Der Bund wollte die Macht von Ortschefs bei der Bauordnung einschränken, jetzt machen es die Länder.
Das Papier des Innenministeriums hatte es in sich: Mit einer Notverordnung sollte die Macht der Bürgermeister in Flüchtlingsfragen massiv eingeschränkt werden. Denn auf Gemeindeebene scheitern viele Vorhaben, Asylsuchende unterzubringen, weil der Bürgermeister Baubehörde erster Instanz ist. Und damit kann er zum Beispiel die Aufstellung von Containerdörfern verhindern, weil Container als Bauwerk gelten (Zelte dagegen nicht).
„Es wird vorgeschlagen, die Verfassung dahingehend zu ergänzen, dass unabhängig von Gesetzgebungs- und Vollzugskompetenzen für die Dauer von Krisen- oder Notsituationen bestimmte Organe der Gebietskörperschaften ohne bürokratische Hürden die notwendigen Maßnahmen treffen können, um in Not geratenen Menschen Quartiere zur Verfügung stellen zu können“, heißt es in dem internen Vorschlag des Ministeriums. Konkret soll eine Notverordnung ermöglichen, „bundeseigene Grundstücke und Gebäude ohne bau- oder widmungsrechtliche Beschränkung zu verwenden“.
Das Papier sorgte innerhalb der Koalition für heftige Diskussionen und wurde dem Vernehmen nach von der SPÖ abgelehnt. Deshalb sei es „derzeit nicht aktuell“, wie man im Innenministerium erklärt.
Dafür haben einige Bundesländer in den vergangenen Tagen genau dieses Vorhaben umgesetzt. In Salzburg beschlossen die Parteien (außer die FPÖ) beispielsweise, dass „für die zeitweilige, zwei Jahre nicht übersteigende Aufstellung von Wohncontainern für Flüchtlingsunterkünfte im Bauland weder eine Bauplatzerklärung noch eine Baubewilligung erforderlich ist“. So könnten Container „ohne bürokratischen Aufwand auf bundeseigenen Grundstücken zur Unterbringung von Flüchtlingen aufgestellt werden“. Ähnliche Änderungen haben auch Oberösterreich und Vorarlberg in Eilverfahren beschlossen. Damit ist auch die jüngste Bestellung von 700 Containern beim österreichischen Hersteller Containex sinnvoll.
Im Innenministerium erklärt man, die Änderungen in den drei Bundesländern würden „für uns funktionieren“. Man sei auch in anderen Bundesländern „auf einem richtigen Weg“. Der Bund wird sich aber eine entsprechende Notverordnung im Ärmel behalten. Das sei „keine schlechte Sache, wenn man das als Druckmittel hat“, meinte ein hochrangiger ÖVP-Politiker.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.07.2015)