Es gab auch begabte Habsburger

Statue von erzherzog Johann
Statue von erzherzog Johann(c) APA (Gindl Barbara)
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Ein Beispiel ist Erzherzig Johann Baptist, der die Weg der Steiermark maßgeblich beeinflusste. Die Popularität des „steirischen Prinzen“ ist ungebrochen.

Was bleibt einem für eine Wahl als 13.Fürstenkind, obendrein als Habsburger des 18.Jahrhunderts? Erraten: Man wird – da männlich – in den Uniformrock gesteckt, avanciert als Erzherzog rasch zum nominellen Oberkommandierenden eines Truppenkörpers, verliert naturgemäß die Schlacht, bittet um Versetzung in den Ruhestand und führt verbittert sein Leben am Rande des großen Reiches zu Ende.

So ungefähr hätte der Lebensbogen des Erzherzogs Johann Baptist aussehen können, als er 1782 dem Großherzog von Toskana geboren wurde, dem späteren Römisch-Deutschen Kaiser LeopoldII. Dass Johann seinem Leben einen ganz anderen Sinn verleihen sollte, das hat seine Mitwelt in Staunen versetzt.

Zwei Genies, ein Minderbegabter

Und die Nachwelt erinnert sich noch heute an diese seltsamen habsburgischen Brüder, denen so gänzlich verschiedene Talente in die Wiege gelegt worden waren: Dass Franz als Ältester den Kaiserthron besteigen sollte, war unabänderliches Schicksal, wenngleich nicht sehr klug. Dass Carl, ein glänzender Feldherr, ebenso von Depressionen gebeutelt wurde wie sein Bruder Johann, war vielleicht ein Erbteil der Mutter, der spanischen Infantin Ludovika aus der Parma-Linie.

Die Vergötterung, die Johann, „der steirische Hansl“, bis heute jenseits des Semmerings genießt, hat nichts Vergleichbares mit anderen österreichischen Lokalpolitikern. Denn seine Schöpfungen waren ein Segen, der heute noch unvermindert wirkt. Jörg Haider hingegen war ein Strohfeuer, von dem buchstäblich nur Asche bleibt.

Dabei begann alles mit einem Debakel: Als 18-jähriger Feldmarschall – wie sollte so etwas gut gehen?– verlor Johann im Napoleonischen Krieg die Schlacht bei Hohenlinden. Er musste die Schuld auf sich nehmen und wurde nach Tirol abgeschoben. Da er auch diplomatisch von den Informationen des Hofes in Wien abgeschnitten war, ermunterte er den „Sandwirt“ aus dem Passeier, Andreas Hofer, zum Aufstandsversuch gegen die bayrische Besatzungsmacht. Das Ende des Abenteuers ist bekannt, Johann musste Tirol für immer verlassen.

Liebe am Toplitzsee

Nun erst begann sein Herz für die Steiermark zu schlagen. Und trotz dieses verpfuschten Werdegangs fand Johann hier seine Berufung. Liebe und Talent verbanden sich, am Toplitzsee erblickte er erstmals 1819 die hübsche Bürgerliche Anna Plochl – es könnte ein Jetset-Roman werden. Doch Johann wollte tätig sein. Zehn Jahre dauerte es, bis die Einwilligung zur Hochzeit durch den Bruder Kaiser Franz II. erfolgte.

1848 dann Johanns wichtigstes (und letztes) politisches Amt. Als Stellvertreter des Kaisers ernennt ihn der Konstituierende Reichstag zum „Reichsverweser“. Nur ein Jahr sollte er dieses höchste Amt in der Frankfurter Paulskirche ausüben, aber es bewies den Respekt, den er sich in ganz Deutschland erworben hat.

Als gewählter Bürgermeister der steirischen Gemeinde Stainz endete dieser Lebensbogen. Mit 77 Jahren starb Johann in Graz und hinterließ seine Ehefrau Anna, inzwischen „Gräfin von Meran“, und seinen Sohn Franz. Das war vor 150 Jahren.

Keiner seiner gekrönten Verwandten hat derart viele Institutionen ins Leben gerufen, die heute noch – oft unter anderem Namen– fortwirken. Der frühere VP-Landwirtschaftsminister, Vizekanzler und Bundesparteiobmann Josef Riegler zählt sie auf: Montanuniversität Leoben, Technische Universität Graz, Landesmuseum Joanneum, Steiermärkische Landesbibliothek, Steiermärkisches Landesarchiv.

Die Tracht als Ehrenkleid

Aus der 1819 von Johann gegründeten „k.k. Landwirtschaftsgesellschaft in Steiermark“ (die nach demokratischen Regeln aufgebaut war), gingen direkt hervor: die „Steiermärkische Sparkasse“ (1825), der „Verein zur Förderung der Gewerbe-Industrie“ (1827) als Vorläufer der Handelskammer, die „K.k. Privilegierte Innerösterreichische Brandschadenversicherungs-Anstalt“, heute Grawe, der „Gartenbauverein“ (1848), der „Steiermärkische Forstverein“ (1852) und die „Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft in Steiermark“ (1829). Und wir vergessen nicht das Anna-Kinderspital in Graz. Am Sonntag denken wir an ihn (oder auch nicht), wenn wir zum Kirchgang den „Steireranzug“ anlegen. Auch den verdanken wir dem „steirischen Hansl“.

JOURNALIST UND AUTOR

Hans Magenschab (70) war Chefredakteur der „Furche“ und der „Wochenpresse“, danach Pressesprecher von Thomas Klestil. Autor zahlreicher „Styria“-Werke zur österreichischen Geschichte. [Fischer]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.02.2009)

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