Salman Rushdie: "Dachte, ich werde bald tot sein"

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FILE AUSTRIA SALMAN RUSHDIE FATWAAPA/EPA/HELMUT FOHRINGER
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Vor 25 Jahren wird der britisch-indische Autor mittels eines islamischen Fatwa zum Tode verurteilt. Er lebt noch, zwei seiner Übersetzer sind tot.

Es ist der 14. Februar 1989 als der britisch-indische Autor Salman Rushdie einen Anruf erhält. Am anderen Ende der Leitung ist eine Journalistin der „BBC", ihre Nachricht: Der religiöse Führer des Iran, Ajatollah Khomeini, habe ein Fatwa verhängt und ihn damit „zum Tode verurteilt". Jeder Muslim, der Rushdie tötet, wäre ein Märtyrer, würde in den Himmel kommen - und eine Million US-Dollar erhalten. Grund des Fatwa ist Rushdies Roman, „Die satanischen Verse".

Rushdie wird vorgeworfen, in dem Buch, das in Südafrika und Indien verboten wurde, den Propheten Mohammed zu verunglimpfen und sich über den Islam lustig zu machen. Bei einer der umstrittenen Passagen handelt es sich um einen Traum, in dem die Gespielinnen nach den Ehefrauen des Propheten Mohammed benannt sind. „Ich finde, sie gehören zu den besten Passagen des Buches (...). Diese Passagen sind ernsthaft und legen an keiner Stelle nahe, dass die Frauen des Propheten sich unangemessen verhalten hätten", wird der Autor seine Zeilen 2012 verteidigen.

Eine Auffassung, die von streng gläubigen Muslimen bei Erscheinen des Buches (und bis heute) nicht geteilt wird. In Pakistan gibt es gewalttätige Proteste gegen die Veröffentlichung, mindestens sechs Menschen kommen dabei zu Tode. In der britischen Stadt Bradford wird das Buch von islamischen Organisationen verbrannt. Auch Rushdies Verlag, „Penguin Books", sowie britische Behörden in muslimischen Ländern werden bedroht. Rushdie selbst wird unter britischen Polizeischutz gestellt. 1999 votiert eine Mehrheit im Teheraner Parlament für die Bekräftigung der Todesstrafe und wünscht den Autor zur Hölle.

Entschuldigung für „Kummer", nicht für das Buch

Rushdie, der im heutigen Mumbai als Sohn eines Anwaltes aufwuchs, entschuldigt sich in der Folge für den „Kummer", den er ausgelöst habe. Dass er geschrieben habe, was er schrieb, bereue er aber nicht.

Zunächst habe er die Drohung nicht so ernst genommen, sagt Rushdie bei der Präsentation seiner Autobiografie „Joseph Anton" (sein Deckname) vor zwei Jahren in Berlin. Doch nach dem Tod von islamkritischen Kollegen sei ihm die Tragweite bewusst geworden. Dass er 25 Jahre lang mit dem Tod als Damoklesschwert über sich überleben würde, hätte er sich nicht gedacht, erklärt der Schriftsteller dem Fernsehsender „CBC": „Anfangs dachte ich, es wird sehr bald sein."

Doch er überlebte, während andere ihr Leben ließen: Hitoshi Igarashi, der japanische Übersetzer der „Satanischen Verse", wurde ermordet, ebenso wie sein italienischer Kollege Ettore Capriolo und Herausgeber William Nygaard.

Kopfgeld beträgt mittlerweile 3,3 Mio. Dollar

Trotz der Vorfälle und des Drucks (das auf ihn ausgesetzte Kopfgeld wurde 1991 verdoppelt) habe er stets versucht, als Schriftsteller nicht ängstlich oder bitter zu werden. „Das wäre eine andere Art von Tod gewesen", sagt Rushdie, der bisher elf Bücher veröffentlicht hat - darunter „Des Mauren letzter Seufzer", das sich fast so gut verkaufte wie die „Mitternachtskinder", die ihn 1981 weltberühmt gemacht hatten. 

Im Jahr 1998 erklärt zumindest der damalige iranische Präsident Mohammed Khatami die „Affäre" für de facto beendet. Eine formelle Aufhebung des Fatwa schließt er jedoch aus. 2012 erhöht schließlich eine iranische Stiftung einmal mehr das Kopfgeld für die Tötung des britischen Autors, auf inzwischen 3,3 Millionen US-Dollar (2,56 Millionen Euro).

Mittlerweile lebt Rushdie in New York, in einem Apartment nahe dem Union Square in Manhattan. Er hat eine Gastprofessur an der Uni von Atlanta, kündigt (nachdem er jahrelang nur unter strengen Sicherheitsvorkehrungen auftrat) seine Auftritte auf seiner Homepage an. Und es gibt sogar einen Film über den Ausnahmeautor, der 2009 von der „BBC" gesendet wurde und der mittlerweile auch auf „Youtube" zu sehen ist: „Salman Rushdie and The Satanic Verses".

>> Link zu „Salman Rushdie and The Satanic Verses"

(Red.)

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