10 Jahre illegal hier: Zu wenig für Ausweisung

(c) Clemens Fabry
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Der Verfassungsgerichtshof fordert die Berücksichtigung der guten Integration und des Familienlebens eines Kosovaren.

Wien/Kom. Der Umstand, dass ein Ausländer sich zehn Jahre lang illegal in Österreich aufgehalten hat, genügt nicht als Begründung dafür, den Fremden auszuweisen. Weil der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) für die Steiermark einen Kosovaren in seine frühere Heimat zurückschicken wollte, ohne auch seine Integration und sein Privat- und Familienleben in Österreich zu berücksichtigen, hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) korrigierend eingegriffen. Er hob die Ausweisung auf.

Der heute knapp 39-Jährige war 2001 illegal eingereist. Rechtmäßig hielt er sich hier nur für jene wenigen Monate auf, in denen er vergeblich darauf hoffte, einen Asylantrag bewilligt zu bekommen. Wie auch der UVS feststellte, hat sich der Mann allerdings gut integriert: Er spreche fließend Deutsch, habe mehrere Jahre lang gearbeitet, sei straf- und verwaltungsstrafrechtlich unbescholten, und er lebe mit seiner – ebenfalls aus dem Kosovo stammenden, mittlerweile auch ausgewiesenen – Lebensgefährtin und der gemeinsamen Tochter zusammen.

Als „entscheidungswesentlich“ und damit als Grund für die Ausweisung betrachtete die Behörde dennoch ausschließlich den Umstand, dass der Mann kein Asyl erhalten hatte und sich zehn Jahre ohne Aufenthaltsberechtigung in Österreich aufgehalten habe. „Diese Schlussfolgerung der belangten Behörde ist im Hinblick auf die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht nachvollziehbar“, schreibt der VfGH (B880/12). „Unzureichend berücksichtigt wurden insbesondere die von der belangten Behörde zugestandene, während der Aufenthaltsdauer von über zehn Jahren erfolgte und an der mehrjährigen (rechtmäßigen) Beschäftigung sowie den Deutschkenntnissen erkennbare gute Integration des Beschwerdeführers und das bestehende Familienleben in Österreich.“ Der Bescheid, mit dem die Ausweisung bestätigt wurde, ist deshalb verfassungswidrig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.03.2013)

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