ÖVP: "Ernüchterndes Ergebnis"

ÖVP-Wien-Spitzenkandidat Manfred Juraczka zeigte sich beim Wahlgang noch optimistisch, musste dann aber doch ein deutliches Minus hinnehmen.
ÖVP-Wien-Spitzenkandidat Manfred Juraczka zeigte sich beim Wahlgang noch optimistisch, musste dann aber doch ein deutliches Minus hinnehmen.(c) APA (Herbert Pfarrhofer)
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Nach der ersten Hochrechnung fiel die Wiener Volkspartei auf 9,5 Prozent. Klubchef Fritz Aichinger sprach in einer ersten Reaktion davon, dass durch das SP-FP-Duell die kleinen Parteien zerrieben wurden.

Wien. „Es ist ein ernüchterndes Ergebnis.“ Mit diesen Worten reagierte der Klubchef der Wiener ÖVP, Fritz Aichinger, auf die erste um 17 Uhr präsentierte Prognose. Derzufolge wurden der ÖVP zwischen acht und zehn Prozent zugesprochen. Aichinger meinte aber auch mit resignativem Unterton, dass die Situation „von uns nicht beeinflussbar war“. Es habe ein Duell zwischen den Sozialdemokraten und den Freiheitlichen gegeben, und da seien die kleinen Parteien zerrieben worden, so die erste Reaktion des Klubchefs. Aichinger hat betont, dass man noch die genaueren Ergebnisse ansehen müsse. Das Ziel der ÖVP bleibe aber, in Regierungsverhandlungen zu treten.

In der Zentrale der Wiener ÖVP am Rathausplatz hat schon zuvor gedämpfte Stimmung geherrscht. Das matte Ergebnis hat sich offenbar abgezeichnet. Die Fernsehteams bauten zwar ihre Kameras auf, aber nur wenige Funktionäre tauchten auf, Politiker ließen sich vor 17 Uhr gar nicht sehen. „Warten wir noch auf die Wahlkarten, die morgen ausgezählt werden“, gab sich ein Mitarbeiter hoffnungsvoll.

Noch am Vormittag des Wahlsonntags hatte Parteichef Manfred Juraczka sich entspannt gegeben. Er habe endlich einmal ausschlafen können, hat er bei der Stimmabgabe in seinem Heimatbezirk Hernals gesagt. Und dann noch etwas Zweckoptimismus versprüht und prophezeit: Die Volkspartei werde vor den Grünen liegen, auf dem dritten Platz. Zu möglichen personellen Konsequenzen, falls es ein Debakel gebe, hat er ausweichend reagiert. Erst müsse man das Wahlergebnis analysieren.

Dass sich für die Wiener ÖVP ein Drama abzeichnet, war schon seit Wochen klar, als angesichts der Zuspitzung auf das Flüchtlingsthema und auf das Duell Häupl-Strache die Umfragewerte für die anderen Parteien und damit auch für die ÖVP gesunken sind. Einstellig, so war zuletzt die Prognose gewesen. Daran konnte auch eine unaufgeregte, aber persönlich gute Performance des Parteichefs in den letzten Wahlkampfwochen nichts ändern. So erhielt Juraczka bei der sogenannten Elefantenrunde, der TV-Konfrontation der Wiener Spitzenkandidaten, gute Beurteilungen. Aber einigen Experten zufolge könnte es genau diese Unaufgeregtheit gewesen sein, die die Partei auf dem gleichen Niveau dahindümpeln ließ. Es fehlte die öffentliche Präsenz, die Angriffigkeit, die andere Parteien, wie etwa die Grünen oder Neos, eher in den medialen Mittelpunkt schob.

Dabei hatte es am Anfang seiner Zeit als Parteichef noch recht gut ausgesehen. Juraczka übernahm das Ruder der Wiener Partei im Februar 2012 von Christine Marek in einem recht trostlosen Zustand. Schon damals war die Partei im Sinkflug und erhielt bei der Wahl 2010 gerade noch rund 14 Prozent. Die Stadtpartei hatte kein glaubhaftes Profil. Aber Juraczka führte die Partei auf einem recht stabilen Niveau. Vor allem in der damals virulenten Parkpickerl-Debatte konnte die VP punkten und 150.000 Unterschriften sammeln, um eine Volksabstimmung zu initiieren. Die rot-grüne Mehrheit verhinderte dieses Ansinnen.

Bei der Debatte um die Mariahilfer Straße konnte die ÖVP ebenso zuerst punkten, da sie Alternativkonzepte und bessere Einbindung der Bürger fordert. Doch schließlich wurde auch dieses Projekt mit rot-grüner Mehrheit über die Bühne gebracht. Mit anderen Themen, etwa dem Schuldenstand der Stadt, der hohen Arbeitslosigkeit und dem fehlenden Stadt-Engagement für internationale Firmenansiedlungen, schaffte es die VP nicht ins Bewusstsein der potenziellen Wähler.

Dann gab es interne Probleme: Um die ÖVP anders zu positionieren, wollte er eine Verjüngung durchführen, was zu Unmut und Ärger bei vielen VP-Funktionären führte. Und dann folgte auch noch der Fall Ursula Stenzel, die letztlich sogar zur FPÖ überlief.

Hinzu kam noch der Auftritt der Neos, die ebenso für Leistung eintreten, wirtschaftsliberale Ideen propagieren und die somit der ÖVP – vor allem in der jüngeren Generation – Stimmen wegzunehmen drohten. Dass dann noch durch das Flüchtlingsthema der Wahlkampf auf SPÖ-FPÖ zugespitzt wurde, engte den Spielraum der kleinen Parteien noch mehr ein, wie Klubchef Aichinger in seiner ersten Reaktion anmerkte.

Für Juraczka selbst wird es jetzt eng. Allerdings hat sich bis Sonntagabend die Debatte über mögliche Nachfolger an der Parteispitze in Grenzen gehalten. Aber das könnte durchaus heute, Montag, losgehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.10.2015)

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