Kind erhält Unterhalt aus Prostitution

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Die Tochter klagte einen Zuhälter, der hohe Einnahmen verschwieg, auf höheren Unterhalt. Der „Schandlohn“ fließt in die Berechnung ein. Aber nicht mehr dann, wenn der Vater in U-Haft sitzt.

Wien. Erst nach Ende eines Unterhaltsverfahrens wurde klar, dass der Vater einer Tochter höhere Einkünfte bezogen hatte als bekannt war. Und doch war nicht sicher, ob das Mädchen tatsächlich Anspruch auf höheren Unterhalt hat. Schließlich waren die Einkünfte auf bedenkliche Art und Weise zustande gekommen. Der Vater agierte als Zuhälter. Und dazu kam noch der Verdacht, dass die Prostituierte gezwungenermaßen Geld an den Mann weiterzuleiten hatte.

Im Zuge einer polizeilichen Vernehmung gab die Prostituierte an, dass sie in den vergangenen sieben Jahren rund 550.000 Euro an den Zuhälter abgeführt hatte. Körperliche Misshandlungen und Drohungen des Mannes hätten sie dazu gebracht. Berechnet wurde nun, dass der Zuhälter über rund 6350 Euro im Monat verfügt hatte. Der Unterhalt der Tochter (das Sorgerecht für sie hatte seit der Scheidung die Mutter) war aber nach ganz anderen Grundlagen bemessen und festgesetzt worden. Man ging damals von einem Einkommen des Mannes von 2000 Euro aus. Inkludiert war darin unter anderem ein vom Mann bezogener Pensionsvorschuss. Die Einkünfte aus dem „Privatbordell“ wurden damals hingegen nur mit 340 bis 400 Euro im Monat angesetzt.

Inzwischen landete der Mann in U-Haft. Die Tochter, die nach Bekanntwerden des höheren Einkommens des Mannes nachträglich höhere Alimente forderte, klagte. Der Vater wehrte sich. Die Forderungen seiner Tochter seien verjährt. Und die Aussagen der Prostituierten würden von anderen Zeugen widerlegt.

Das Bezirksgericht Wiener Neustadt gab dem Antrag der Tochter auf eine rückwirkende Erhöhung des monatlichen Unterhalts auf 640 Euro im Monat nicht statt. Das polizeiliche Vernehmungsprotokoll der Zeugin über die Einkünfte des Mannes sei nicht als neues Beweismittel einzustufen, das einen Abänderungsantrag rechtfertigen würde. Denn die Prostituierte sei auch schon im vorangegangenen Unterhaltsverfahren als Zeugin vernommen worden. Hingegen wurde dem Antrag des inhaftierten Mannes, den Unterhalt zu mäßigen, stattgegeben. Weil er nunmehr in U-Haft sitze, solle er der Tochter statt wie bisher 305 nur mehr zehn Euro monatlichen Unterhalt zahlen müssen.

Das Landesgericht Wiener Neustadt bestätigte die Entscheidung. Die Tochter könne aus der Zeugenaussage nichts gewinnen. Der Oberste Gerichtshof sah das anders und hob die Entscheidungen auf. Das polizeiliche Protokoll könne sehr wohl ein taugliches Beweismittel sein. Ungeeignet wäre es nur dann, wenn „mit hinreichender Gewissheit feststünde“, dass der Vater der Prostituierten das Geld sicher zurückzahlen muss oder das Strafgericht die Bereicherung für verfallen erklärt. Beides sei hier aber noch nicht klar, auch wenn die Frau sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligte anschloss und das Strafgericht den Verfall grundsätzlich anordnen könnte. Bevor die Unterinstanz also über die Höhe der Alimente entscheide, solle sie entweder den Strafprozess abwarten oder selbst eine Wertung der offenen Fragen abgeben.

Selbst Schwarzgeld relevant

Dass Einkünfte aus einem Bordell nämlich grundsätzlich in die Unterhaltsbemessung einfließen können, ist für die Höchstrichter klar. „Grundsätzlich alles, was einer Person an Natural- oder Geldleistungen welcher Art immer ,aufgrund eines Anspruchs‘ zukommt“, falle unter den Begriff des Einkommens. Die Richter verwiesen auch auf juristische Literatur, nach der auf moralisch verpönte Weise erzielte Einkünfte („Schandlohn“) und selbst gesetzwidriges Einkommen (Schwarzarbeit, Bestechungsgeld) in die Bemessungsgrundlage für Unterhalt einfließen können.

Allerdings gelte das nur für die Zeit vor der Inhaftierung. Nun, da der Vater im Gefängnis sitze, dürfe man etwaige Einkünfte aus der Prostitution der Frau nicht mehr in die Unterhaltsberechnung einbeziehen, erklärte der OGH. Denn eine Anspannung auf ein – tatsächlich nicht erzieltes – Einkommen aus rechtswidriger Tätigkeit wie Zuhälterei scheide aus. Diese „wäre mit den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung nicht in Einklang zu bringen“, betonten die Höchstrichter (7 Ob 16/14z).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.04.2014)

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