Fekter: "Ich gebe zu: Das war uncharmant von mir"

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Finanzministerin Maria Fekter kann sich vorstellen, dass aus der EU eines Tages die Vereinigten Staaten von Europa werden. Auf Kosten nationaler Kompetenzen. Die ÖIAG will sie aufrüsten, nicht auflösen.

Die Presse: „Der Spiegel“ hat Ihnen diese Woche unter dem Titel „Wiener Schnauze“ eine ganze Seite gewidmet. Dabei kommen Sie nicht gut weg: Mit unbedachten Äußerungen und Indiskretionen würden Sie Europas Politiker gegen sich aufbringen. Sorgen Sie sich langsam um Ihr Image?

Maria Fekter: In dem Artikel wird auch die Frage gestellt, ob österreichische Politiker in Deutschland überhaupt wahrgenommen werden. Und in die Reihe der wenigen gestellt zu werden, an die man sich erinnern kann, habe ich als positiv empfunden.

Sie hinterlassen Eindruck – aber einen schlechten. Das kann doch nicht in Ihrem Interesse sein.

In diesem Artikel steht auch, dass ich eine große Fangruppe habe. Die Autoren haben sich um Ausgewogenheit bemüht und nicht nur Fekter-Bashing betrieben. Das habe ich als wohltuend empfunden. Denn in Österreich bin ich anderes gewohnt.

Wer betreibt Fekter-Bashing?

Ich leide gelegentlich darunter, dass ich falsch zitiert werde. Ich habe zum Beispiel nie gesagt, dass Italien demnächst unter den Euro-Rettungsschirm schlüpfen könnte.

Premierminister Monti war aber sehr verärgert.

Meine Aussage ist von den Medien bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt worden. Ich wurde in der „ZiB2“ gefragt, ob ich das ausschließen kann. Und in meiner Antwort waren zwei Konjunktive drinnen.

Ihre Fangruppe unter den Politikern wird trotzdem kontinuierlich kleiner. Der französische Präsident Hollande ist verstimmt, weil Sie seine Vorschläge als Unsinn bezeichnet haben.

Auch das ist falsch. Ich bete zu Gott und werde nach Mariazell pilgern, auf dass mich die Journalisten bitte richtig zitieren. Ich habe gesagt, dass Wachstumsprogramme, die auf Schulden aufgebaut sind, Unsinn sind, okay?

Aber genau das will Hollande.

Dann soll man mir aber nicht unterstellen, ich hätte ihn direkt angesprochen.

Wurden Sie auch falsch zitiert, als berichtet wurde, dass Sie das Nierenleiden von Eurogruppen-Chef Juncker geoutet haben?

Drei Wochen davor hat er seine Krankheit persönlich bekannt gegeben. Und was wurde berichtet? Ich wäre indiskret gewesen. Aber ich gebe zu: Das war uncharmant von mir.

Ist Juncker noch sauer auf Sie?

Wir haben das beste Einvernehmen. Zu behaupten, da wäre ein Knatsch, ist falsch. Es wird eben versucht, allem, was ich sage, einen negativen Spin zu geben. Das ärgert mich.

Woher kommt diese Lust am Fekter-Bashing?

Ich habe eine große, glühende Fangemeinde, aber auch eine große, aggressiv-ablehnende, geradezu fundamentalistische Gegnerschaft.

Es gibt aber nicht nur fundamentalistische Kritik an Ihrer Person. Ein Vorwurf lautet: Sie würden auf europäischer Ebene oft undiplomatisch agieren.

Das ist richtig. Ich habe halt nicht den typisch diplomatischen Politiksprech. Ich nenne die Dinge beim Namen. Hinzu kommt, dass meine Themen oft negativ behaftet sind. Deshalb gelingt es mir so schwer, die Fekter weich, warm und wohlwollend darzustellen.

Eines dieser Themen ist Griechenland. Sie haben sich dafür ausgesprochen, der Regierung in Athen mehr Zeit für die Haushaltssanierung zu geben. Bisher waren Sie da weniger weich, warm und wohlwollend. Woher kommt dieser Umschwung?

Aus der praktischen Analyse der politischen Krise. Die Griechen haben in den vergangenen Monaten nicht an ihrem Programm gearbeitet, sondern waren aufgrund des Wahlkampfs politisch gelähmt. Diesen Schaden müssen wir erst einmal aufarbeiten.

Wie groß ist dieser Schaden? Schätzungen gehen davon aus, dass sich die Kosten für die anderen Euroländer um 16 Milliarden Euro erhöhen.

Das wird sich erst in einigen Wochen sagen lassen. Unser Ziel ist bekanntermaßen, dass Griechenland seinen Schuldenstand bis 2020 auf 120 Prozent des BIPs drückt. Das wird wahrscheinlich adaptiert werden müssen. Oder sagen wir: Vielleicht wird es so sein – sonst heißt es wieder, ich sei undiplomatisch.

Zehn EU-Außenminister, darunter Michael Spindelegger, haben ihre Lehren aus der Krise in Griechenland gezogen und vorgeschlagen, die EU in einen Bundesstaat nach Vorbild der USA umzuwandeln. Damit würden die Nationalstaaten weitgehend entmachtet. Ist das der richtige Weg?

Am Ende des Weges kann ich mir so etwas für Europa sehr wohl vorstellen.

Wann wird das sein?

Sicher nicht bis morgen. Vielleicht werden wir dort angekommen sein, wenn Griechenland wieder auf eigenen Beinen steht.

Welche Kompetenzen sollen dann noch in den Nationalstaaten verbleiben?

Der Finanzsektor ist jedenfalls kein Kantönli-Thema. Aber all das, was nahe am Bürger erledigt werden kann – Spitäler, Schulen, Soziales – sollte in den Staaten bleiben.

Nach dem Abschied von ÖIAG-Chef Markus Beyrer ist sich die ÖVP uneins, wie es mit der Staatsholding weitergehen soll. Wirtschaftsminister Mitterlehner denkt über eine Auflösung nach. Für Parteichef Spindelegger kommt das nicht infrage. Was meinen Sie als politisch Verantwortliche?

So lange ich verantwortlich bin, wird es keine Auflösung der ÖIAG geben. Es ist ein vorgestriges Ansinnen zu sagen: Überführen wir die Betriebe in die Ministerialbürokratie, damit die Politiker entscheiden können. So wurde die Verstaatlichte an die Wand gefahren.

Was haben Sie dann mit der ÖIAG vor? Wollen Sie OMV, Post und Telekom privatisieren?

Das ist mit der SPÖ leider nicht zu machen. Ich denke daran, die ÖIAG aufzurüsten.

Mit welchen Unternehmen?

Da gäbe es eine ganze Latte: ÖBB, Verbund, auch die Asfinag. Wir brauchen eine gesamtstaatliche Strategie für alle Beteiligungen.

Wer soll Beyrer nachfolgen?

Der Aufsichtsrat bestimmt den Vorstand.

Sie wollen mir aber jetzt nicht erzählen, dass sie da nicht mitreden?

Dass ich die Eigentümerinteressen dem Aufsichtsrat kommunizieren muss, ist klar. Ich habe nur das Jobprofil vorgegeben – Managementerfahrung, Fachkenntnisse und Kenntnis der österreichischen Eigenheiten.

Haben Sie schon Namen im Kopf, die in dieses Profil passen?

Ich bin froh, dass ein Unternehmen beauftragt wurde, das den Prozess objektiv begleitet, und man nicht in den Parteizentralen angerufen und gefragt hat, wer es werden soll.

Vielleicht rufen ja die Parteien in der ÖIAG an.

Ich gehe davon aus, dass in diesem Prozess Namen zutage treten werden, an die unsereins noch nicht einmal denkt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.06.2012)

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