Fast schon eine kleine Revolte: Das Team Stronach lässt den eigenen Parteigründer abblitzen. Frank Stronachs Forderung nach der Todesstrafe für "Berufskiller" wird zur "Privatmeinung" erklärt.
Wien. Drei Landesparteichefs und die Nummer zwei auf der Nationalratswahlliste des Teams Stronach sprachen sich am Donnerstag öffentlich gegen eine Idee des Parteigründers Frank Stronach aus. Und das in einer Partei, in der Widerspruch gegen den Parteichef und Finanzier verpönt ist. Noch erstaunlicher: Der als beratungsresistent geltende Milliardär erklärte seine Äußerungen zur „Privatmeinung“, die nicht Aufnahme in das Programm des Teams Stronach finden werde.
Dem ging ein Tabubruch Stronachs voraus: In einem Interview mit den „Vorarlberger Nachrichten“ sprach er sich für die Einführung der Todesstrafe aus, und zwar für „Berufskiller“. Denn diese würden die Rechtssicherheit gefährden. Die Idee dazu dürfte Stronach recht spontan gekommen sein: Im schon produzierten, aber noch nicht ausgestrahlten neuen ORF-Format „Wahlfahrt“ – die Spitzenkandidaten werden im Auto interviewt – hatte er sich bereits für die Todesstrafe „bei geplantem Berufsmord“ ausgesprochen und sich zu seiner Assistentin und Nummer zwei auf der Wahlliste, Kathrin Nachbaur, umgedreht. „Hast du gehört, Kathrin? Darüber haben wir noch nicht gesprochen, das kommt jetzt in unser Parteiprogramm.“
Landesparteichefs gegen Stronach
Ausgerechnet Nachbaur verweigert ihm da die Gefolgschaft. „Kein Mensch hat das Recht, einem anderen Menschen das Leben zu nehmen“, schreibt sie in einem Aussendung. Hinrichtungen seien grausam, als gläubiger Mensch habe sie Respekt vor dem Leben. Auch die Landesparteichefs Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (Niederösterreich), Gerhard Köfer (Kärnten) und Hans Mayr (Salzburg) stellten sich öffentlich gegen ihren Chef: Eine Diskussion über die Todesstrafe sei nicht nur aus ethischen und rechtlichen Gründen entbehrlich, sondern auch unvereinbar mit den Menschenrechten, heißt es in einer Aussendung.
Stronach ließ sich auf keinen Machtkampf mit seinen Funktionären ein, sondern machte einen Rückzieher: Ebenfalls in einer Aussendung erklärte er seine Aussagen zur Todesstrafe zur „persönlichen Ansicht“. „Ich habe mit anderen führenden Personen im Team Stronach darüber gesprochen, sie teilen diese Ansicht nicht. Daher kommt das selbstverständlich nicht in das Parteiprogramm“, heißt es da. Er selbst habe aber weiterhin bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit und bei Gefährdung des Rechtsstaats durch verbrecherische Organisationen ein gewisses Verständnis für die Todesstrafe. Das habe damit zu tun, dass er schon jahrzehntelang in Nordamerika lebe.
Letzte Hinrichtung in Österreich 1950
In Österreich ist die Todesstrafe im Jahr 1968 für standesgerichtliche Verfahren abgeschafft worden, im ordentlichen Strafrecht bereits 1950. In diesem Jahr gab es auch die letzte Hinrichtung. Seit damals hat sich auch keine Parlamentspartei und kein namhafter Politiker jemals wieder für die Wiedereinführung ausgesprochen. Entsprechend eindeutig fiel auch die Ablehnung der anderen Parteien aus. Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) erklärte, darüber erübrige sich jede Diskussion. Österreich habe hohe menschenrechtliche Standards, die eine Todesstrafe ausschließen würden. Für SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim steht Stronach konträr zu den Werten der europäischen Gesellschaft. Und für die FPÖ ist die Diskussion skurril. „Wenn die Todesstrafe einer der Werte des Teams Stronach ist, dann gute Nacht“, so Generalsekretär Herbert Kickl.
In 57 Staaten noch Praxis
Weltweit ist die Todesstrafe in 97 Staaten völlig abgeschafft. 57 Länder – hauptsächlich in Afrika und Asien – wenden die Todesstrafe auch tatsächlich an, in 36 Staaten existiert sie zwar formal, es gibt aber einen Hinrichtungsstopp. In Europa gibt es die Todesstrafe nur noch in Russland (mit Hinrichtungsstopp) und in Weißrussland. Prominentester westlicher Staat mit Todesstrafe sind die USA. In Frank Stronachs Wahlheimat Kanada ist die Todesstrafe übrigens schon 1976 im ordentlichen Strafrecht abgeschafft worden. Die letzte Hinrichtung fand dort 1962 statt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.09.2013)