Palin: Risse im Image des konservativen Idols

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Vize-Kandidatin Sarah Palin sollte McCains Kampagne beflügeln. Doch nun schockiert die Schwangerschaft ihrer 17-jährigen Tochter die Konservativen.

St. Paul. „Es ist so gut gelaufen, und jetzt das.“ Man hörte den geseufzten Satz nicht nur einmal auf dem Parteitag der Republikaner in St. Paul. Seit John McCains Vizepräsidentschaftskandidatin Sarah Palin enthüllte, dass ihre 17 Jahre alte, unverheiratete Tochter im fünften Monat schwanger ist, ist Hurrikan „Gustav“ kein Gesprächsthema mehr. Über nichts wurde am ersten Tag des Parteitags im Bundesstaat Minnesota mehr geredet, als über diese Meldung, die zu einem politischen Hurrikan werden könnte.

Nicht nur die Schwangerschaft macht der bisher weitgehend unbekannten Palin zu schaffen. Eine Untersuchung, wonach die Gouverneurin ihren Schwager, einen Polizisten, wegen der unschönen Scheidung von ihrer Schwester feuern lassen wollte, hat neue Dimensionen angenommen: Palin heuerte nun einen Anwalt an.

Manche Republikaner versuchten, Palins Enthüllung einen positiven Spin zu geben. „Das macht sie zu einer von uns“, erklärte Annette Ratliff aus Texas: „Sie ist ein ganz normaler Mensch. Ungewollte Schwangerschaften passieren in Amerika jeden Tag.“

Aber nicht unbedingt der Traumfrau der Konservativen, zu der Palin geworden ist, seit sie John McCain Ende vergangener Woche vorgestellt hat. Sie ist jahrelanges Mitglied der Waffenvereinigung NRA, sie geht regelmäßig fischen, ist tiefgläubig, eine strikte Gegnerin der Abtreibung, ließ als Gouverneurin in Alaskas Schulen Kreationismus unterrichten, kürzte die Sexualaufklärung und predigte stattdessen sexuelle Enthaltsamkeit bis zur Ehe.

Da schlug es in konservativen Kreisen wie eine Bombe ein, dass Palins Tochter Bristol schwanger ist. Gewusst haben es angeblich alle hochrangigen Parteifunktionäre, zugegeben hat man es aber erst, als im Internet Gerüchte über Sarah Palins vier Monate alten Sohn Trig aufkamen. Er sei in Wirklichkeit Bristols Sohn, wird in Blogs gemunkelt. Mit Fotos versucht man zu belegen, dass Gouverneurin Palin nie schwanger war.

Betrunkener George Bush

Auf diese Gerüchte reagierte die Vizepräsidentschaftskandidatin nicht, sondern erklärte in einem Statement, dass sie und ihr Ehemann sehr stolz seien auf die Entscheidung der 17-Jährigen, „das Kind zu haben und noch stolzer, Großeltern zu werden“. Bristol „und der junge Mann, den sie heiraten wird, werden schnell lernen, wie schwierig es ist, ein Kind großzuziehen. Deswegen werden sie die Liebe und Unterstützung unserer ganzen Familie brauchen.“

Der Vorfall erinnert an das Jahr 2000, als knapp vor der Wahl aufkam, dass George W. Bush in jungen Jahren wegen Trunkenheit am Steuer festgenommen worden war. Als Folge blieben viele Konservative der Wahl fern. Einflussreiche religiöse und konservative Führer, wie etwa Tony Perkins vom „Family Research Council“, haben sich bisher nicht zu der Meldung geäußert.

US-Demokrat freute sich über Hurrikan

Der demokratische Kandidat Barack Obama machte klar, dass die Familie eines politischen Gegners „tabu“ sei. Das habe nichts mit ihren Fähigkeiten zu tun, man werde die Angelegenheit nicht weiter diskutieren.

Problematischer könnte für Palin eine Untersuchung in Alaska werden. Ein Sonderstaatsanwalt ermittelt, ob die Gouverneurin ihre Macht missbrauchte, um zu versuchen, ihren verhassten Schwager von der Polizei feuern zu lassen. Palin erklärt, der Mann habe Drohungen gegen ihre Schwester und ihren Vater gemacht und das habe sie als für einen Polizisten unangebracht gehalten. Sie habe den Polizeichef informiert, der aber nichts unternahm.

Nach zwei Jahren tauschte die Gouverneurin den Polizeichef aus, weil sie „einen neuen Weg“ gehen wollte. „Weil ich ihren Schwager nicht feuerte“, meint der Ex-Polizeichef. Der Bericht des Sonderstaatsanwalts soll im Oktober – knapp vor der Präsidentschaftswahl – vorliegen.

Etwas ausgeglichen wurde das republikanische Dilemma mit einem Vorfall auf demokratischer Seite. Ein Passagier hatte im Flugzeug heimlich ein Gespräch von Ex-Parteichef Don Fowler mit einem Parteifreund aufgenommen und auf YouTube gestellt. Darin freut sich Fowler über Hurrikan Gustav, der just zu Beginn des republikanischen Parteitags einschlug: „Das zeigt, dass Gott diesmal auf unserer Seite ist.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.09.2008)

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