies noch vor dem Ende der Ausschreibung geschah, begründete Krieger mit dem Wunsch des Finanzministeriums. CA IB-Ex-Chef Klaus Requat hatte zuvor geschildert, Muhr habe ihm damals gesagt, das Ministerium werde ohnehin Lehman den Zuschlag erteilen, und ihm dann den Vorschlag unterbreitet. Muhr selber soll bei seiner Einvernahme gesagt haben, es sei möglich, dass diese Information von Grasser kam.

Krieger wurde auch zur Rolle des Landes Kärnten befragt: Das Kärntner Vorkaufsrecht für die Villacher Wohnbaugesellschaft ESG sei rechtlich nicht gültig gewesen, da es nicht notariell beglaubigt war. Das Finanzministerium als Auftraggeber für Lehman habe jedoch den politischen Willen dazu festgehalten.

Causa Buwog

Im Jahr 2004 wurden die Buwog (Bauen und Wohnen GmbH) und vier weiterer Wohnbaugesellschaften des Bundes mit rund 62.000 Wohnungen an die Immofinanz verkauft. Von dieser erhielten der Lobbyist Peter Hochegger und der frühere FPÖ-Politiker Walter Meischberger - beides Vertraute von Ex-Minister Karl-Heinz Grasser - eine Provision von fast zehn Millionen Euro für „Vermittlungstätigkeiten". Der Verdacht: Sie könnten Insiderinformationen von Grasser bekommen und an die Immofinanz weitergegeben haben. Grasser weist dies vehement zurück.

(APA)

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