Grüne als „Opfer des Duells“

Bei ihrer Stimmabgabe am Sonntagvormittag zeigte sich Maria Vassilakou noch zuversichtlich und kämpferisch.
Bei ihrer Stimmabgabe am Sonntagvormittag zeigte sich Maria Vassilakou noch zuversichtlich und kämpferisch.APA/GEORG HOCHMUTH
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Statt der angestrebten Zuwächse fuhren die Grünen Verluste ein. Maria Vassilakou warb noch am Sonntagabend für die Fortsetzung der rot-grünen Koalition.

Wien. Alexander Van der Bellen atmete erleichtert auf, Alev Korun hatte eine Zornesfalte auf der Stirn und Bezirksrätin Ewa Dziedzic konnte ihre Enttäuschung kaum verbergen. Als der grüne Balken bei den ersten Hochrechnungen für die Wien-Wahl Sonntagabend um 18 Uhr im ORF auf 11,6 Prozent kletterte, waren die Reaktionen im Grünen Klub gemischt. Traurig war man, weil das selbst gesteckte Ziel, das Ergebnis von 12,64 Prozent vom letzten Mal zu überbieten, nicht erreicht werden konnte.

Dazu werden die Grünen – auch nach Auszählung der Wahlkarten – wohl nur noch zehn statt elf Mandate haben. Erleichterung und Freude machte sich aber breit, als der rote Balken der SPÖ auf mehr als 39 Prozent kletterte und klar wurde, dass sich eine rot-grüne Mehrheit ausgeht – und die FPÖ nicht auf Platz eins ist. Und zornig war man auch auf die SPÖ. „Weil sie das Duell inszeniert haben. Das hat es nie gegeben, wir haben das immer gesagt und alle sind darauf reingefallen. So haben sie uns die grünen Wähler weggenommen“, sagte Menschenrechtssprecherin Alev Korun am Sonntagabend.

„Das sind geborgte Stimmen, die davon zeugen, dass die Wähler Rot-Grün unterstützen. Wir fordern die SPÖ dazu auf, mit diesen Stimmen verantwortungsvoll umzugehen“, meinten Bundesparteichefin Eva Glawischnig und Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou im „Presse“-Gespräch. „Wir stehen auf alle Fälle bereit, die gute Zusammenarbeit auch in den kommenden fünf Jahren fortzusetzen. Die Bilanz der letzten fünf Jahre ist eine, die sich mehr als sehen lassen kann“, meinte Vassilakou und verwies auf die „stabile Mehrheit“, die sich abzeichne.

Eigentlich hatte Vassilakou ihren Rücktritt angekündigt, sollte es bei der Wahl zu Verlusten kommen. Diese Ankündigung relativierte sie aber schon Sonntagvormittag nach dem Urnengang in der Knollgasse in Hernals: „Wenn wir weniger Stimmen als das letzte Mal haben, werde ich auch das, was ich gesagt habe, genauso geradlinig durchziehen, wie ich das immer tue.“ Bei den Gemeinderatswahlen 2010 holten die Grünen 95.445 Stimmen und kamen auf 12,64 Prozent – um 1,99 Prozentpunkte weniger als 2005. Zuvor war es in Mariahilf und in der Josefstadt zu Parteispaltungen gekommen. 95.445 Stimmen werden diesmal aufgrund der hohen Wahlbeteiligung (74,4 Prozent) wohl weniger als 12,64 Prozent ausmachen.

„Ich will auf jeden Fall, dass sie bleibt“, sagte Van der Bellen, ehemaliger Bundessprecher, noch am Sonntagabend. „Diese Ankündigung, mein Gott, man darf ja auch Fehler machen.“ Auch Eva Glawischnig sowie viele andere Parteikollegen wünschen sich, dass sie noch eine weitere Legislaturperiode als Vizebürgermeisterin bleibt. Ihre Ankündigung, bei einem Wahlverlust zu gehen, „habe ich ehrlich gesagt nicht verstanden“, meinte Glawischnig.

Party im Volksgarten

Ein endgültiges Ergebnis wird es erst am Montagabend geben, wenn die rund 203.000 Wahlkarten ausgezählt sind. Um das lange Warten zu verkürzen und sich über die Verluste hinwegzutrösten, feierten die Grünen den Wahlsonntag ausgelassen im Volksgarten, wo Vassilakou bei ihre Ankunft gegen 21 Uhr mit großem Jubel empfangen wurde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12. Oktober 2015)

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