Wie Margit Kraker Rechnungshof-Präsidentin wurde

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ANGELOBUNG RECHNUNGSHOFPR�SIDENTIN KRAKER(c) APA (HANS KLAUS TECHT)
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Was Franz Voves und Erwin Pröll damit zu tun hatten. Und was das wiederum mit der ORF-Wahl zu tun hat.

Die Erzählung ging bisher – verkürzt – ungefähr so: Reinhold Lopatka, der eigenmächtige alte Schwarz-Blau-Verbinder, habe versucht, für den Posten des Rechnungshof-Präsidenten eine schwarz-blaue Kandidatin durchzubringen. Und es stimmt auch, dass sich Lopatka als dafür zuständiger Klubchef – der Rechnungshof ist formell das Kontrollorgans des Parlaments – für Budgetsektionschefin Helga Berger, die ÖVP-Kandidatin mit freiheitlicher Vergangenheit, starkgemacht und Allianzen im Parlament mit der FPÖ und dem Team Stronach geschmiedet hat. Allerdings war daran nicht minder die niederösterreichische ÖVP von Erwin Pröll beteiligt.

Warum, liegt einigermaßen auf der Hand: Eine schwarz-blaue Allianz beim Rechnungshof wäre nahtlos in eine schwarz-blaue Allianz bei der ORF-Wahl übergegangen. Zugunsten von Richard Grasl, dem einst vom Landesstudio Niederösterreich auf den Küniglberg gewechselten nunmehrigen Gegenkandidaten von ORF-Chef Alexander Wrabetz. Dass sich Erwin Pröll in der ÖVP nicht (mehr) durchsetzen konnte, sagt auch einiges über die (neuen) Machtverhältnisse in der Volkspartei aus. Es ist ein wenig wie in der SPÖ, in der Michael Häupl beim Sturz von Werner Faymann und der Kür von Christian Kern ebenfalls übergangen wurde.

In der SPÖ wiederum war es dem Vernehmen nach der steirische Alt-Landeshauptmann Franz Voves, der seine Genossen davon überzeugte, die ÖVP-Kandidatin Margit Kraker zu wählen. Kraker, die am Donnerstag von Bundespräsident Heinz Fischer angelobt wurde, war während der Amtszeit von Voves Präsidentin des steirischen Landesrechnungshofs geworden. Zuvor war die Büroleiterin seines ÖVP-Landeshauptmannvizes Hermann Schützenhöfer eine der federführenden Kräfte hinter der rot-schwarzen steirischen Reformpartnerschaft gewesen. Sie war auch Mitglied der Steuerungsgruppe Verwaltungsreform.

In Sachen ORF ist Erwin Pröll aber weiterhin höchst umtriebig. Um seinen Kandidaten, Richard Grasl, doch noch durchzubringen. Das ist Plan A. Es gibt aber auch einen Plan B, für den Pröll und sein Stab derzeit bei einflussreichen Sozialdemokraten und Stiftungsräten lobbyieren: eine (schon früher angedachte) Doppelspitze. Wrabetz wäre demnach Vorstandssprecher, hätte mit Grasl aber einen (fast) ebenbürtigen Kollegen.

Manch einer in der SPÖ soll dieser Pröll-Idee etwas abgewinnen können, zumal ein Vorteil auf der Hand läge: Die Regierung würde sich einen weiteren öffentlichen Kampf um Posten und Einfluss ersparen und könnte vermitteln, dass sie es mit dem New Deal ernst meint. Wahrscheinlich ist dieses Szenario allerdings nicht. Medienminister Thomas Drozda hat sich gegen eine Doppelspitze ausgesprochen – wohl in Abstimmung mit Kanzler, Christian Kern. Die Erfahrung der letzten zehn Jahre habe gezeigt, dass der ORF mit einem Geschäftsführer gut funktioniere, sagte Drozda vor Kurzem in der „Presse“. Und auch Wrabetz wird nun wohl nicht mehr mit seinem bisherigen Finanzdirektor zusammenarbeiten wollen, dessen Gegenkandidatur er durchaus als „Verrat“ empfindet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.06.2016)

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