Spaltung: Grüner Alptraum in Wien-Josefstadt

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Der abgesägte Bezirksvorsteher Heribert Rahdjian hat offiziell verkündet, mit einer eigenen Namensliste zu kandidieren. Die Wahlchancen der Grünen werden damit kleiner.

Wien. Am Abend des 23.Oktober 2005 ging im Palais Auersperg eine Riesen-Wahlparty der Wiener Grünen ab. Tatsächlich gab es allen Grund zum Feiern: Nach Neubau konnte mit der Josefstadt ein zweiter Bezirk erobert werden.

Mittlerweile ist die Chance, dass die Grünen den Achten bei der Wahl im Oktober erfolgreich verteidigen, gering. Denn am Mittwoch hat Bezirksvorsteher Heribert Rahdjian (74) offiziell verkündet, mit einer eigenen Namensliste zu kandidieren und diese bei der zuständigen MA62 eingereicht. Das heißt, es gibt zwei Grün-Listen, und damit ist der ohnehin knappe Vorsprung bei der letzten Wahl vermutlich dahin.

Hintergrund für den Schritt ist ein persönlicher Streit, den Rahdjian seit Langem mit seiner Stellvertreterin Doris Müller führt. Der Stil der beiden war konträr. Hier der ältere, im Bezirk stark verankerte Grün-Realo. Auf der anderen Seite die jüngere, forsche Fundi-Vertreterin, die nach Rahdjian-Angaben die Macht im Bezirk und auf jeden Fall an der Spitze wollte.

Im Juni eskalierte der Streit. Alexander Spritzenhofer wurde als Kompromisskandidat ins Rennen geschickt, Rahdjian verlor in einer Kampfabstimmung. Dass der grüne Bezirkschef jetzt mit einer eigenen Liste antritt, kam doch für die meisten überraschend. „Ich habe diesen Entschluss gefasst, weil mich viele Menschen darauf angesprochen haben und gewollt haben, dass ich weiterarbeite.“

Rahdjian: „Ich bin den grünen Idealen weiter verbunden, aber dieser Schritt ist nicht ganz freiwillig passiert.“ Und er nimmt auch die Landespartei und Klubchefin Maria Vassilakou in die Pflicht. „Die Landespartei hat mich in meiner Auseinandersetzung mit Müller nicht unterstützt.“ Vassilakou und andere Mandatare hätten direkter in den Streit eingreifen und mit seinen Gegnern ein ernstes Wort reden müssen. „Zumal sie mir immer wieder gesagt haben: Verhindere Doris Müller als Bezirkschefin.“ Aber diese habe als Lebensgefährtin eines Grünen-Wahlkampfmanagers eine große Lobby.

Liste „Echt Grün“

In der Landespartei herrscht Enttäuschung. „Wir haben lange nach einem gemeinsamen Weg gesucht“, sagt Landessprecherin Silvia Nossek zur „Presse“. Rahdjian habe damit auch sein Lebenswerk ein bisschen demoliert. Es werde jetzt schwierig werden in der Josefstadt. Eines sei aber sicher: „Rahdjian ist nicht der Bezirk.“

Mit seiner Namensliste, für die er lediglich 50 Unterstützungserklärungen braucht, kandidiert Rahdjian nur in der Josefstadt. Name der Formation: „Echt Grün – Liste Heribert Rahdjian“. Fixe Nummer zwei in seiner Liste ist Erika Furgler, die derzeitige Klubchefin der Josefstädter Grünen. Außerdem würden ihm auch ein paar Bezirksräte Gefolgschaft leisten. „So um die fünf“, sagt Rahdjian. Insgesamt haben die Grünen 14 Mandate in der Josefstadt.

Innerparteilich hat dies Folgen: Wenn Grüne auf der Rahdjian-Liste kandidierten, würden diese „konsequenterweise“ aus der Partei ausgeschlossen, sagt Nossek. Rahdjian betrifft dies nicht, denn er ist nicht Mitglied der Grünen. Sehr wohl aber Furgler. Mittwochnachmittag wurden schon ihre Schlüssel zu den Grün-Büros eingefordert.

Freuen über die Entwicklung kann sich Veronika Mickel, Spitzenkandidatin der ÖVP. Die Volkspartei liegt nur wenige hundert Stimmen hinter den Grünen und brennt darauf, die Position des Bezirksvorstehers zurückzuholen. Und auch die SPÖ macht sich Hoffnungen. Sie hat mit Raphael Sternfeld erst vor wenigen Wochen einen neuen, jungen Spitzenkandidaten installiert.

Für die Wiener Grünen hat die Spaltung fatale Auswirkungen. Denn auch in Mariahilf, wo sich die Partei Chancen auf den Spitzenplatz gemacht hat, ist es vor einigen Wochen zu einer Spaltung gekommen. Dort kandidiert eine Liste „Echt Grün – Die Mariahilfer Alternative“.

Auf einen Blick

Wahlen in Wien
Am 10. Oktober finden in Wien Gemeinderats-, Landtags- und Bezirksvertretungswahlen statt. Bei der letzten Wahl 2005 erreichte die SPÖ mit 49,1 Prozent die absolute Mandatsmehrheit vor VP, Grünen und FP. Die Grünen konnten neben Neubau erstmals auch die „bürgerliche“ Josefstadt erobern. Jetzt sind sie stark zerrissen, in Mariahilf und der Josefstadt kam es zu Spaltungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.08.2010)

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