Materialschlacht im Ringen um Haiders Erbe

(c) AP (Hans Punz)
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BZÖ und SPÖ rittern um die Führungsposition. Zu Beginn des Wahlkampfes sahen die Meinungsforscher das BZÖ klar in Führung, zuletzt wurde ein Kopf-an-Kopf-Rennen prognostiziert.

KLAGENFURT. Den Kärntnern steht der spannendste Wahltag in der Geschichte ihres Landes bevor. Am Sonntag wird der erste Landtag in der Nach-Haider-Ära gewählt. Dabei kommt es zu einer Auseinandersetzung zwischen den beiden großen politischen Lagern BZÖ und SPÖ. Die Orangen wollen den politischen Nachlass ihres Gründervaters verteidigen, die Roten die alten Kräfteverhältnisse wiederherstellen. Bis vor 20 Jahren war Kärnten fest in der Hand der SPÖ. Der Wahlkampf artete zu einer wahren Materialschlacht aus. Vor allem das BZÖ hat dabei auf Regierungsressourcen zurückgegriffen: Zahlreiche Inserate sowie eine Broschüre im BZÖ-Design und mit BZÖ-Wahlkampfslogans auf Kosten der Steuerzahler sorgten für heftige Proteste bei den anderen Parteien.

Zu Beginn des Wahlkampfes sahen die Meinungsforscher das BZÖ klar in Führung, zuletzt wurde für den Urnengang am Sonntag jedoch ein Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden Großen prognostiziert. Der Grund dafür dürfte nicht zuletzt in der Performance der beiden Spitzenkandidaten liegen. Der rote Vormann Reinhart Rohr lieferte einen soliden, unaufgeregten Wahlkampf, während der orange Landeshauptmann Gerhard Dörfler von einem Fettnäpfchen ins andere hüpfte. Das hatte zur Folge, dass alle Spitzenkandidaten mehr oder weniger deutlich ausgeschlossen haben, Dörfler nach der Wahl zum Landeshauptmann zu wählen.

Am klarsten legte sich der freiheitliche Spitzenkandidat Mario Canori fest, der Ende vergangenen Jahres überraschend aus dem orangen Lager zu Heinz-Christian Straches Truppe gewechselt war. Der ehemalige Klagenfurter Vizebürgermeister sprach Dörfler rundweg die Eignung für das höchste Amt im Lande ab. Dennoch zeigte er sich bereit, einen Kandidaten aus dem BZÖ-Lager, etwa Obmann Uwe Scheuch, zum Landeshauptmann zu wählen. Canoris Fernziel ist es nämlich, BZÖ und FPÖ dereinst wiederzuvereinen.

Der amtierende Landeshauptmann Dörfler hat sich die Latte hoch gelegt: Mindestens 40 Prozent der Wählerstimmen will er am 1.März erreichen. Sollte er dieses Ziel deutlich verfehlen, werde er aus der Politik ausscheiden, hat der ehemalige Brauereidirektor angekündigt.

Wenn man seine arrogant-beleidigten Auftritte in den letzten Wahlkampftagen zum Maßstab nimmt, könnte dieser Rückzug unmittelbar bevorstehen. Durch das Antreten des Ex-Orangen Canori ist der Vierer vor dem BZÖ-Ergebnis so gut wie unerreichbar geworden. Denn die meisten ihrer Stimmen wird die Canori-Truppe wohl den Orangen abspenstig machen. Und die haben bei den letzten Wahlen im Jahr 2004 – damals noch mit Haider – 42,4 Prozent der Stimmen auf sich vereinen können. Ohne Haider werden es wohl entsprechend weniger werden.

Die ÖVP kämpft am Sonntag um ihre Existenz. Vor fünf Jahren ist sie mit einem Stimmenanteil von 11,6 Prozent an einem historischen Tiefpunkt angelangt. Und so lautet das Wahlziel von Spitzenkandidat Josef Martinz „möglichst viel dazugewinnen“. Dem ehemaligen Bürgermeister von Ossiach ist es gelungen, in der abgelaufenen Legislaturperiode Wirtschaftskompetenz zu beweisen. Mit der versucht er, auch im Wahlkampf zu punkten. Die Meinungsforscher trauen ihm den Zugewinn von zwei oder drei Prozentpunkten zu. Mit großer Wahrscheinlichkeit kann Martinz nach der Wahl das Zünglein an der Waage spielen.

Stichwahl in Klagenfurt

Neben dem Landtag werden am Sonntag in Kärnten auch Gemeinderäte und Bürgermeister gewählt. In den Bezirksstädten gibt es kaum einen Zweifel daran, dass die amtierenden SPÖ-Bürgermeister ihre Mehrheiten verteidigen. Nur in Klagenfurt ist eine Stichwahl absehbar. Um den Einzug in diese kämpfen der amtierende Bürgermeister Harald Scheucher (ÖVP), SPÖ-Spitzenkandidatin Marie-Luise Mathiaschitz und BZÖ-Stadtrat Christian Scheider. Im Gegensatz zum Landtag hat in den Gemeinden die SPÖ die Vorherrschaft. Bei den Kommunalwahlen vor sechs Jahren erzielten die Roten in den Gemeinden 46,4 Prozent der Wählerstimmen. Weit abgeschlagen dahinter ÖVP (23,5) und FPÖ (19,1% lange vor der Spaltung).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.02.2009)


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