Richter beharren und begründen

(c) Clemens Fabry
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Ein weiterer OGH-Senat sieht umstrittene Gutachterregelung verfassungskonform.

Wien. Unmittelbar nachdem der Oberste Gerichtshof (OGH) seine delikate Disziplinarentscheidung über den eigenen Präsidenten veröffentlicht hatte (siehe nebenstehenden Bericht), folgte vorige Woche eine dazupassende Sachentscheidung: Nach dem zwölften, 13. und 14. Senat hat nun auch der elfte Senat des Gerichtshofs ausgesprochen, dass „keine Veranlassung“ bestehe, den Verfassungsgerichtshof mit der Überprüfung einer umstrittenen Bestimmung der Strafprozessordnung zu befassen. Auffällig ist daran vor allem, wie ausführlich die Entscheidung begründet wurde. Das ist offenkundig eine Folge des Disziplinarscharmützels, in das sich der Präsident mit einer Anzeige gegen Richterkollegen und einer Selbstanzeige verstrickt hat.

Befangenheit verneint

Die nun veröffentlichte Entscheidung ist die schriftliche Fassung der Entscheidung in der Causa Birnbacher (11 Os 51/13d). Damit wurden unter anderem der ehemalige Chef der ÖVP Kärnten, Josef Martinz, zu viereinhalb Jahren Haft und der ehemalige Steuerberater Dietrich Birnbacher zu drei Jahren (davon zweieinhalb bedingt) verurteilt. Auch in diesem Verfahren war die Befangenheit eines Gutachters thematisiert worden. Nach der Strafprozessordnung (§126/4) kann sie aber nicht allein mit der Begründung geltend gemacht werden, dass der Sachverständige auch schon im Ermittlungsverfahren tätig war.

Der elfte Senat verneinte nicht bloß eine Befangenheit des Gutachters, sondern auch das verfassungsrechtliche Problem (faires Verfahren), wie es am deutlichsten Präsident Ratz gesehen hatte. Die Richter verwiesen unter anderem auf die Verpflichtung des Sachverständigen zur Objektivität, die organisatorische Trennung von der Staatsanwaltschaft und die Möglichkeit des Beschuldigten, Einwände gegen die Bestellung des Sachverständigen zu erheben. (kom)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.03.2014)

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