Erinnerung an eine legendäre Seeschlacht

Brennende iranische Fregatte
Brennende iranische Fregatte "Sahand"Brennende iranische Fregatte "Sahand"
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Wirbel um ein iranisches Kriegsschiff im Roten Meer, das durch den Suezkanal nach Syrien fährt. Zwei Schiffe dieses Typs waren 1988 in eine Seeschlacht gegen die US-Navy im Persischen Golf verwickelt. Mit Video

Am Mittwochabend ging eine dieser Eiltmeldungen durch die Agenturen, die immer etwas Brisantes andeuten: Immerhin ging es um Israel und Iran. Israels Regierung warnte, dass ein iranischer Flottenverband kurz davor sei, durch den Suezkanal zu fahren. Es handle sich um eine „Mk 5-Fregatte" und ein Versorgungsschiff auf dem Weg nach Syrien. Die Regierung in Jerusalem hieß es Provokation und behielt sich „Maßnahmen" vor.

Am Donnerstag sagte die ägyptische Suezkanalverwaltung, die Iraner hätten nicht um Durchfahrerlaubnis angesucht, auch für Freitag stehe keines ihrer Schiffe auf der Liste. Später hieß es, Irans Marine habe auf die Durchfahrt, die prinzipiell möglich ist und bei Kriegsschiffen im Ermessen Ägyptens liegt, verzichtet. Dann verkündete Irans Staatsfernsehen wieder, man wolle natürlich hindurchfahren. Die zwei Schiffe lagen am Donnerstag jedenfalls vor dem saudischen Hafen von Dschidda.

Die Enterprise ist wieder da

Interessanterweise hatten zuvor am Mittwoch mehrere US-Kriegsschiffe den 190 km langen Suezkanal Richtung Süden passiert: der Flugzeugträger USS „Enterprise", ein Kreuzer und ein Versorger. Damit aber könnte es, vielleicht schon am Freitag zu einem historischen Treffen kommen: Bei der Fregatte Typ „Mk 5" handelt es sich nämlich um ein Schiff, das in Irans Marine unter „Alvand"-Klasse firmiert. Zwei davon nahmen 1988 an einer großen Seeschlacht mit der US-Marine im Persischen Golf teil, die sich zu einer der größten Seeschlachten seit dem Zweiten Weltkrieg entwickelte. Eine der Fregatten, die „Sahand", wurde damals versenkt, eine andere schwer beschädigt. Und unter den Gegnern auf US-Seite war damals - die Enterprise.

Vier Schiffe der Alvand-Klasse waren Ende der 1960er für das damalige Persien vom britischen „Vosper Thornycroft"-Konzern gebaut worden, zu dessen Mk 5-Serie sie gehörten. Iran hat heute noch drei: „Alvand", „Alborz" und „Sabalan", die Namen bezeichnen Berge bzw. Gebirge im Iran. Es sind leichte, rund 94 Meter lange Fregatten, die mit nur gut 1500 Tonnen Verdrängung recht klein sind. Vergleich: Die modernen spanischen Fregatten der „Álvaro de Bazán"-Klasse etwa haben ca. 6000 Tonnen Verdrängung.

Die Besatzung zählt 120 bis 150 Mann, als Antrieb dienen ein Dieselmotor sowie eine Gasturbine, die das Schiff im Notfall bis auf 39 Knoten (72 km/h) beschleunigt. Neben einer 114 Millimeter-Kanone, Torpedos, U-Boot-Jagd-Granatwerfern und Luftabwehrkanonen sind die Fregatten heute mit je vier chinesischen Seezielraketen Typ C-802 bewaffnet; früher hatten sie britische und US-Raketen, auch zur Luftabwehr.

Am 14. April 1988, während des Kriegs zwischen dem Iran und dem vom Westen unterstützten Irak, im Zuge dessen Teheran zeitweise die zivile Seefahrt (vor allem Öltanker) bedrohte und angriff, lief die amerikanische Fregatte USS „Samuel B. Roberts" nahe Katar auf eine Seemine und sank beinahe. Opfer gab es nicht. Marinetaucher fanden weitere Minen und man stellte fest, dass sie iranischer Herkunft waren; im Herbst zuvor hatte die US-Navy nämlich einen iranischen Minenleger aufgebracht, der Minen derselben Seriennummer an Bord hatte.

"Operation Gottesanbeterin"

Darauf beschloss die republikanische US-Regierung unter Präsident Ronald Reagan einen begrenzten Gegenschlag: Man wollte zwei iranische Ölplattformen im Persischen Golf namens „Sassan" und „Sirri" angreifen und besetzen. Sie waren bekanntermaßen auch militärische Aufklärungs- und Versorgungsbasen. Die Aktion firmierte als „Operation Praying Mantis", also „Gottesanbeterin".

Die US-Flotte im Golf bildete drei Kampfgruppen. Die Task Force „Bravo" bestand aus zwei Zerstörern und einem Transporter mit Marineinfanterie. „Charlie" bestand aus dem Kreuzer „Wainwright" und zwei Fregatten, „Delta" aus zwei Zerstörern und einer Fregatte. Die Luftunterstützung kam vom Träger Enterprise. Im Kern bestanden die unmittelbaren US-Kräfte also aus einem Träger mit mehr als 80 Kampfflugzeugen und acht Überwasserkampfschiffen.

Brennende iranische Ölplattformen
Brennende iranische Ölplattformen(c) US-Navy

Am 18. April in der Früh forderte Task Force Bravo die Besatzung der Sassan-Plattform zur Kapitulation auf, diese schoss mit russischen ZSU-23 Flugabwehrkanonen zurück. US-Schiffe und Kampfhubschrauber beschossen die Plattform, dann wurde sie von Marines gestürmt. Die Besatzung war großteils gefallen, die Marines erbeuteten Waffen und Dokumente und zündeten Sprengsätze. Zwei iranische F-4 „Phantom"-Kampfjets aus US-Fertigung griffen an, flüchteten aber, als sie vom Flugabwehrradar erfasst wurden. Ein US-Angriff auf eine zweite Ölplattform in der Nähe wurde abgesagt.

Task Force Charlie griff die Sirri-Plattform an und beschädigte sie schwer. Das iranische Raketenschnellboot „Joshan", ein Schiff der französischen „La Combattante"-Klasse, griff plötzlich an und feuerte einen amerikanischen „Harpoon"-Seezielflugkörper auf den Kreuzer Wainwright; die Rakete wurde durch Defensivmaßnahmen abgelenkt, dafür deckten die US-Schiffe die Joshan mit (unterschiedlichen Angaben zufolge) vier bis sieben „Standard Missile"- und „Harpoon"-Raketen ein und beschossen das brennende Schiff noch aus Kanonen. Es sank wenig später. Wieder griffen zwei iranische Phantoms an, wieder wurden sie in die Flucht geschlagen.

US-Marines auf der
US-Marines auf der "Sassan"-Plattform inspizieren eine ZSU-23-Flugabwehrkanone der Iraner(c) US-Navy

Am frühen Nachmittag preschte ein Schwarm kleiner iranischer „Boghammar"-Schnellboote mit Raketenbewaffnung heran und attackierte ein Ölfeld der Vereinigten Arabischen Emirate. Dabei wurden unter anderem ein britischer und ein panamaischer Öltanker beschädigt. Nun griffen „Intruder"-Bomber von der Enterprise die Boote an und zerstörten mindestens eines, die übrigen flohen zur iranischen Insel Abu Musa.

Die Kämpfe eskalierten. Jetzt verließ die erwähnte iranische Fregatte „Sahand" den Hafen von Bandar Abbas an der Straße von Hormuz und griff Task Force Delta an, die die Aufgabe hatte, diesen Hafen zu isolieren. Gegen 15.30 Uhr startete die Sahand Flugabwehrraketen gegen amerikanische „Intruder"-Jets, die sofort reagierten und das Schiff mit zwei Harpoons und mehreren Bomben belegten, ein US-Zerstörer feuerte eine weitere Harpoon ab. Die Sahand brannte lichterloh, und als ihr Munitionsdepot explodierte, sank sie rasch. Es dürfte kaum Überlebende gegeben haben.

"Intruder"-Bomber in Aktion(c) US-Navy

Doch die iranische Flotte, die, wie man im Militärjargon sagt, völlig „outgunned" war, gab nicht auf: Am frühen Abend kam aus Bandar Abbas eine weitere Fregatte der Alvand-Klasse, die Sabalan. Auch sie schoss Luftabwehrraketen gegen US-Jets, worauf sie von einer Intruder angegriffen und durch eine Bombe schwer beschädigt wurde. Für die US-Navy im Golf war die Sabalan ein besonders Ziel, hatte sie doch wiederholt Öltanker beschossen. Doch aus dem Pentagon in Washington kam der Befehl, es dabei zu belassen und die Sache, die im Grunde schon ein offener Krieg war, nicht weiter hochkochen zu lassen. Darauf konnten iranische Schlepper die Sabalan zurück in den Hafen ziehen.

Die Amerikaner fielen jetzt in eine defensive Position zurück, auch die Iraner holten ihre Kräfte zurück: Sie hatten eine Fregatte, ein großes und mindestens ein, vielleicht drei kleine Schnellboote verloren, das war ein beträchtlicher Teil ihrer Flotte. Wie viele Menschen starben ist bis heute unbekannt. Allein auf den gesunkenen großen Schiffen Joshan und Sahand müssten gesamt etwa 190 Crewmitglieder gewesen sein. Auf US-Seite starben zwei Piloten des Marine-Corps, deren „Sea Cobra"-Kampfhubschrauber ins Meer fiel; er wies keine Beschussspuren auf.

Die größte Seeschlacht der US-Flotte seit 1945

„Operation Praying Mantis" stellte sich als richtungsweisend dar: Es war nicht nur eine der größten Seeschlachten seit 1945, sondern für die US-Flotte seither überhaupt die Größte, weit vor der Schlacht von Dong Hoi anno 1972 vor Vietnam oder den Kämpfen mit Libyen in der Großen Syrte 1986. Es war auch das erste Gefecht, bei dem die US-Navy sowie ihre Gegner Anti-Schiff-Raketen einsetzten.

Und es dürfte das Ende des seit 1980 tobenden Iran-Irak-Kriegs, der richtigerweise „Erster Golfkrieg" genannt wird, beschleunigt haben: Der Iran geriet unter anderem durch diese Niederlage und seine Attacken gegen die zivile Schifffahrt so in Bedrängnis und internationale Isolation, dass er am Ende den Krieg mit dem Irak mit Wirkung zum 20. August 1988 beendete.

Die Schlacht hatte gar ein juristisches Nachspiel vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag, da Jahre später beide Seiten Klagen über die Rechtmäßigkeit der Aktionen des Gegners einbrachten, und ob sie den iranisch-amerikanischen Freundschaftsvertrag von 1955 verletzt hätten.

Der IGH urteilte 2003 salomonisch und wies beide Klagen ab: Der Angriff auf die Ölplattformen sei nicht gerechtfertigt gewesen, um die nationale Sicherheit der USA zu wahren, das bloße Auflaufen eines Schiffes auf eine Mine reiche als Begründung so einer Operation nicht aus. Allerdings wurde das Schadenersatzbegehren der Iraner ebenfalls abgewiesen.

Rote Punkte: die iranischen Ölplattformen; schwarzer Punkt: der Kriegshafen Bandar Abbas
Rote Punkte: die iranischen Ölplattformen; schwarzer Punkt: der Kriegshafen Bandar Abbas(c) US-Navy

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