Werner Faymann musste im November 2014, beim 43. Bundesparteitag der SPÖ, einen Dämpfer hinnehmen. Mit nur 84 Prozent wurde er zum Parteichef gewählt - schon 2012 hatte er nur knapp über 83 Prozent erhalten. Noch im Wahlkampf 2013 hatte sich Faymann als Kapitän, der Österreich mit ruhiger Hand durch stürmische Zeiten lotst, präsentiert. Doch schon damals geriet er in unruhiges Fahrwasser: Mit rund 27 Prozent musste seine Partei ein Minus hinnehmen, blieb aber auf Platz eins, konnte sich mit der ÖVP einigen und als Kanzler in eine zweite Amtszeit gehen.
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Das Krisenmanagement ist dem 54-Jährigen in den fünf Jahren seiner bisherigen Kanzlerschaft nicht so schlecht gelungen. Visionen darüber hinaus waren dagegen nicht auszumachen. Der SPÖ-Vorsitzende ist kein politischer Hasardeur, sondern überzeugter Pragmatiker - und er ist ein überaus begabter Machttechniker. Unterstützt wird er dabei vor allem von seinem Alter Ego Josef Ostermayer, Staatssekretär für de facto alles.
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Gemacht wurde in den vergangenen fünf Jahren, was ohne gröbere Konflikte möglich war und möglichst niemandem weh tun sollte. Konflikte schätzt der Kanzler nämlich nicht so. Das "genug gestritten" aus der 2008er-Wahlkampagne stellte sich als mehr denn ein knackiger Slogan heraus. Faymann ließ abperlen, was auch immer auf ihn gefeuert wurde, sei es seitens der Opposition, des Koalitionspartners, der Medien oder von Experten.
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Dazu passt, dass sich der Kanzler trotz der Serie an Wahldebakeln vor allem in den Ländern aber auch bei der EU-Wahl personell nicht so leicht aus der Ruhe bringen lässt. Hätte die SPÖ nicht die Volksbefragung zur Wehrpflicht vergeigt, wäre man wohl sogar mit exakt jenem Regierungsteam in die Wahl gegangen, mit dem Faymann 2008 angetreten war. Als es gar nicht mehr anders ging, zeigte der Kapitän, dass er auch bremsen kann. Norbert Darabos, den man zunächst ins Wehrpflicht-Abenteuer manövriert hatte, durfte wieder Partei und Wahlkampf managen, Parteigeschäftsführer Günther Kräuter wurde gesichtsschonend in die Volksanwaltschaft geschickt, Geschäftsführerin Laura Rudas verlor zwar an Gewicht, nicht aber ihren Arbeitsplatz.
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Flexibler als beim Personal erwies sich Faymann in inhaltlichen Dingen. Vor allem sein Wandel vom europakritischen Leserbriefschreiber zum "glühenden Europäer" erstaunte. Die Entdeckung der Reichenbesteuerung, der er ursprünglich eher passiv gegenüberstand, entsprang wohl dem Faymann'schen Selbsterhaltungstrieb, der ihn letztlich auf die Linie von Gewerkschaft und Ländern führte.
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Am 4. Mai 1960 in Wien geboren, begann Faymanns politische Karriere schon kurz nach der Matura. Mit 21 erklomm er die Spitze der Wiener Sozialistischen Jugend. Mit gerade einmal 28 war er Geschäftsführer der Wiener Mietervereinigung, einer Machtbastion in der Bundeshauptstadt. Über ein Gemeinderatsmandat schaffte er es in die Stadtregierung, wo er von 1994 an über ein Jahrzehnt den Wohnbau verantwortete, ein Ressort mit bekannt großem Inseraten-Budget.
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Der Boulevard lernte Faymann rasch schätzen, und die Sympathie war eine gegenseitige. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Kaum ein Sonntag, da Faymann nicht "Österreich" mit einem Kanzler-Interview beehrt. Die Staatsanwaltschaft ermittelte zum Vorwurf, Faymann habe sich als Minister durch großzügige Anzeigenschaltungen die Gunst einzelner Zeitungen erkauft. Die Entscheidung über eine Anklage steht noch aus.
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Zumindest der Legende nach hatte Faymann eigentlich nie vor, im Kanzleramt einzuziehen. Das Rathaus wäre demnach der Zielort gewesen, doch bewies Michael Häupl dort ordentliches Sitzfleisch. Faymann nahm also das Angebot seines langjährigen Weggefährten Alfred Gusenbauer (Bild) an, 2006 als Infrastrukturminister und Regierungskoordinator in die Bundesregierung zu wechseln. Der Rest ist jüngere Zeitgeschichte: Gusenbauer demontierte sich selbst, Faymann half ein wenig mit, hatte die wenigsten Feinde und auch nicht allzu viel falsch gemacht, was ihn als Nachfolger qualifizierte.
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Bei der Nationalratswahl 2008 ging es zwar bergab, jedoch nicht so weit nach unten wie bei der ÖVP. Damit ging sich eine erneute Kanzlerschaft für die SPÖ und damit für Faymann aus.
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An der Spitze der Partei steht er seither unumstritten, mitgerissen hat er die Basis aber nicht. Bester Beweis dafür ist der Parteitag vergangenen Oktober in St. Pölten, von dem die Delegierten Faymann mit dem historisch schlechtesten Ergebnis eines Solo-Kandidaten von 83,4 Prozent heimschickten. Dabei spielten wohl auch die Weigerung des Parteichefs, in der Inseraten-Affäre vor dem U-Ausschuss zu erscheinen, und der Schwenk zum Berufsheer eine Rolle. Außerdem geht der SP-Chef trotz deutlicher Fortschritte noch immer nicht als brillanter Redner durch.
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Faymann ist verheiratet und hat zwei Töchter. Lieblingsmusikstil: Klassik Lieblingsbuch: "Zwischen den Zeiten. Erinnerungen aus fünf Jahrzehnten" von Bruno Kreisky Hobbys: Lesen, Bergsteigen, Skifahren
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Ein 'Kapitän'' im unruhigen Fahrwasser
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