Studenten-Duell abseits der Stehsätze

Wie gut sind die Spitzenkandidaten zur ÖH-Wahl? Ein streng subjektiver „UniLive“-Test.

WIEN. Wuzzln statt Wahlkämpfen – oder Wahlkämpfen beim Wuzzln? „UniLive“ machte den Test und lud die Spitzenkandidaten der größten wahlwerbenden Fraktionen an den grünen (Fußball-)Tisch: Wie angriffslustig sind die Studentenvertreter, die bei der ÖH-Wahl vom 22. bis 24. Mai (siehe unten) an die Spitze drängen? Wie teamfähig – oder koalitionswillig – sind sie? Haben sie Durchhaltevermögen? Und: Können sie eigentlich auch verlieren?

Vermeintlich harmlose Spiele wie Tischfußball, aber auch Dart und „Mensch ärgere dich nicht“, alle protokolliert von einer zweiköpfigen unabhängigen „UniLive“-Jury, sollten die Damen und Herren aus der Reserve locken und Aufschluss bringen: „Uns ist die Arbeit für Studierende wichtig“, „Es geht um Inhalte, nicht um die Person“, „Ich schließe eine Koalition mit dem RFS aus“ – für solche politischen Stehsätze war bald kein Platz mehr.

„Mensch ärgere dich nicht“ zählt

Für Symbolik dafür (zunächst) umso mehr: Bei „Mensch ärgere dich nicht“ griff Fanny Rasul, Spitzenkandidatin der stimmen-, aber nicht mandatsstärksten Fraktion GRAS, eilig zu den grünen Männchen, Lisa Schindler vom mandats-, aber nicht stimmenstärksten VSStÖ sicherheitshalber zu den roten Spielfiguren, AG-Herausforderer Samir Al-Mobayyed setzte bei seinen Zügen – was sonst? – auf die schwarzen, der Liberale Philipp Weingartshofer auf die gelben Figuren. Endstand, wie schon bei der vergangenen ÖH-Wahl 2005, nach Mandaten (kann das denn Zufall sein?): Rot vor Grün und Schwarz, dahinter Gelb ...

Weniger streng gestaltete sich das Farbenspiel bei der ersten Dart-Runde. Nur RFS-Kandidatin Elisabeth Schwetz entschied sich ganz bewusst – nämlich gegen Fähnchen in Schwarz-Rot-Gold. Für Julia Wagentristl (Spitzenkandidatin von KSV/KJÖ an der Uni Wien) durften es auch Pfeile sein, die das Star-Spangled Banner zieren, sie schüttelte lediglich ein wenig den Kopf. (So nebenbei, warum gibt es eigentlich keine Pfeile mit der sowjetischen Flagge mehr?) Die Kombi USA – KSV funktionierte zunächst gut, Wagentristl zog mit mehreren Treffern ins Bull's Eye davon. Doch unterm Strich triumphierte Hartwig Brandl von den unabhängigen Fachschaftslisten: Er platzierte sich vor Schwetz, die den britischen Union Jack einmal zu wenig an die richtige Stelle warf.

Grüne fegte alle Ergebnisse weg

In der zweiten Runde gelangte dann AG-Kandidat Al-Mobayyed vor dem Liberalen Weingartshofer an die Spitze. Doch dann der Schock für die beiden, die einen deutlichen Vorsprung vor den Konkurrenten von GRAS und VSSTÖ herausgeschlagen hatten: Rasul traf nach zwei recht durchschnittlichen Würfen – genau auf die Reset-Taste. Alle Ergebnisse weg. Unwiederbringlich.

Ein Anzeichen dafür, dass es bei der ÖH-Wahl vom 22. bis 24. Mai gar zu Wahlfälschung kommen könnte, sollte sich ein unliebsames Ergebnis abzeichnen? Oder werden in der heißen Phase des Wahlkampfes noch unlautere Mittel eingesetzt? Immerhin, in einem von „UniLive“ vermeintlich unbelauschten Augenblick überlegte Rasul: „Es geht nicht ums Gewinnen, sondern darum, Menschen rauszukicken ...“ Kann das wirklich nur Spaß und auf „Mensch ärgere dich nicht“ gemünzt gewesen sein, zumal sich diese Ansage an den AG-Spitzenkandidaten richtete? Und der aktuelle Koalitionspartner VSStÖ während aller Wettbewerbe kollegial die GRAS anfeuerte: „Geht schon, du schaffst es“?

(Ohne) Ideologische Differenzen

In der Kerndisziplin des Studenten-Duells, beim Wuzzln, sorgte „UniLive“ aber zeitweise für ein Aufbrechen der koalitionären Zweisamkeit – denn die GRAS wurde plötzlich mit dem RFS zu einem Team zusammengespannt. Und trotz ideologischer Differenzen und Vorbehalte gegen einen gemeinsamen Abend im Vorfeld schoss Sturmtank Rasul die grün-blaue Mannschaft zum Sieg. Das Team aus FLÖ („Wir geben der RFS-GRAS-Koalition keine Chance!“) und KSV („I glaub, so wird des nix!!“) musste sich geschlagen geben.

Dann kehrte aber doch wieder ideologische Normalität ein, als die Vertreterinnen von VSStÖ und GRAS gemeinsam antraten und die Herren von AG und LSF mit gezielten Schüssen zur (politischen?) Verzweiflung trieben.

Bei ihrem Resümee über den „UniLive“-Wettbewerb zeigten sich die ÖH-Kandidaten jedenfalls versöhnlich. Irgendwie. Oder, wie es RFS-Vertreterin Schwetz in der Diskussion formulierte, als AG-ler Al-Mobayyed (wie eigentlich alle) eine Koalition mit dem RFS ausschloss: „Aber sonst verstehen wir uns ganz gut.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2007)


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